Daaden/Herdorf
Westerwald: Illegale Pisten im Wald bleiben ein Ärgernis

Illegal angelegte Fahrwege - wie dieser hier im Direnbachtal bei Daaden - beschädigen den Waldboden, die wertvolle Humusschicht wird mit den nächsten Regen abgetragen. Als Folgeschäden entstehen breite Erosionsauswaschungen. Baumwurzeln werden freigelegt und durch Befahren ebenfalls beschädigt. Es kommt zu Pilzbefall, der sich über die Wurzeln bis in die Baumstämme fortsetzt - ein hoher wirtschaftlicher Schaden für die Eigentümer.

Daaden/Herdorf. Das Problem ist nicht neu, hat gleichwohl aber keineswegs an Brisanz verloren: Seit Jahren klagen Waldbesitzer, Förster und Jäger darüber, dass Wälder und Flure als illegale Motocross- und Mountainbikepisten missbraucht werden. Zuletzt sorgte im Oktober ein totes Reh bei Friedewald für Aufregung. Der dortige Jagdaufseher Andreas Becker hatte Anhaltspunkte dafür ausgemacht, dass das Tier von einem Motorradfahrer gehetzt und absichtlich überfahren wurde.

Illegal angelegte Fahrwege - wie dieser hier im Direnbachtal bei Daaden - beschädigen den Waldboden, die wertvolle Humusschicht wird mit den nächsten Regen abgetragen. Als Folgeschäden entstehen breite Erosionsauswaschungen. Baumwurzeln werden freigelegt und durch Befahren ebenfalls beschädigt. Es kommt zu Pilzbefall, der sich über die Wurzeln bis in die Baumstämme fortsetzt - ein hoher wirtschaftlicher Schaden für die Eigentümer.

Von unserem Redakteur Daniel Weber

Die polizeilichen Ermittlungen konnten letztlich keine eindeutigen Beweise für diesen Verdacht liefern. Im Internet schlug das Thema hohe Wellen – etliche Motocrossfahrer reagierten empört auf die Vorwürfe, sahen sich und ihr Hobby zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Dennoch: Für die Grundeigentümer, Förster, Jäger und auch für die Polizei steht fest, dass einige wenige die Regeln missachten und in Wald und Flur enorme Schäden anrichten – einen Schwerpunkt haben sie dabei im Bereich der Verbandsgemeinde Herdorf-Daaden einschließlich des früheren Truppenübungsplatzes am Stegskopf ausgemacht. Aus diesem Grund kamen jüngst Vertreter von Waldbauverein, Bauernverband, Forstrevier Daaden, Hegering Daaden-Herdorf und der Polizei Betzdorf zu einem Runden Tisch zusammen. Gemeinsam wollen sie eine Strategie zur Eindämmung des illegalen Freizeitverhaltens erarbeiten.

In einer gemeinsam verfassten Stellungnahme heißt es: „Die Wälder und Flure in unserer Region prägen das Landschaftsbild, sind Heimat für Tiere und Pflanzen, tragen zum Schutz von Klima, Wasser und Boden bei. Gleichzeitig sind sie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und Raum für Erholung. Vielfältige Interessenlagen treffen hier zwangsläufig aufeinander, dabei können Konflikte nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme und Beachtung von Recht und Ordnung vermieden werden.“ Dieser vernünftige Lösungsansatz werde allerdings „bereits seit vielen Jahren von einigen wenigen, völlig rücksichtslos handelnden schwarzen Schafen sprichwörtlich unter die Räder genommen“.

„Kleine Gruppe schwarzer Schafe“

Die Teilnehmer des Runden Tisches sind sich darin einig, dass die große Mehrheit der Motocrosser, Mountainbiker und Geocacher Recht und Gesetz beachten und sich vorbildlich verhalten – eine kleine Gruppe allerdings bringe diese Sport- und Freizeitsparten gänzlich in Verruf: „Diese Fahrer haben oft favorisierte Strecken und Gebiete, in denen sie sich gerne illegal austoben – sie kommen immer wieder, zum Beispiel in die bewaldeten Steilhänge in unserer Region.“

Eine illegale Crossstrecke bei Herdorf: Erosionsschäden haben zur Folge, dass Waldwege und Böschungen regelmäßig und kostspielig von Geröll befreit werden müssen.

