In einem Lagerraum in Altstrimmig stehen auf Paletten verpackt rund 60 gebrauchte Rollstühle und Rollatoren. Die medizinischen Hilfsgüter warten darauf, verschifft zu werden. Sie sollen als Spenden beeinträchtigten Menschen in Namibia zugutekommen. Jörg Huschet, der in Altstrimmig einen Reha-Service betreibt, hat die Rückläufer für die Weiterverwendung aufbereitet. Wie es dazu kam, erzählt er unserer Zeitung.
Ursprünglich wollte Jörg Huschet vor zehn Jahren den 50. Geburtstag seiner Frau Birgit in Namibia verbringen. Doch aus der Urlaubsreise hat sich ein Hilfsprojekt entwickelt. Inzwischen haben die beiden das afrikanische Land schon x-mal besucht und ein Netzwerk zur Unterstützung beeinträchtigter Menschen in Afrika aufgebaut.
„Die Zustände in Afrika haben mich regelrecht schockiert.“
Jörg Huschet
Seit rund 20 Jahren betreibt der gelernte Orthopädietechniker in Altstrimmig einen Reha-Service. Er verleiht medizinische Hilfsmittel wie Rollstühle, Rollatoren, Krankenbetten, Dusch- und Toilettenstühle an beeinträchtigte Menschen in privater Umgebung oder in Senioreneinrichtungen. „Wenn die Leute sterben und die Hilfsmittel deshalb von den Familien nicht mehr benötigt werden, kommen sie zu uns zurück“, sagt er. Es gibt zwar einen Markt für gebrauchte Hilfsmittel dieser Art, doch nach dem ersten Urlaub in Afrika hat sich Jörg Huschet dazu entschieden, keinen Profit daraus zu ziehen, sondern die Rückläufer zu spenden. „Die Zustände in Afrika haben mich regelrecht schockiert“, betont er.
Bei einem seiner letzten Urlaube besuchte er ein Seniorenheim sowie ein Krankenhaus in Afrika. Seitdem gehören auch medizinische Matratzen zu den Hilfsgütern. „Die Leute dort liegen dort oft einfach auf Plastikplanen direkt auf dem Boden“, hat er beobachtet.
Gebrauchte Rollstühle werden neu aufbereitet
Die gebrauchten Rollstühle und Rollatoren, die zu Huschet zurückkommen, werden von ihm fachmännisch überprüft und gegebenenfalls repariert. „Da ist mal eine Bremse defekt oder ein Rad muss ausgetauscht werden“, weiß er. Huschet sucht sich dann aus mehreren Gebrauchten die passenden Ersatzteile zusammen und baut daraus ein neuwertiges Teil. „Es kommt dann zwar vor, dass das Ersatzteil farblich nicht zum Rest passt, aber das ist den Hilfsbedürftigen in Namibia ziemlich egal“, weiß er.
Der erste Container mit Hilfsgütern ging vor drei Jahren nach Namibia. „Damals hat sich ein deutsches Hilfsunternehmen um die Logistik gekümmert, und ich habe lediglich die Waren gespendet“, sagt Huschet. Wegen der Corona-Pandemie verzögerte sich die Auslieferung der Güter damals. Inzwischen sind in Altstrimmig schon wieder etliche Rückläufer medizinischer Hilfsmittel zusammengekommen, die nun verschifft werden sollen. „Nur gab es diesmal Probleme mit dem Transport. Eigentlich wollte sich ein Serviceklub darum kümmern, doch die haben am Ende die finanziellen Mittel nicht zusammenbekommen“, bedauert Huschet. Den Transport über Rotterdam nach Windhoek allein zu stemmen, war für Huschet keine Option. „Ich habe dann im Bekannten- und Freundeskreis herumgefragt, wer das Projekt unterstützen möchte“, erklärt er. Dank der Spendenbereitschaft von Privatleuten, vielen Unternehmen aus Blankenrath und Umgebung, der Jagdhornbläsergruppe Zell sowie Mitgliedern des Unternehmer-Netzwerks BNI Moselschleife konnte bereits ein Großteil finanziert werden.

Inzwischen hat sich die Hilfsbereitschaft von Huschet in Namibia herumgesprochen. Der Orthopädietechniker wird von Hilfsorganisationen angefragt, wenn es sich um knifflige Fälle handelt. „Eine Fünfzehnjährige, die nach der Geburt ihres Kindes schwerstbehindert ist, hat einen Spezial-Rollstuhl benötigt, der genau auf ihre Bedürfnisse angepasst ist“, sagt Huschet. Bei einem Besuch an Ort und Stelle hat er die junge Mutter besucht und vermessen, um später zu Hause den Rollstuhl anzufertigen. „Bei der nächsten Urlaubsreise habe ich den dann als Gepäckstück aufgegeben und mitgenommen“, sagt er. Huschets Besuche in Afrika sind immer privater Natur. „Ich mache zwar Ferien, aber ich verschließe die Augen nicht vor den Bedürfnissen der Menschen da unten“, bekennt er.
Gehfrei für eine Dreijährige gebaut
Erst kürzlich hat man ihm ein Video von einer Dreijährigen zugeschickt, die nicht laufen lernen wollte. Anhand des Videos hat Huschet eine Art faltbares Gehfrei konstruiert, das als Handgepäck von einer Urlauberin mitgenommen und von der Mutter der Dreijährigen am Flughafen abgeholt werden konnte. „Schon kurz darauf bekam ich wieder ein Video, auf dem man sieht, wie das Kind läuft“, freut er sich.
Dank seiner guten Vernetzung in Namibia konnte Huschet inzwischen einen Container organisieren und auch die Preise für den Transport herausfinden. Unklar ist nur noch, ob der Container in Altstrimmig oder im Hafen von Rotterdam beladen wird. „Ansonsten fehlt nur noch die Packliste, dann könnte es losgehen“, bestätigt Huschet.
Für Unterstützer des Projekts wurde ein Spendenkonto eingerichtet. Nähere Informationen über die Mail-Adresse j.huschet34@gmail.com oder Telefon 0160/90615915.