Erster Beigeordneter sieht unüberbrückbare Differenzen
Bruch mit Zells Stadtchef: Beigeordneter Hanjo Börsch tritt zurück
Hanjo Börsch (ganz rechts) ist von seinem Ehrenamt als Erster Beigeordneter der Moselstadt Zell zurückgetreten. Auch sein Ratsmandat hat er niedergelegt. Grund: Er sieht keine Möglichkeit, mit Stadtbürgermeister Hans-Peter Döpgen (2. von links) zusammenzuarbeiten. Foto: Archiv Daniel Rühle
Daniel Rühle

Zell. Die Moselstadt Zell hat zurzeit keinen Ersten Beigeordneten mehr. Grund: Schon mit Schreiben vom 4. März hat Hanjo Börsch von der SPD sein Ehrenamt als Beigeordneter sowie sein Ratsmandat niedergelegt. Was es durchaus in sich hat: Börsch geht diesen Schritt „in Anbetracht der unüberbrückbaren Differenzen zwischen meiner und ihrer Auffassung in verschiedenen Sachthemen sowie dem persönlichen Umgang mit meiner Person“, heißt es in dem Brief an Zells Stadtbürgermeister Hans-Peter Döpgen. Der wiederum hatte Börsch gegenüber des Öfteren bemängelt, dass er in der Stadtpolitik – vorrangig aus beruflichen Gründen – zu selten Präsenz zeige. Noch vor der Stichwahl um den Chefposten im Zeller Rat hatte Börsch sich mit einer Wahlempfehlung hinter Döpgen gestellt, nicht hinter dessen damalige Kontrahentin Bettina Salzmann von der CDU. Das wäre inzwischen wohl undenkbar.

Hanjo Börsch geht zwar nicht im Groll, letztlich ist sein Rückzug aus der Zeller Stadtpolitik okay für ihn. Aber: „Ich bin schon enttäuscht. Und ich kreide es dem Stadtbürgermeister an, dass er vor der Wahl etwas anderes gesagt hat als nach der Wahl.“ So habe es klare Absprachen gegeben, wie man sich gegenseitig unterstützen und nach der Wahl weiter eng hätte zusammenarbeiten wollen. „Ich hätte mir es so vorgestellt, dass wir zwei, der Bürgermeister und ich als sein Stellvertreter, uns nach der Wahl hingesetzt und strategisch einen Zehnjahresplan für Zell ausgearbeitet hätten.“ Wo will die Stadt hin? Worauf kommt es an, um das zu erreichen? Darauf angesprochen, sagt Stadtbürgermeister Döpgen hingegen: „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir in dem Maße etwas in diese Richtung abgesprochen hätten.“

Zudem sieht er keine Notwendigkeit für eine solche strategische Planung. „Die Kommune greift die Probleme auf, die anliegen, und die bespreche ich auch mit meinem Beigeordneten und mit dem Rat. Uns fehlt das Geld für große Visionen“, unterstreicht Döpgen. Er kritisiert, Börsch als Erster Beigeordneter sei nur bei einer einzigen von fünf Hauptausschusssitzungen anwesend gewesen. Zu vielen Besprechungsterminen sei er ebenfalls nicht gekommen. Döpgen: „Wenn er das beruflich nicht schafft, ist die Frage, ob das dann einen Zweck hat. Ich möchte als Stellvertreter jemanden haben, mit dem ich zusammenarbeiten kann und der auch da ist.“

Börsch kontert, der Bürgermeister habe „vorher gewusst, dass ich beruflich viel unterwegs bin. Wenn ich Bürgermeister geworden wäre, hätte das anders ausgesehen. Das war mit meinem Arbeitgeber abgesprochen“, hält Börsch fest. Der Gesundheits- und Krankenpfleger leitet die Freiwilligendienste für die Marienhaus-Unternehmensgruppe, die zum Beispiel Kliniken, Senioren- und Jugendhilfeeinrichtungen trägt. Überdies ist Börsch im Vorstand der Landespflegekammer aktiv. Über neue Medien ließen sich viele Besprechungen aus seiner Sicht auch anders organisieren, doch das wolle Döpgen nicht. In allen anderen Orten könne man ein Ehrenamt als Beigeordneter oder Bürgermeister auch ausüben, wenn man berufstätig sei. „Nur in Zell geht das nicht“, wundert sich Börsch. Und mit der von ihm eingeforderten Zukunftsstrategie meint er nicht zwingend etwas, das Geld kostet. Beispiel: die geplante Verlegung eines Anlegers für lange Hotelschiffe nach Kaimt. „Das wird einfach gemacht, ohne darüber nachzudenken, welche Konsequenzen es hat, ob und in welchem Maße es sinnvoll ist, solche Schiffe in Zell anlegen zu lassen.“

Für Börsch blieb am Ende nur ein kompletter Rückzug aus der Stadtpolitik. Das bedauert er sehr. „Weil ich gerne viel für Zell bewegt hätte. Mein Herz hängt auch immer noch an Zell. Da bin ich geboren, und ich würde alles tun für Zell.“ Mehr als zehn Jahre lang wirkte Börsch im Stadtrat mit, auch als Sprecher der SPD-Fraktion. Im Rat zu bleiben, wäre für Börsch jedoch keine Option gewesen. „Wenn ich sage, ich kann mit dem Bürgermeister als Beigeordneter nicht zusammenarbeiten, dann kann ich das auch als Stadtrat nicht tun.“

Für seine Fraktion, die zuvor in Julia Bauer schon ein engagiertes Sprachrohr aus gesundheitlichen Gründen verloren hatte, ist Börschs Rückzug ein „herber Schlag“, hält Björn Butzen fest. „Das ist ein Pfund, was da an Erfahrung, Hintergrundwissen und konstruktivem Austausch wegfällt.“ Das sieht auch Fraktionssprecher Willi Schumacher so. Für Börsch soll Inge Faust in den Zeller Stadtrat aufrücken. Einen neuen Ersten Beigeordneten soll der Rat in der ersten Sitzung nach überstandener Corona-Krise wählen. „Da ist noch nicht klar, wann das sein wird“, sagt Stadtchef Döpgen. Bezüglich der personellen Besetzung seien schon Gespräche mit allen drei im Rat vertretenen Parteien geführt worden. Und alle drei, CDU, FWG und SPD, sollen auch künftig in der Stadtspitze vertreten sein.

Von unserem Redakteur David Ditzer

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