Vom Ausland gesteuert
Ältere Menschen im Visier von Betrügern
Jeden Tag versuchen Betrüger, mit Schockanrufen vornehmlich ältere Menschen so unter Druck zu setzen, dass sie Geld zahlen.
Karl-Josef Hildenbrand/dpa. dpa

Die Methoden werden immer rücksichtsloser: Betrügerbanden aus dem Ausland haben es mit Schockanrufen oder Haustürtricksereien aufs Geld anderer Menschen abgesehen. Sicherheitsberater der VG Kaisersesch haben jetzt vor verschiedenen Maschen gewarnt.

Kein Tag vergeht, an dem nicht versucht wird, ältere Menschen in der Verbandsgemeinde Kaisersesch übers Ohr zu hauen, um an deren Erspartes zu gelangen. Das wissen die beiden ehrenamtlichen Sicherheitsberater Heike Kalfels und Ulrich Weingart nur allzu genau. Sie haben beim Seniorentag in Landkern tiefe Einblicke geliefert – und diese sind ergänzt worden von eindrucksvollen Berichten der Generation Ü65 am Ort, also aus erster Hand.

Die Zahl der Betrugsmaschen, die am Telefon oder an der Haustür laufen, haben stark zugenommen. Von einer perfiden Vorgehensweise berichtet Ulrich Weingart, der selbst Polizeibeamter gewesen ist: „Über die Cochemer Polizei ist eine Anrufwelle hinweggedonnert“, sagt er. Der Grund: Kriminelle haben sich als angebliche Polizisten aus Cochem ausgegeben. Sie verbreiteten Angst und versuchten, ans Geld älterer Menschen zu kommen. Teils mit Telefonanrufen, die in der Anzeige des Telefons als „110“ erschienen.

Mit Tricks spielen die Verbrecher

Ihr Trick: Tatsächliche Einbrüche wie in einer Kaisersescher Straße nahmen die Kriminellen zum Anlass, bei ahnungslosen Menschen anzurufen, sich auf diese Einbrüche zu beziehen und zu behaupten, dass sie als „Polizisten“ vorbeikommen würden, weil Schmuck, Wertgegenstände oder Geld im Haus in Gefahr seien. Diese „Polizisten“ würden alles in Empfang nehmen – in Wahrheit würden sie allerdings die Wertsachen nehmen und verschwinden. Die Sicherheitsberater stellten unisono fest: „Die Polizei ruft niemals mit der Telefonnummer 110 an, sie fordert niemals Bargeld oder Wertsachen.“ Wenn die Polizei ein Anliegen habe, komme sie mit Beamten direkt vorbei. Ulrich Weingart riet: „Man muss misstrauisch sein und im Zweifelsfall selbst die Polizei anrufen.“

„Man muss misstrauisch sein und im Zweifelsfall die Polizei anrufen.“
Sicherheitsberater Ulrich Weingart, der früher im Berufsleben selbst Polizist gewesen ist.

Seit November 2023 sind Kalfels und Weingart ehrenamtlich tätig, um die Polizei mit vorbeugenden Aktivitäten zu unterstützen und das Sicherheitsgefühl von Menschen in der Verbandsgemeinde Kaisersesch zu stärken. Zu diesem Zweck haben sie einen mehrtägigen Lehrgang durchlaufen. Im eigenen Umfeld haben sie Dinge erlebt, die sie schockieren. „Ich kenne eine 90-Jährige, die an der Haustür hereingelegt wurde und viel Geld verloren hat. Was für sie das Schlimmste war, ist das Schamgefühl, hereingelegt worden zu sein“, erzählt Heike Kalfels. Es könne jeden treffen, denn die Zeiten des einfachen Enkeltricks seien vorbei. „Die Kriminellen sind sehr gewieft, gut geschult und sie probieren häufig etwas Neues.“

Eine Landkernerin berichtet, dass sie selbst am Telefon genötigt worden sei. Ein angeblicher Notruf, es werde 4000 Euro von ihrem Konto abgebucht, falls sie nicht auf der Telefontastatur die Ziffer 1 drücke. „Die Stimme hat mich zwar in Schrecken versetzt, aber ich habe direkt aufgelegt“, berichtet die Seniorin.

