„Hat man uns einfach nur vergessen?“ fragt sich Martha Schmidt aus Horhausen. In ihrer Sorge und aus Solidarität mit all jenen, die nicht mit Gas oder Fernwärme heizen, hat sich die Rentnerin an unsere Zeitung gewandt. Ihr Mann und sie sind im Rentenalter und pflegeabhängig. Vor kurzem haben sie ihren Heizöltank befüllt. „Wir haben das Doppelte als noch vor einem Jahr bezahlt“, sagt sie. Vor fünf Jahren noch habe das Paar zudem eine neue Ölheizung anschaffen müssen, weil die alte in die Jahre gekommen war.
Martha Schmidt möchte besonders auf Senioren aufmerksam machen, die meist in älteren Häusern leben, in denen oft noch mit Öl oder Holz geheizt würde. Sei der Tank leer oder entspreche die Heizung nicht mehr den erforderlichen Richtlinien, müsse man in Vorleistung treten. „Wir haben keine Kuh, die wir melken können“, sagt Schmidt. Bei möglichen Förderungen für die Aufrüstung der Heizung fehle es oftmals an Informationen und die Antragstellung sei kompliziert und mit viel Papierkram verbunden. Ihr Mann und sie haben derzeit nur einen Raum beheizt. Wolldecken und Wärmflaschen sind derzeit aus dem Haushalt der Schmidts nicht wegzudenken. Als gelernte Krankenschwester richtet Martha Schmidt besonders ihren Blick auf kranke und behinderte Menschen. „Was ist mit chronisch erkrankten Menschen, die einfach eine bestimmte Raumtemperatur benötigen, damit sie keine Schmerzen bekommen?“ Sie sieht hier eine Bevölkerungsgruppe von der Regierung im Stich gelassen.
Was sagt der Sozialverband VdK?
„Gut, dass die einmalige Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekunden beschlossene Sache ist. Verbraucher, die die Kosten für Öl-, Holzpellets- oder Nachtspeicherheizungen nicht bezahlen können, sitzen weiterhin im Kalten und warten auf Hilfen. Sie dürfen von der Politik nicht vergessen werden. Deshalb muss die Bundesregierung zügig weitere konkrete Entlastungen vorschlagen. Es kann nicht sein, dass es eine Frage des Energieträgers ist, ob man staatliche Hilfe in dieser Energiekrise erhält oder nicht“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. Dem pflichtet Thomas Roos bei, der VdK-Kreisverbandsgeschäftsführer Altenkirchen: „Bei den Heizkosten haben die Menschen noch die Hoffnung, dass Entlastungen kommen. Was Menschen im Krankenstand, im Hartz IV- Bezug, mit geringen Einkommen oder Rentnern wirklich Angst macht, sind die infolge der hohen Energiepreise gestiegenen Lebensmittelkosten und Ausgaben für den täglichen Bedarf.“ Laut Roos hätten die meisten Menschen große Sorge, ihre Lebenshaltungskosten nicht mehr selbst stemmen zu können. „Das sieht man ja auch an den wachsenden Zahlen der Tafelbesucher.“
Aus Sicht der Wirtschaft
Die Situation macht sich auch bei der Bellersheim Unternehmensgruppe aus Neitersen bemerkbar, wie Thomas Bellersheim berichtet. „Unsere Kunden tanken weniger Heizöl in der Hoffnung, dass die Preise wieder sinken oder eine ähnliche Entlastung wie beim Gas beschlossen wird.“ Dass die Politik die Heizölkunden derzeit noch nicht bei den Entlastungen im Blick habe, liegt nach Meinung Bellersheims daran, dass die Ölpreise deutlich geringer gestiegen seien, als beispielsweise die Gaspreise. Fest steht laut des Unternehmers: „Wir haben deutlich weniger Heizöl auf dem europäischen Markt, weil eben auch das russische Öl verbannt wurde. Ob Heizölkunden etwa auf andere Brennstoffe umgestellt haben, vermag Bellersheim nicht zu sagen. Wohl aber könne er von einigen Firmen berichten, die von Gas auf Öl umgestiegen sind. „Generell ist schon eine große Unsicherheit zu spüren“, sagt Bellersheim.