Zurzeit ist Friedolin zehn Monate alt und mit einem Stockmaß von 65 Zentimetern noch nicht ganz ausgewachsen. „Ein paar Zentimeter fehlen wohl noch“, schmunzelt Michaela Koch, Schulleiterin am Cochemer Gymnasium und Besitzerin von Friedolin. Der Altdeutsche Schäferrüde soll im kommenden Jahr zum Schulhund ausgebildet werden.
Neugierig, aber nicht stürmisch begrüßt Friedolin den Besuch, sobald der das Büro seines Frauchens betritt. Sein langes schwarzes Fell fühlt sich angenehm weich an. Kein Wunder, dass die Schüler es lieben, ihn zu streicheln. Nach ausgiebigem Schnuppern verliert Friedolin aber vorerst das Interesse am Besuch und zieht sich auf seine Schlafdecke zurück.
Nach einer Weile allerdings versucht er doch die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Mit einem Kauknochen, den er lautstark immer wieder auf den harten Linoleumboden fallen lässt, muss es doch klappen, dass Frauchen und der Besuch aufhören zu reden, und sich um ihn kümmern. Natürlich funktioniert es. Mit dem sprichwörtlich treuen Hundeblick gelingt es Friedolin spielend, den Besuch um den kleinen Finger zu wickeln.
Noch genießt der Hund eine Art Welpenschutz, obgleich er aus dem Alter eigentlich schon raus ist. Die Ausbildung zum Schulbegleithund steht ihm noch bevor. „Dafür muss er aber mindestens 18 Monate alt sein“, erklärt Koch. Als Katzenbesitzerin lag es der Lehrerin eigentlich fern, sich einen Hund anzuschaffen. Doch wie das manchmal so ist, ergeben sich Dinge einfach im Leben. Glücklicherweise hat sich bereits gezeigt, dass sich Kochs grau getupfte Katze, deren Musterung an die eines Leoparden erinnert, bestens mit Friedolin versteht. Das liegt mitunter auch an einer konsequenten Erziehung.
In Zukunft wird Friedolin für ein gutes Schul- und Klassenklima sorgen
Von Schulhunden hatte Michaela Koch bisher nur gelesen. Auf der Internetseite des Bildungsministeriums gibt es einige Beispiele, die die positiven Auswirkungen von Vierbeinern im Klassenzimmer bestätigen. Dazu gehören unter anderem Stressreduzierung bei Schülern, ein verbessertes Klassenklima, steigende Lernfreude, weniger Schulfrust und gesteigerte Konzentrationsfähigkeit. Genug Gründe, sich für einen Schulhund zu entscheiden.
Doch wie kam die Schulleiterin nun zu Friedolin? „Zuerst habe ich mich in Tierheimen umgesehen“, sagt sie. Einen Hund, der möglicherweise schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hat, hielt Koch jedoch eher für ungeeignet, da man nicht weiß, wie der Hund sich in Stresssituationen verhält. Das Wohlergehen der Schüler hat für die Schulleiterin selbstverständlich oberste Priorität. So wurde das Projekt Schulhund erst einmal auf Eis gelegt. Doch dann erfuhr die Familie von jungen Schäferhunden, darunter auch Welpen, die verwahrlost im Hunsrück aufgefunden worden waren. Der Tierschutz suchte sowohl für die ausgewachsenen Jungtiere als auch für die Welpen ein neues Zuhause.
Der Spruch, dass Hunde sich ihre Familien aussuchen und nicht umgekehrt, hat sich im Fall Koch bewahrheitet. Schon beim ersten Besuch in der Tierpension, wo Friedolin mit seiner Mutter vorerst untergebracht war, zeigte er Interesse an Familie Koch. „Auch beim zweiten Besuch kam er sofort zu uns“, sagt die Schulleiterin. Ein klares Zeichen, dass der Hund sich entschieden hatte, wo er hinwollte.
Die professionelle Ausbildung zum Schulhund kann erst im Alter von 18 Monaten beginnen
Schon als Welpe durfte Friedolin sein Frauchen auch in die Schule begleiten. Als richtiger Schulhund wird er noch nicht eingesetzt. Dafür muss er älter sein und es braucht auch eine professionelle Schulung. Um aber sowohl das Tier als auch die Schüler an die neue Situation zu gewöhnen, verbringt Friedolin die Vormittage im Büro der Schulleiterin. „Anfangs habe ich ihn in der Transportbox mit in die Klasse genommen, da ich nicht wusste, ob er allein im Büro zurechtkommt“, sagt sie. Schon bei den Besuchen in der Klasse waren positive Auswirkungen zu spüren. „Die Schüler waren leiser und darauf bedacht, den Welpen nicht zu erschrecken“, bestätigt Koch.
Nachdem Friedolin sich inzwischen auch allein im Büro gut benimmt, meistens döst er auf der Hundedecke, kann er dort auch kurzzeitig alleingelassen werden. Wenn der Hund wach ist, vergnügt er sich gern mit dem Kauknochen oder Frauchen übt mit ihm einfache Befehle wie Sitz, Platz und Bell. Agility-Spiele stehen für Friedolin nicht auf dem Programm. „Der Hund soll nicht aufgeputscht werden oder sich auf die Verfolgung bewegender Gegenstände fixieren, sondern wir trainieren Impulskontrolle und Frustrationstoleranz“, erklärt Koch.
Friedolin trainiert Impulskontrolle und Frustrationstoleranz für den Schulalltag
Friedolin lernt mit seiner Energie umzugehen und auch dann kontrolliert zu bleiben, wenn es aufregend wird. Ziel ist es, dem Tier vor allem Sicherheit zu geben und in einer sicheren Umgebung klare Regeln zu befolgen. Das müssen später auch die Schüler, wenn Friedolin mit in die Klassen geht. Offene Schultaschen, Müll oder Essensreste auf dem Boden sind dann absolut tabu.
Wie Friedolin sich als Schulhund entwickelt, wird sich erst noch zeigen. Wir werden ihn gern in einem Jahr noch einmal besuchen.