Gefahr liegt vor der Haustür

Von Gefahren an der eigenen Haustür berichten die beiden Sicherheitsberater. Kriminelle können vermeintliche Gerichtsvollzieher, Kriminalbeamten, Handwerker oder, was ganz aktuell ist, falsche Berater der Rentenversicherung sein. „Wichtig ist: Wenn jemand Unbekanntes an der Tür ist, sollte man nicht direkt die Tür aufmachen“, so Ex-Polizist Weingart. Man sei nicht verpflichtet, jemandem zu öffnen. Im Zweifelsfall solle man sich beispielsweise von einer Amtsperson den Dienstausweis zeigen lassen.

Als „Klassiker“ im Betrügermilieu bezeichnete Weingart den Wassermelder: Einer, der den Wasserzähler abliest, oder eiligst einen Rohrbruch beheben müsse. Wenn dieser dann raffiniert ins Haus vordringe, schleiche ein Komplize hinterher. Während der eine die Hausherrin oder den Hausherren ablenke, durchwühle der andere Orte in der Wohnung, an denen Wertsachen liegen könnten. Auch der Glas-Wasser-Trick werde an der Haustür weiterhin angewendet: Jemand täuscht eine Notlage vor, verlangt nach einem Glas Wasser – auch da lautet die Devise: nicht hereinlassen, im wirklichen Notfall ein Wasser durchs Fenster reichen oder unter Umständen einen Nachbarn rufen.

Ulrich Weingart (links) und Heike Kalfels (rechts) berichten über ständige Attacken von Betrügern gegen Ältere. Die Seniorenbeauftragte der Gemeinde Landkern, Laura Allar, hatte die beiden Sicherheitsberater der VG Kaisersesch zu einem Vortrag beim Seniorentag eingeladen.
Thomas Brost

„Dachhaie“ werden vorgebliche Dachdecker genannt, die zuletzt im Raum Mainz ihr Unwesen trieben. Sie klingeln an Türen und weisen auf vermeintliche Schäden am Hausdach hin – sie legen gleich los, verursachen selbst Schaden und lassen sich eine angebliche Reparatur gleich in bar und fürstlich bezahlen. In diesem Fall solle man sofort die Polizei rufen.

Schockanrufe hätten nach wie vor Konjunktur. Dabei werden aus Callcentern im Ausland vornehmlich ältere Menschen angerufen und von falschen Polizisten unter Druck gesetzt, beispielsweise so: Ein Enkel habe einen schweren Verkehrsunfall mit Todesfolge im Ausland gehabt und könne sich angeblich nur durch ein „Verschwiegenheitsformular“, das einiges kostet, aus der Strafverfolgung retten. So was sei völlig irreal, viele Leute könnten aber in dieser Lage „nicht mehr klar denken“. Die Polizei sei sofort einzuschalten.

Hellwach habe sich, so Sicherheitsberater Weingart, in Trier ein Taxifahrer gezeigt, der es verhindert habe, dass eine ältere Dame Geld von der Bank habe nehmen wollen, um Betrüger zu bezahlen. Es gebe viele weitere Beispiele, die beiden Berater betonten, dass sie gern nochmals nach Landkern kommen wollten. Laura Allar, die vom Gemeinderat als Seniorenbeauftragte bestellt worden ist, bedankte sich für den informativen Vortrag mit einem Geschenk für die beiden Ehrenamtler. Diese hatten ihrerseits ein Sicherheitspaket mit vielen Informationen für die Senioren geschnürt.

Die Sicherheitsberater für die VG Kaisersesch sind per E-Mail erreichbar: sfs@ kaisersesch.de

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