Eine monatelange Auseinandersetzung zwischen einem Kirchener Anwohner und der Verbandsgemeindeverwaltung hat nun ein juristisches Ende gefunden. Zumindest vorläufig. Am Amtsgericht Betzdorf stand eine auf den ersten Blick banale Angelegenheit im Mittelpunkt: die Hecke des 69-jährigen Rentners Bertram W. Der Vorwurf der Verwaltung lautete: Verstoß gegen die Straßenreinigungssatzung. Der Bewuchs der Hecke ragte offenbar unzulässig in die öffentliche Verkehrsfläche hinein. Der zuständige Verwaltungsmitarbeiter war zum Verhandlungstermin im Urlaub, wie Richterin Antonia Adams erläuterte.
Die Chronologie des Konflikts zeichnete sie anhand der Akten nach: Zunächst hatte die Kommune den Anwohner zur Beseitigung des störenden Bewuchses vergeblich aufgefordert. Im Oktober 2024 verhängte die Verwaltung schließlich ein Bußgeld von über 100 Euro. Dagegen legte der Senior jedoch Widerspruch ein, wodurch der Fall schließlich vor das Amtsgericht gelangte.
Richterin: Verwaltung hätte statt Bußgeld auch Grünschnittarbeiten in Rechnung stellen können
Bertram W. räumte zwar ein, dass der Bewuchs tatsächlich vorhanden gewesen sei. Dennoch brachte er eine Reihe von Einwänden vor, die seinen langjährigen Unmut über das Gebaren der Gemeinde widerspiegelten. „Und da wirft man mir diesen Mist vor“, klagte der Senior sichtlich verärgert. Besonders die im Bußgeldbescheid festgelegte Frist von zehn Tagen kritisierte er als zu kurz bemessen. An ein vorangegangenes Schreiben der Verwaltung vom August konnte oder wollte er sich nicht erinnern. Auch die Höhe der Geldbuße stellte er grundsätzlich infrage. Richterin Adams widersprach dem Anwohner jedoch umgehend in diesem Punkt. Alternativ hätte die Verwaltung die Hecke auch selbst zurückschneiden und ihm die Kosten in Rechnung stellen können. „Da wären Sie nicht mit 100 Euro weggekommen.“
Ein weiterer Einwand des Rentners zielte auf die rechtliche Grundlage ab: In der Straßenreinigungssatzung stehe schließlich nichts vom Zurückschneiden von Hecken. Dieser Argumentation folgte die Richterin zunächst, stellte jedoch klar: „Es geht um die Reinigung des Rinnsteins.“ Und dieser sei laut den vorliegenden Fotos ebenfalls von dem Bewuchs betroffen gewesen.
„Ich bin nicht für die Gemeinde da, sondern die Gemeinde ist für die Bürger da.“
Anwohner Bertram W. über seine Erwartung an die Kommune
Als weitere Verteidigung führte Bertram W. an, dass sich mittlerweile eine geschützte Pflanze im Rinnstein angesiedelt habe. Die Richterin zeigte sich jedoch skeptisch und wollte sich zu dieser Behauptung „nicht aus dem Fenster lehnen“: „Sie können nicht einfach behaupten, dass da geschützte Pflanzen drin sind.“ Vielmehr gehe es bei der Einhaltung der Straßenreinigungssatzung auch um das allgemeine Erscheinungsbild, betonte Adams. Von seiner zu Beginn geäußerten grundsätzlichen Haltung – „Ich bin nicht für die Gemeinde da, sondern die Gemeinde ist für die Bürger da“ – ließ sich der Senior allerdings nicht abbringen. Im weiteren Verlauf der Verhandlung führte er auch persönliche Schwierigkeiten ins Feld. Aufgrund körperlicher Probleme sei er nicht in der Lage, die erforderlichen Arbeiten selbst zu erledigen. Hinzu kämen finanzielle Engpässe, die eine Beauftragung Dritter erschwerten.
Dennoch konnte er vermelden, dass die beanstandete Hecke zwischenzeitlich – noch innerhalb der von der Verwaltung neu gesetzten Frist – von einem Bekannten zurückgeschnitten worden sei. Ein Beweis in Form eines Fotos existiere allerdings nicht. „Ein Smartphone habe ich nicht. Das kostet alles Geld“, erklärte der 69-Jährige.
Verfahren aufgrund geringfügiger Schuld eingestellt
Richterin Adams entschied schließlich, das Verfahren einzustellen. „Ich halte Ihre Schuld für geringfügig, weil Sie sagen, Sie hätten den Bewuchs weggemacht“, begründete sie ihre Entscheidung. Eine nachträgliche Überprüfung sei ohnehin nicht mehr möglich. Abschließend appellierte die Richterin an beide Streitparteien, künftig kooperativer miteinander umzugehen. Gleichzeitig stellte sie klar, dass das verhängte Bußgeld „nicht gänzlich falsch“ gewesen sei. Zudem: Unmut über die Verwaltung rechtfertige es nicht, ihr dies mit der „Hecke heimzuzahlen“.