Ziel ist es, gemeinsam mit drei anderen rechtsrheinischen Landkreisen (Westerwald, Neuwied, Rhein-Lahn) ein Pilotprojekt zu starten. Entsprechende Gespräche mit seinen Kollegen hat Landrat Peter Enders bereits geführt. Die ersten Signale seien positiv, berichtete er, allerdings müssten sich deren Kreisgremien noch eingehend mit dem Vorhaben beschäftigen. „Die Zusammenarbeit in einer solchen Konstellation bietet sich förmlich an“, sagte Enders.
Gebiet der Leitstelle Montabaur
Für den Bereich der integrierten Leitstelle Montabaur könnte ein Telenotarzt-System eine Verbesserung der Situation bedeuten. Als Vorteile nannte Enders erstens die verlässliche Verfügbarkeit eines Notarztes, auch wenn dieser nicht unmittelbar bei einem Rettungseinsatz dabei sei; zweitens die schnelle Entscheidung, wie dem Patienten zu helfen sei (fachsprachlich handelt es sich um die Verkürzung des therapiefreien Intervalls); drittens möglichst die Vermeidung unnötiger Notarzteinsätze; und viertens die erhöhte Rechtssicherheit für das Rettungsdienstpersonal während der Telekonsultation.
Laut Enders gab es schon 2014 in Aachen erste Versuche mit einer telemedizinischen Rettungsassistenz. Weitere Pilotprojekte folgten, oft auf nordrhein-westfälischem Gebiet, alsbald auch im nahen Südwestfalen und im Oberbergischen Kreis. Auch das Land Rheinland-Pfalz plant noch für dieses Jahr ein Telenotarzt-Modellprojekt, allerdings konzentriert auf eine großstädtische Region, nämlich Ludwigshafen. Hintergründe sind zum Beispiel der demografische Wandel und der Wunsch, die Notärzte von unnötigen oder unklaren Einsätzen zu entlasten.
Stabiles Funknetz ist Voraussetzung
Die Technik ist heutzutage dank relativ guter Funkverbindungen meist stabil vorhanden. Bei Bedarf wird während eines Rettungsdiensteinsatzes ein Notarzt live in den Rettungswagen zugeschaltet und erhält Zugriff auf die Patientendaten. Auf dieser Basis kann er audiovisuell eingreifen. In vielen Jahren sei eine solche Stelle Standard.
Die Ergebnisse der bisherigen Pilotprojekte werden allgemein als vielversprechend bewertet. Wie bereits im Kreisausschuss stimmten die Mitglieder des Altenkirchener Kreistages dieser Sichtweise ungeteilt zu und erteilten daher Landrat Enders den Auftrag, den Aufbau eines Telenotarzt-Systems zu prüfen und vorzubereiten. Etwaige Fördermöglichkeiten durch Programme von Bund und Land sollen aufgespürt und abgefragt werden. Vor allem geht es um die Frage, ob das Land Rheinland-Pfalz neben dem Pilotprojekt in Ludwigshafen ein zweites Vorhaben dieser Art unterstützt, bei dem das Einsatzgebiet des Telenotarztes diesmal ausdrücklich im ländlichen Raum verortet wäre.
Als Sprecher der CDU-Fraktion äußerte Michael Wäschenbach seine absolute Zustimmung. Er sei sehr froh, dass der Landrat diese Idee aufgegriffen habe. Schließlich seien viele Menschen im AK-Land in Sorge, weil sie um die gute medizinische Versorgung fürchten – das reiche vom Mangel an Kinderärzten bis zur Kranenhausentwicklung. Gleichwohl, so unterstrich Wäschenbach, dürfe nicht verkannt werden, dass die Telenotärzte kein Ersatz, sondern eine sinnvolle Ergänzung zu dem bestehenden System darstellen könnten. Zudem sei die Notfallversorgung insgesamt in Gefahr, da es an ausgebildeten Kräften fehle. „Wir müssen mehr Ärzte ausbilden“, schloss der Abgeordnete.
Zustimmung der Fraktionen
Ein klares „Ja“ kam auch von Klaus Kohlhas (FDP). Denn, so argumentierte er, im bisherigen System sei etwa jeder zweite Notarzteinsatz nicht notwendig. Auf der Kostenseite seien zwar zunächst Investitionen unumgänglich, jedoch rechne er langfristig mit Einspareffekten. Kohlhas empfahl, die Krankenkassen mit ins Boot zu holen, weil diese davon profitieren würden. Unterstützung kam auch aus der SPD-Fraktion: Ausdrücklich dankte Bernd Becker den Christdemokraten für diesen Anstoß, auch wenn er wisse, dass der Teufel manchmal im Detail steckt.
Von einer „begrüßenswerten und sinnvollen Initiative“ sprach ebenfalls Anna Neuhof (B'90/Grüne). Sie hob hervor, dass mit Telenotarzt-System erstens unbedingt die Rechtssicherheit für die Berufstätigen im Rettungsdienst einhergehen müsse, und es zweitens nicht als Anlass gesehen werden dürfe, über Stellenstreichungen nachzudenken.
Zum Schluss der Beratung sah Landrat Enders das AK-Land gerne in der Vorreiterrolle. Wenn es gelinge, den Telenotarzt für die vier Landkreise zu etablieren, dann sei davon auszugehen, dass für die gesamte Fläche eine Person im Dienstplan stehe.