Schöffengericht in Betzdorf sieht seine Strafgewalt als nicht ausreichend an
Zehnjährige missbraucht? Amtsgericht Betzdorf gibt Fall ans Landgericht Koblenz ab
Justitia
Eine Statue der Justitia mit einer Waage in ihrer Hand. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa/Symbolbild
David-Wolfgang Ebener/dpa/Symbolbild. dpa

Wissen. Mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe muss im Fall seiner Verurteilung ein 30-Jähriger aus dem Wisserland rechnen, der beschuldigt wird, im November 2018 die damals zehnjährige Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin sexuell missbraucht zu haben. „Die Strafgewalt des Schöffengerichts reicht nicht aus“, verkündete die Vorsitzende Richterin Beatrice Haas gestern nach Abschuss der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht Betzdorf und verwies damit den Fall an das Landgericht Koblenz, wo der Prozess gegen den Mann von vorn beginnt. Zum Hintergrund: Sexueller Missbrauch von Kindern kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden, an einem Amtsgericht können aber nur Freiheitsstrafen von bis zu vier Jahren verhängt werden. Offensichtlich hielt das Gericht diesen Strafrahmen nicht für der Schwere der Schuld angemessen.

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Am zweiten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht hatte zuvor die Vernehmungsbeamtin als Zeugin ausgesagt, die die Aussage des Kindes, Clarissa O., zu den Tatvorwürfen gegen den damals 28 Jahre alten Angeklagten, Marc D., aufgenommen hatte. Dieser lebte mit Clarissas Mutter in eheähnlichen Verhältnissen im Wisserland. Während sie arbeitete, waren die Kinder in der Obhut von Marc D. So auch zum Tatzeitpunkt. Was an diesem Tag geschehen war, erfuhr eine Lehrerin als Erste.

Später berichtete das Mädchen auch der Vernehmungsbeamtin, dass der Angeklagte vorschlug, das Spiel „Wahl, Wahrheit oder Pflicht“ zu spielen und sie so dazu nötigte mit ihm duschen zu gehen und dabei sein Geschlechtsteil anzufassen und in den Mund zu nehmen. Der wäre ja ein ganz schönes Schwein solle die Zehnjährige der Beamtin damals gesagt haben. Anschließend soll Marc D. auf der Couch im Wohnzimmer versucht haben, das Mädchen zu vergewaltigen. Als sie zu strampeln anfing und sagte, sie wolle das nicht, soll Marc D. gefragt haben, was das nun solle. Im Gespräch mit der Vernehmungsbeamtin stellte sich auch heraus, dass die Zehnjährige vor der Tat schon öfters nackt mit dem Mann im Bett gelegen habe.

Der Verteidiger des Angeklagten, Philipp Grassl, sieht viele Widersprüche in den Schilderungen von Clarissa und stellt ihre Glaubwürdigkeit in Frage. Das Kind sei verliebt in den Angeklagten und habe ihn zu Unrecht belastet. Das sah die Zeugin anders: „Sie konnte zum besagten Tag viele Details nennen, die mit der Anschuldigung an sich nichts zu tun haben. Wenn man jemandem etwas ans Bein binden will, würde man das nicht tun.“ Dass sie schon einmal Lügengeschichten erzählt habe, habe das Mädchen zugegeben. Sie wisse aber, dass sie nun die Wahrheit sagen müsse. Marc D. wollte sich zu der Anklage nicht äußern. Regina Müller

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