Schon lange setzen sich ehrenamtliche Helferinnen und Helfer der Evangelischen freien Gemeinde in Daaden für das kleine südosteuropäische Land Moldau ein. Kürzlich haben sie Besuch aus Berlin erhalten. Die stellvertretende Referatsleiterin des Auswärtigen Amtes, Julia Kahrl, war zu Gast in den Räumlichkeiten der Gemeinde in Daaden.
Zu Beginn ihres Vortrags legt Julia Kahrl gleich ein Geständnis ab. „Ich bin ja auch Rheinland-Pfälzerin“, sagt sie den Anwesenden in den Räumlichkeiten der Evangelischen freien Gemeinde in Daaden in der Betzdorfer Straße. Sie komme ursprünglich von der Ahr, vor 18 Jahren habe sie beim Auswärtigen Amt angefangen zu arbeiten. Eine ihrer ersten Stationen ist dabei die kleine Republik Moldau gewesen (2008 bis 2011). Und auch sonst hat sie das Thema Osteuropa nicht verlassen. Von 2011 bis 2020 hat sie von Berlin aus gearbeitet, war von 2014 bis 2016 im Nato-Referat und hatte damals viel mit den Geschehnissen in der Ukraine Anfang 2014 und Russland zu tun.
Moldaus langer Weg nach Westen
Wie viele Länder erlangte die Republik Moldau erst nach dem Zerfall der Sowjetunion seine Unabhängigkeit. 1992 gab es dann einen kurzen, aber heftigen Bürgerkrieg. Transnistrien, ein schmaler Streifen an der östlichen Grenze des Landes spaltete sich ab und erklärte sich für unabhängig. Bis heute wurde diese Unabhängigkeit von keinem anderen Land anerkannt. „Moldau wollte erst nicht in die EU“, sagt Kahrl den Zuhörern. Es gab geradezu einen Kampf zwischen Ost- und Westorientierung. Im Jahr 2008, als Kahrl ihre Arbeit in Moldau begann, regierte die Partei der Kommunisten. Das Land war noch nach Moskau orientiert. Doch der Wind begann sich zu drehen. Die pro-europäischen Parteien gewinnen immer mehr an Zuspruch. Seit 2020 ist Maia Sandu Präsidentin des Landes und wurde in einer Stichwahl im November 2024 wiedergewählt. Gleichzeitig konnten sich die Bürger Moldaus in einem Referendum dafür entscheiden, ob einen Pro-EU-Kurs Teil der moldauischen Verfassung werden soll. Mit einer knappen Mehrheit von 50,46 Prozent stimmten sie für Ja.
Der Konflikt zwischen Moldau und des abtrünnigen Landesteils Transnistrien sei eher untypisch, so Kahrl. Denn dieser sei nicht ethnisch begründet. „Die Familien besuchen sich gegenseitig. Junge Leute aus Moldau studieren in einer Uni in Transnistrien, weil dort zum Beispiel ihr Fach angeboten wird“, sagt die stellvertretende Referatsleiterin.
Russland erpresste Moldau bereits früher mit Gas
Die Auswirkungen von Russlands Krieg gegen die Ukraine bekommt auch das kleine Land Moldau zu spüren. Zum Jahreswechsel endete der Transitvertrag zwischen Russland und der Ukraine. So erhielt das Land seitdem kein Gas mehr aus Russland, mitten im Winter. Doch das war nicht das erste Mal, dass Putin dem kleinen Land den Gashahn zugedreht hat. Das geschah bereits im Januar 2009. „Da ist den Moldawiern klar gewesen: Wir müssen uns absichern“, sagt Kahrl. So begann das Land Gasleitungen gen Westen zu bauen, die 2017 abgeschlossen wurden. Seit 2022 hat es aber einen Preissprung beim Gas aus dem Westen gegeben. „Das kostet die Moldauer gut ein Drittel mehr“, so Kahrl. Der Preis für Strom aus Rumänien sei zudem um 70 Prozent gestiegen. Das spielt natürlich den pro-russischen Parteien in die Hände.
Auch weil das arme Land ukrainische Flüchtlinge versorgen muss und durch die Einstellung der US-Auslandshilfe USAID durch Trump Ende Januar dieses Jahres sei die Hilfe aus Europa für Moldau „extrem wichtig“. Unterstützung erhalte das Land etwa bei der Energieeffizienz von Häusern oder durch Städtepartnerschaften. So bestehe eine Partnerschaft zwischen Stuttgart und Balti, in der sich die Städte in den Bereichen Energiewende und Solar austauschen.
Wie kann die EU dem kleinen Land wirklich helfen?
Einige Mitglieder der Kirchengemeinde in Daaden kennen das kleine südosteuropäische Land aus eigener Anschauung. Nicht mal vor einem halben Jahr sind sie in der moldauischen Partnergemeinde Bulaiesti gewesen. „Die Regierung nimmt die armen Menschen auf dem Land nicht wahr“, sagt ein Besucher. Dem widerspricht Kahrl. Moldau sei ein sehr agrarisch geprägtes Land, erst mal brauche man ein gewisses Steueraufkommen, um investieren zu können. Auf die Frage, ob die Fördergelder an Moldau nicht versanden, antwortet Kahrl: „Es gibt ja auch Kontrollen. Erst wenn festgestellt wird, dass zum Beispiel so und so viele Häuser gedämmt worden sind, kommt die nächste Tranche.“
In einer weiteren Frage geht es um die europäische Hilfe für das Land. „Der Strom aus Europa ist ja teuer. Sollte die EU da nicht eher unterstützen?“, so ein Besucher. Das mache die EU bereits, wie Kahrl sagt. 30 Millionen Euro habe sie schon zur Unterstützung für Gas bewilligt. Dazu kommen in Zukunft noch 250 Millionen Euro für die Infrastruktur. Allerdings könne die EU nicht auf lange Sicht das Gas für die Moldauer billig halten.
Kahrl ist sich sicher: Moldau wird der EU beitreten
Auch die Frage, ob und wann Moldau der EU beitreten wird, kommt auf. „Das kommt drauf an, wie schnell das Land den Weg dorthin bewältigen kann“, so Kahrl. Der Antrag wurde 2022 gestellt und 2024 wurde das Beitrittsverfahren eröffnet. Zum Vergleich: Bei Kroatien habe es sieben bis zehn Jahre gedauert. Kahrl ist sich aber sicher: „Wenn die Moldauer weiter den Elan haben wie in den letzten Jahren, dann werden sie das auch schaffen.“