Abseits dieser Personalie hatte die Gewerkschaft auch eingeladen, um über die Delegiertenversammlung im Kulturwerk in Wissen am Dienstagabend zu berichten. Es war eine lange Sitzung. „Ich saß gerade pünktlich zum Anstoß des EM-Spiels vor dem Fernseher“, erzählt Wallbrecher, bekanntlich ein großer Fußballfan. Die deutsche Mannschaft hat gegen Frankreich verloren. An dieser Leistung will sich die IG Metall vor Ort kein Beispiel nehmen – im Gegenteil. Die Gewerkschaft plant eine Offensive und möchte bis zum Jahr 2024 die Zahl der Mitglieder in der Region von aktuell um die 5000 auf 5500 steigern. „Ziel ist es, mittel- und langfristig die Existenzsicherheit in der Region zu manifestieren“, sagt Wallbrecher. Erreichen will dies die IG Metall, indem die Basis der Mitglieder stärker eingebunden werden soll. Alle zwei bis drei Monate sollen sogenannte Aktivenkonferenzen veranstaltet werden, in denen die Mitglieder konkret nach ihren Wünschen und Vorstellungen befragt und auch zur Mitarbeit animiert werden sollen. „Es geht dabei um Fragen, wie: Was wollt ihr? Was braucht ihr?“, so Wallbrecher. Die erste Aktivenkonferenz im Einzugsgebiet der Geschäftsstelle in Betzdorf soll am 1. Oktober ab 11 Uhr im Haus Hellertal in Alsdorf über die Bühne gehen.
Themen gibt es genügend zu besprechen: Da wäre etwa die in die Diskussion gebrachte Rente mit 68 oder auch die Sorge vor steigenden Beiträgen bei der Kranken- und Pflegeversicherung als Folge der Pandemie. „Die Kollegen sind darüber sehr ungehalten“, gibt Wallbrecher das Stimmungsbild der Delegiertenversammlung wieder. Eine Rente mit 68 würde auf ein weiter sinkendes Rentenniveau hinauslaufen, befürchtet der Gewerkschafter. „Dabei stehen schon jetzt Kollegen bei uns in der Tür, die mit Ende 50 schon nicht mehr arbeiten gehen können.“ Die Rentenkasse werde von Firmen geplündert, die ohne Not Arbeitsplätze ins Ausland verlagerten, nach dem Motto: Hauptsache billig.
Wallbrecher blickt auch über den Tellerrand gewerkschaftlicher Arbeit hinaus. So fordere die IG Metall, dass die Privatisierung von Krankenhäusern rückgängig gemacht werden müsse. „Es ist Aufgabe des Staates, Krankenhäuser zu betreiben“, so der Bevollmächtigte. Gewinnstreben in den Kliniken führe zu Angriffen auf Tarifverträge und begünstige prekäre Arbeitsbedingungen.