Unscheinbar wirkt der kleine weiße Falter mit der grauen Umrandung an den Flügeln, wenn er durch die Luft fliegt. Doch der Zünsler hat es in sich. Seine Larven fressen sich vorzugsweise durch Buchsbäume und machen – wie zwischen den Moselorten Karden und Müden geschehen – auch schon mal ganze Hänge kahl. Das mit 300 Hektar Fläche größte wilde Buchsbaumaufkommen nördlich der Alpen, zu dem auch der Buchsbaumwanderpfad Karden-Müden gehört, wurde von den Schädlingen schon fast komplett vernichtet. Besorgt schauen die Ortsbürgermeister beider Gemeinden auf den Kahlfraß. „Unglaublich, was der Zünsler hier in nur wenigen Monaten angerichtet hat“, sagt Franz Oberhausen, Ortschef aus Müden.

Zusammen mit seinem Kollegen Hans-Josef Bleser inspiziert er den beliebten Wanderweg. Bleser ist nicht nur Ortsbürgermeister von Treis-Karden, sondern auch Förster. „Dass der Zünsler in privaten Gärten sein Unwesen treibt, ist ja schon länger bekannt. Aber dass er eine so große Fläche vernichtet, ist schon Wahnsinn“, sagt er. Wilder Buchs, so wie er zwischen Müden und Karden wächst, ist eigentlich widerstandsfähiger als der Buchs, der private Gärten ziert. Doch derzeit ist das, was noch im vorigen Jahr an den Moselhängen grünte und bei gutem Wetter einen mediterranen Duft verströmte, einem trostlosen Grau-Braun gewichen. Nur wenig erinnert noch an den einst immergrünen Pfad, den Wanderer oft als den schönsten Teil des Moselsteigs bezeichnen.

Vor 20 Jahren wurde der 4,1 Kilometer lange Wanderpfad zwischen Karden und Müden angelegt. „Vorher war der Weg durch die ehemaligen Wingerte nur zum Teil begehbar“, erinnert sich Oberhausen. Der Ausbau des Wanderpfads wurde als Leader-Projekt anerkannt und entsprechend finanziell gefördert. Die Umsetzung erfolgte überwiegend durch ehrenamtliche Helfer, die auch den Wegverlauf erarbeiteten, Schilder und Infotafeln sowie Ruhebänke für Wanderer aufstellten. Vor zehn Jahren wurde der Buchsbaumpfad dann auch Teil des Moselsteigs. Der Charme des Wegs, dass nämlich der dichte Bewuchs ganze Buchsbaumwände hat entstehen lassen, die einen Tunnel bilden, der durchschritten werden kann, ist nun jedoch in Gefahr geraten. Ist die vom Schädling befallene Fläche überhaupt noch zu retten?

„Direkt machen kann man eigentlich nichts“, gibt Bleser zu. Spritzungen sind in dem Naturschutzgebiet nicht erlaubt. Und die Larven einzeln händisch abzupflücken, ist wegen der Größe der Fläche schier unmöglich. Beim Begehen des Wanderwegs, der im Übrigen herrliche Ausblicke auf die Flusslandschaft der Mosel bietet, glaubt man sich zeitweise in einem Schmetterlingspark. Die weiß-grauen Kleinfalter sind überall unterwegs, umkreisen die Wanderer und lassen sich sogar bereitwillig fotografieren, ohne Reißaus zu nehmen. „Das bereitet mir auf der einen Seite ein wenig Sorgen, denn die Falter legen wieder neue Eier, aus denen sie nächsten Zünsler schlüpfen, die sich dann durch den noch vorhandenen Restbestand an Buchsbäumen futtern“, befürchtet Bleser. Andererseits weiß der Förster aus Erfahrung, dass gerade, wenn eine Population von Schädlingen sehr schnell sehr stark ansteigt, sich häufig Krankheiten einstellen und die Population auf natürliche Weise zusammenbrechen lassen. „So war es jedenfalls vor einiger Zeit beim Schwammspinner, der sich durch unseren Wald gefressen hat“, sagt er.

Als natürliche Feinde des Buchsbaumzünslers gelten zwar Meisen und Spatzen, doch dem Überangebot an Schädlingen können die Vögel so schnell wohl nicht Herr werden. Verpuppte Larven sind in den Büschen zurzeit keine zu erkennen. Die Larven sind bereits geschlüpft und zu den Schmetterlingen geworden, die zigfach auf dem Pfad unterwegs sind. „Die Lebensdauer der Falter beträgt zwar nur wenige Tage, doch diese nutzen die Insekten, um ihre Eier zu legen“, sagt Bleser. Der Förster kontrolliert die Sträucher und stellt fest: „Komplett abgestorben sind die Sträucher noch nicht, aber ob die Vitalität für einen neuen Austrieb ausreicht, bleibt fraglich.“