Am Samstag, 1. Juli, rückt Blümling seinen Lieblingsplatz in den Fokus nicht nur seiner rund 400 Einwohner zählenden Heimatgemeinde, sondern einer breiten Öffentlichkeit. Zu Recht, denn der Burgberg belegt urkundlich verbrieft: In Neef wird seit 1400 Jahren kontinuierlich Weinbau betrieben. Das muss gefeiert werden – samt Eröffnung eines neuen Wandersteigs.
Wingert der Domkirche zu Metz geschenkt
Der Burgberg ist Teil der historischen Weinlage „Neefer Frauenberg“, die zum früheren Kloster Stuben gehörte. Es war der vom Jahr 623 an regierende Frankenkönig Dagobert I., der den Weinberg unterhalb des Eulenköpfchens der Domkirche zu Metz in Frankreich schenkte. Ihren Messwein sollte sie aus der Toplage beziehen. „Hier existierte schon zu römischer Zeit eine Villa rustica“, hält Heimatforscher Blümling fest. Später nutzten die Franken Teile dieses Gebäudes weiter, nannten es „Borg“, weshalb die Weinlage noch immer Burgberg heißt.
Den heutigen Aussichtspunkt Burgberg ziert eine erläuternde Tafel, die Dieter Zentgraf gestiftet hat. Dort soll am Samstag, 1. Juli, um 14 Uhr der neue Neefer Burgbergsteig eingeweiht werden. „Es handelt sich um einen alten Weinbergspfad“, erläutert Irmgard Spreier, Naturerlebnisbegleiterin sowie Kultur- und Weinbotschafterin. Der Pfad ist zwar nur rund 250 Meter lang und zweigt etwas unterhalb der Petersbergkapelle in Richtung Aussichtspunkt Burgberg ab – die Hangkante über der Mosel entlang.
Mauerfalken in steilen Wänden der Neefer Lay zu Hause
Doch in puncto Artenvielfalt und Erlebnischarakter hat es dieses kurze, alte „Wingertspeedchen“ in sich. Eidechsen und seltene Falter fühlen sich dort pudelwohl, in den steil abfallenden Felsen der Neefer Lay unterhalb des Pfades nistet der vom Aussterben bedrohte Mauerfalke. „Im vergangenen Jahr ist hier der letzte Weinberg brach gestellt worden“, sagt Spreier.
Doch zu Anfang des vergangenen Jahres keimte in der Projektgruppe „Freunde des Neefer Burgbergs“ eine Idee auf: Den Winzerpfad und mit ihm den Neefer Burgberg könnte man auf andere Weise nutzen und wiederbeleben: als Wandersteig und Zusatzschleife des Leuchtpunktwanderwegs. Schließlich war der Neefer Petersberg anno 2019 von der Initiative „Lebendige Moselweinberge“ zum sogenannten Leuchtpunkt der Artenvielfalt gekürt worden. Spreier: „Nach und nach soll der Burgberg als Platz der großen Neefer Weinbaugeschichte aufgewertet werden.“
In der Projektgruppe fanden sich unter anderen Winzer zusammen, die die Steillagen des Burgbergs bis zuletzt bewirtschaft hatten. Neefs Ortsbürgermeister Harald Franzen und die Gemeinde standen ebenfalls von Beginn an hinter der Steigidee und der weiteren Aufwertung des Aussichtspunkts zu einer Art Natur- und Kulturdenkmal für 1400 Jahre kontinuierlichen Weinbaus in Neef. Die Gemeinde übernahm die Beschilderung des Steigs, um die Gestaltung der Infotafeln selbst kümmerte sich Irmgard Spreier in Zusammenarbeit mit dem DLR Mosel und der Initiative „Lebendige Moselweinberge“.
Allerdings soll der Burgbergsteig am kommenden Samstag eher Neben- denn Hauptdarsteller sein. „Es geht in erster Linie um 1400 Jahre Weinbau in Neef“, hebt Spreier hervor. Und um Franz Josef Blümlings akribische historische Nachforschungen, für die er unter anderem in Frankreich und im Erzgebirge recherchiert hat.
Neefs Vergangenheit ist etwas Besonderes
Auf 160 Seiten hat er die Ergebnisse seiner Nachforschungen in Buchform festgehalten: „1400 Jahre kontinuierlicher Weinbau in Neef. 623 – 2023“ enthält eine Menge Geschichte und Geschichten über die kleine Weinbaugemeinde, die sich als „Tor zur Calmont Region“ bezeichnet. „Ich habe jetzt 170 Bücher verkauft, 25 habe ich noch“, sagt Blümling. Selbst wenn er alle Exemplare verkaufe, bleibe es finanziell unterm Strich ein Minusgeschäft für ihn, den passionierten Heimatforscher.
Dem 85-Jährigen geht es eben nicht um Geld, sondern um seine Heimat. Neef „hat eine solche bemerkenswerte Historie wie kaum ein anderer Ort im hiesigen Umfeld“, konstatiert Blümling auch in einer Rede, die er am Samstag halten wird. „Und dies habe ich unter Beweis gestellt.“ Das ist für den Neefer Bub bedeutsamer als alles Geld der Welt. Warum? Die Gäste der Feierstunde am Samstag werden es sehen, erleben und – ganz wichtig – in ihren Weingläsern schmecken.