Die beiden sind sozusagen die Hüter historischer Schätze oder – wenn man so will – des Gedächtnisses des Kreises Altenkirchen. Denn Hunderttausende Akten, Fotos und Filmen werden hier gesichtet, archiviert und, wenn es sich für die Nachwelt lohnt, digitalisiert. Keine leichte Aufgabe, wie sich schnell zeigt: „Zunächst muss man angebotene Unterlagen erfassen, das heißt: Ich muss sehr viel sichten und zwangsläufig Auswahlentscheidungen treffen“, sagt Jacek Swiderski, der in Bonn Geschichte, Politologie und Kulturgeschichte und in Köln Informationswissenschaften studiert hat und das Archiv seit 2009 leitet.
Es sind Akten, Bücher, Karten, Fotos, Film- und Tonaufnahmen und sogar Kunstwerke, die ihn und Linda Hendricks täglich vor neue Herausforderungen stellen, denn egal, ob alte Dokumente oder neuere digitale Aufzeichnungen, alles muss fachgerecht konserviert werden, wobei beispielsweise alte Zeitungen, die, so Swiderski, „nicht auf dem besten Papier gedruckt wurden“, natürlich eine völlig andere Herangehensweise erfordern als etwa CDs oder Floppy Discs.
„Wir haben Anfragen aus aller Welt, von Japan bis Kanada, und wir versuchen, dem auch mehrsprachig gerecht zu werden.”
Kreisarchivar Jacek Swiderski
Hinzu kommt die Platzfrage: Zwar verfügt das Archiv über zehn Magazinräume, aber angesichts der Fülle der Unterlagen, die von privaten Objekten über Orts- und Vereinschroniken bis hin zu dem Schriftgut aus der Kreisverwaltung reichen, scheint selbst dieses Raumvolumen begrenzt. Darüber hinaus ist nicht nur der räumliche Aspekt des relativ großen Kreises mit weit mehr als 100 Ortschaften zu betrachten, sondern vor allem auch der zeitliche, denn jahrhundertealte Aufzeichnungen sollen ebenso erhalten werden wie solche, die unsere Nachfahren interessieren könnten.
Nur gut, dass die Digitalisierung erfunden wurde, also die Möglichkeit, Wichtiges abzulichten, digital zu archivieren und auch online zur Verfügung zu stellen. Aber auch hier wartet schon wieder eine neue Herausforderung, denn die ausgewählten Werke müssen verschlagwortet werden. „Wenn ich beispielsweise etwas unter dem Schlagwort Kirche in das Internet stelle, macht das nicht viel Sinn“, sagt Jacek Swiderski, „weil der Suchende dann Tausende von Einträgen findet wie Kirchenchor, Kirchenorgel und andere.“ Also muss der Experte auch hier für Klarheit sorgen, sprich, er muss möglichst greifbare Titel finden, die die gezielte Suche erleichtern, wobei Ortsschlagworte ebenso berücksichtigt werden müssen wie Sachschlagworte und Personenschlagworte.
Eine immense Aufgabe also, aber eine, die ihm und der aus den Niederlanden stammenden Linda Hendricks Spaß macht: „Ich schaue mir sehr gern alte Fotos an, besonders solche, auf denen Menschen zu sehen sind“, sagt die Spezialistin für Digitalfotografie. Das ist auch gut so, möchte man sagen, denn Linda Hendricks wählt gemeinsam mit Jacek Swiderski das Bildmaterial aus, das sie abfotografiert. Ist das Ganze dann erst einmal sozusagen im Kasten, wird es mit einer Kennung versehen, die das Auffinden im Archivcomputer erleichtert. „Wenn ein Besucher etwas Bestimmtes sucht, muss er dann nicht mehr einen Stapel Fotos sichten, das haben wir dann schnell gefunden“, sagt Swiderski. Der Kreisarchivar freut sich zudem, wenn (Hobby)-Historiker und andere Besucher bereits im Vorfeld ihre Wünsche und Interessengebiete bekannt geben. „Dann kann ich gezielt etwas vorbereiten“, verspricht er.
Das Kreisarchiv im Gebäude A des Westerwald-Gymnasiums in Altenkirchen, Hochstraße 13, ist dienstags und donnerstags von 8.30 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Kontakt: Tel. 02681/812.253, unter www.kreis-ak.de/kreisarchiv oder E-Mail kreisarchiv@kreis-ak.de
„Zeitreise: Unsere Heimat – unsere Orte“: Neue RZ-Serie mit Unterstützung des Kreisarchivs
Wie gut man sich im Kreisarchiv auf Besucher und ihre Interessen vorbereitet, hat unser Reporter kürzlich selbst erfahren, als er sich für eine neue, im Januar beginnende RZ-Serie „Zeitreise: Unsere Heimat – unsere Orte“ auf die Suche begeben hat. Im Kreisarchiv überreichte ihm Jacek Swiderski einige Ausdrucke, auf denen er infrage kommende Dokumente und Bücher aufgelistet hatte. Nach einer Auswahl konnte der Reporter nach wenigen Minuten einen ersten, aber schon sehr tiefen Einblick in die Geschichte des Ortes Birnbach gewinnen, um den es im ersten Ortsporträt gehen wird und der in seiner Bedeutung als Kirchspiel seit dem Hochmittelalter auf eine sehr bewegte Geschichte zurückblickt. Nicht nur im Hinblick auf das Aussuchen der Dokumente stand der Kreisarchivar dem RZ-Reporter zur Seite, sondern auch als sehr angenehmer Gesprächspartner mit fundierten Kenntnissen, ebenso wie Linda Hendricks, die alte Ortsfotos als digitale Dateien zur Verfügung stellte. Die beiden sind nicht nur Hüter alter Schätze, sondern ebenso hilfsbereite wie fachkundige Archivare, die mit Rat und Tat zur Seite stehen. Da freut man sich auf ein Wiedersehen. hot