Keine Geringeren als die beiden Rockpoeten Paul Simon und Art Garfunkel wurden auf der Bühne lebendig, zwar nicht in persona, aber in den beiden Sängern Michael Frank und Guido Reuter. Mit im musikalischen Boot: Sebastian Fritzlar an Bass, Gitarre, Keyboard und vielen anderen Instrumenten und Drummer Ingo Kaiser.
Aber von Beginn an: Simon & Garfunkel alias Reuter und Frank betreten die Bühne. Leise erklingen von der Akustikgitarre die ersten Töne des Songs „Homeward Bound“, Michael Frank singt, und Guido Reuter liefert mit seiner weichen Stimme den Hintergrund, alles wirkt handgemacht, keinerlei akustische Kosmetik stört die Reise ins Jahr 1966, als der Song erschien: „Home where my love lies waiting silently for me“ singen die beiden unisono zum Schluss, und schon jetzt brandet begeisterter Beifall auf.
„In Zeiten der fast permanent negativen Nachrichten möchten wir, dass ihr hier relaxt und am Schluss entspannt rausgeht“, sagt Frontmann und Gitarrist Michael Frank. Erneut erklingen die ersten sanft angeschlagenen Töne aus seiner Akustikgitarre, Sebastian Fritzlar nimmt mit seiner Ukulele die Melodie von „El Condor Pasa“ auf, und Drummer Ingo Kaiser gibt dem Ganzen mit sanften „Plopps“ seines Instruments eine archaisch wirkende Atmosphäre. Augen schließen, und schon ist man mitten im Andenmassiv, über dem ein mächtiger Condor zu den mystischen Klängen der von Guido Reuter gespielten Flöte und zum Gesang des Gitarristen kreist, ursprünglich und natürlich, aber auch mit einem Hauch von Mythologie.
Ebenso tief gehend sind auch die folgenden Stücke. Erinnert beispielsweise „Scarborough Fair“ in seiner romantischen Attitüde an einen mittelalterlichen Markt, so geht’s bei „A hazy shade of winter“ rockig zu. Alle vier Musiker sind in ihrem Element; während Guido Reuter Violine spielt und Michael Frank singt, rocken Sebastian Fritzlar und Ingo Kaiser mit Schlagzeugelementen die Bühne, wobei besonders Letzterer mit wummernden, donnerartigen Schlägen auch kurze Zeit später bei „Cecilia“ die Halle beinahe zum Beben bringt. Gerne macht das Publikum mit. Das ist Musik pur und das sind die 60er- und 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts – und sie sind deshalb so authentisch, weil die Musiker es sind. Denn sie präsentieren nicht einfach Musik, sie leben sie, in jedem Song, in jeder Phase.
Diese Begeisterung wirkt ansteckend, und auch der zweite Teil lässt für die Besucher keinerlei Wünsche offen, denn die Femme fatale „Mrs. Robinson“, bekannt aus dem Film „Die Reifeprüfung“ (1967) mit Dustin Hoffman, lässt grüßen. Erinnerungen werden wach: „And here's to you, Mrs. Robinson, Jesus loves you more than you will know“. Man sieht ihn förmlich vor sich, den jungen Mann, der zunächst versucht, dem verführerischen Spiel der Bekannten seiner Eltern zu entkommen, der ihr dann aber nach und nach verfällt. Das ist das frühere Amerika, und die Simon & Garfunkel Revival Band lässt es auferstehen.
Auch im Song „I am a rock“, bei dem die Wildheit und Rebellion der Jugend gefeiert werden. Ganz im Gegensatz zum Rock-Blues-Song „50 ways to leave your lover“, bei dem besonders Multiinstrumentalist Fritzlar am Keyboard und kurze Zeit später Drummer Ingo Kaiser bei Soloeinlagen ihr Können unter Beweis stellen. Denn während Ersterer mit seinem Instrument eine Atmosphäre erzeugt, die an eine nasse Straße im Neonlicht der Großstadt denken lässt, untermalt Kaiser diese kurze Zeit später mit seinem Schlagzeugspiel, intensiv und bisweilen so rasant, dass die Schlagzeugstöcke wie vibrierende Kolibriflügel wirken.
Auch das erzeugt begeisterten Applaus. Mit stehenden Ovationen fordern die Zuhörer eine Zugabe – ein Wunsch, den das Quartett gerne mit „Bridge over troubled water“ erfüllt. Dieser Schlusssong passt prima zum Hit „Sound of silence“, mit dem das Ensemble noch einmal in die sanfte Simon-&-Garfunkel-Welt entführt – an einem Abend, der Träume auferstehen ließ und ein Amerika und eine Welt, wie sie heute von vielen vermisst wird.