Von Redaktionsleiter Thomas Brost
Der Kläger stößt sich daran, dass die Solaranlage die Sonnenstrahlen so reflektiert, dass sie auf seinen Balkon treffen und blenden. Dieser gehört zu einer Ferienwohnung, mithin halten sich Gäste des Öfteren dort auf – und werden von gegenüber geblendet. Ist die Blendwirkung zumutbar? Um diese Frage zu beantworten, hat das Cochemer Gericht mehrere Gutachter bemüht, die teilweise ein Jahr lang Messungen vorgenommen haben. Es ging auch darum festzustellen, ob eine Veränderung des Einstellwinkels der Anlage oder eine Verlagerung auf eine andere Dachseite möglich ist.
Letzteres sei machbar, erläuterte ein Gutachter und bezifferte die Versetzung von Fotovoltaikplatten auf 3800 Euro. Allerdings sei dann mit 26 Prozent weniger Energieeintrag zu kalkulieren. Ist dies dem Betreiber wirtschaftlich zumutbar? „Ja“, sagte Richterin Doris Linden, sich auf die Gutachten stützend. Eine deutliche Beeinträchtigung der Nachbarwohnung sei gegeben, und das sei „so nicht hinnehmbar“.
Der Rechtsanwalt des Beklagten, Ulrich Theisen, monierte, dass das maßgebliche Gutachten nicht auf festen DIN-Normen fuße, sondern lediglich Beobachtungen mit Messwerten beinhaltet, die der Gutachter selbst ermittelt hat. Damit gebe er sich nicht zufrieden. Außerdem solle sich die Richterin an Ort und Stelle „die Situation vor Augen führen“. Fotos in den Gutachten gäben die Lage nicht wieder. Zudem habe sich „nicht ein einziger Gast über die Blendwirkung beklagt, noch von einer Anmietung der Wohnung Abstand genommen“, will Theisen wissen.
Die Wurzel des Gutachtens sei in der Tat die empirische Ermittlung des Gutachters, sagte Richterin Linden. Aber: Bundesweit gebe es keinerlei Daten, auf die man als Gericht zurückgreifen könne. Mit den Daten habe der Gutachter bewiesen, dass es „eine absolute Blendwirkung“ gebe. Ergo könne sich „niemand ungestört auf dem Balkon aufhalten“. Im Übrigen habe die damalige Richterin im ersten Verfahren von 2012 die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Eine „zweiseitige Wirtschaftlichkeitsbetrachtung“ empfahl Hans Bleck, der Anwalt des Klägers, zu betrachten. Zum einen sei dies keine Privatwohnung, sondern ein Objekt, das dazu diene, Einnahmen zu gewinnen. Und falls in den sozialen Medien ein Kommentar über die Nachteile dieser Ferienwohnung zu lesen sei, habe dies eine verheerende negative Wirkung auf die Vermietung.
Zu Wort meldete sich vor Gericht auch der Eigentümer der Solaranlage. Er sagte, das RWE habe ihm im Herbst 2011 versichert, dass keine Probleme bei der Installation einer solchen Anlage zu befürchten wären. „Es war für mich offensichtlich, dass da nichts passieren kann“, sagte er.
Richterin Linden betonte, dass sie sich jetzt „entscheidungsreif“ mit der Thematik auseinandersetzen werde. Man darf, so die Einschätzung von Anwalt Bleck, davon ausgehen, dass dies nicht die letzte Instanz sein wird, die sich mit der Thematik befassen wird.
- Das Urteil wird am Mittwoch, 23. März, 8.45 Uhr, verkündet.