Die Verabredungen zu illegalen Querfeldeinfahrten finden nach Kenntnis der Expertenrunde meist per SMS oder über Soziale Netzwerke im Internet statt. Ähnlich einer organisierten Veranstaltung träfen sich so Gleichgesinnte von nah und fern. „Ohne Rücksicht auf Fauna und Flora rasen sie dann durch Wald und Flur. Sie gefährden dabei Spaziergänger, vertreiben die Wildtiere und fügen den Böden und deren Bewuchs schwere Schäden und Folgeschäden durch Bodenerosion zu. Sie stören und gefährden das friedliche Miteinander der Wanderer, Mountainbiker und Reiter, die auf den vorgegebenen Wegen bleiben.“

Bei den Motocross- und Enduromaschinen würden oft die polizeilichen Kennzeichen abmontiert oder zumindest unkenntlich gemacht. Einige der Motorräder seien offensichtlich nicht einmal zugelassen und versichert. Häufig würden die Maschinen mit Transportern oder Anhängern in Nähe der illegalen Pisten gebracht.

Alois Hans, der Geschäftsführer des Waldbauvereins Altenkirchen, betont, dass der Forst grundsätzlich von jedem Erholungsuchenden betreten werden darf – so steht es auch im rheinland-pfälzischen Landeswaldgesetz. Allerdings heißt es dort auch: „Die Lebensgemeinschaft Wald und die Bewirtschaftung des Waldes dürfen nicht gestört werden. Auf die Walderholung sowie auf die Nutzungsrechte anderer im Wald ist gegenseitige Rücksicht zu nehmen.“ Leider sehe die Wirklichkeit oft anders aus: Zu den erlaubten sportlichen Aktivitäten im Wald gesellten sich immer mehr unerlaubte Freizeittrends. Das illegale und egoistische Verhalten Einzelner störe und gefährde diejenigen, die im Wald Ruhe und Erholung suchen oder ihren berechtigten Interessen nachgehen. „Die Belange des Lebensraumes Wald und seiner Bewohner bleiben dabei ebenso oft auf der Strecke wie die Rechte der vielen privaten Eigentümer“, so Hans, „Wald ist zwar jedem frei zugänglich, aber noch lange nicht frei verfügbar. Waldbesitzer erwarten nicht mehr Respekt für ihr Eigentum als jeder andere für seines auch, weniger allerdings auch nicht.“ Der Waldbauverein Altenkirchen vertritt die Interessen der privaten Waldbesitzer im AK-Land. In ihm sind 1450 Einzelmitglieder, 62 Haubergsgenossenschaften und 91 Waldinteressentenschaften zusammengeschlossen sowie mehrere größere Privatwaldbesitzer, denen rund 90 Prozent der Waldfläche im Kreis Altenkirchen gehören.

Tiere verlieren ihren Rückzugsraum

Zu den größten Leidtragenden zählen freilich die Wildtiere. Für sie, so sagen die Fachleute, bestehe das Problem nicht allein durch die Crossfahrer und Mountainbiker als solche. Die Störung der Tiere – ob nun vermeidbar oder in anderen Fällen auch unvermeidbar – ergebe sich aus der starken Nutzung ein und derselben Waldfläche im Verlauf weniger Stunden oder Tage. „Durch das Betreten und Befahren des Waldes abseits der Wege verlieren die bislang ungestörten Areale ihre Funktion als Rückzugsraum. Die Störung wird für die Wildtiere unberechenbar. Sie flüchten, kommen irgendwann wieder, werden erneut gestört, verlassen ihre Einstände nur noch in der Dunkelheit oder sogar auf Dauer den Lebensraum.“

Die Teilnehmer der Expertenrunde weisen daher noch einmal deutlich darauf hin, dass das Motocrossfahren mit Quad oder Motorrad im Wald generell verboten ist. Radfahrer hingegen dürfen auf vorhandenen festen Wegen, aber nicht abseits fahren. Das eigenmächtige Anlegen von Fahrwegen und -spuren ist nicht erlaubt. Auch Geocacher, die mithilfe von GPS-Geräten im Forst auf elektronische Schatzsuche gehen, hätten das Eigentum anderer zu respektieren, auf den Wegen zu bleiben und vor dem Verstecken eines Caches den Waldeigentümer zu fragen, ob dagegen Bedenken bestehen.

Kreisjagdmeister Josef Weitershagen brachte in seiner Funktion als Bindeglied zwischen Jägerschaft und Grundeigentümern zum Ausdruck, dass man über weitere Appelle hinaus dem verbotenen Treiben im Wald gemeinsam entschieden entgegentreten müsse. Er setzt dabei auf die Unterstützung von Spaziergängern, Reitern, Radfahrern und anderen Naturfreunden. Sie, so Weitershagen, sollten eine Mitteilung oder Anzeige machen, sobald sie sich durch Crossfahrer gefährdet oder belästigt fühlen.

Top-News aus der Region