Keine Lesung in Altenkirchen
Warum Landrat Enders Islamkritiker wieder auslädt
Die Lesung des deutsch-ägyptischen Schriftstellers und Politologen Hamed Abdel-Samad am15. Mai in der Kreisverwaltung Altenkirchen wurde abgesagt. Landrat Peter Enders nimmt Anstoß an der massiven Israel-Kritik des Autors in den jüngsten Tagen.
Inga Kjer. picture alliance / dpa

Eigentlich sollte Autor und Islamkritiker Hamed Abdel-Samad am 15. Mai in der Kreisverwaltung aus seinem Buch „Der Preis der Freiheit“ lesen. Kurzfristig hat der Kreis Altenkirchen diesen Termin aber abgesagt – und erklärt unserer Zeitung die Gründe.

Hamed Abdel-Samad wird am 15. Mai nicht, wie geplant, in der Kreisverwaltung Altenkirchen aus seinem Buch „Der Preis der Freiheit“ lesen. Landrat Peter Enders hat den prominenten Autor und Islamkritiker in dieser Woche wieder ausgeladen. Grund dafür, wie der Chef des Kreishauses unserer Zeitung bestätigt, sind harsche Vorwürfe, die der Deutsch-Ägypter in Richtung Israel erhoben hat. Zuvor war eine Lesung in Seligenstadt abgesagt worden.

„Hamed Abdel-Samad hat in einem Facebook-Post vom 4. April das Vorgehen Israels in Gaza als Völkermord bezeichnet. Ich bin der Meinung: Man darf natürlich die Regierung Netanjahu kritisieren, da gibt es überhaupt keine Diskussion. Aber mit dem Begriff des Völkermordes wird meines Erachtens das Vorgehen der Hamas relativiert, er blendet die Ursache aus, nämlich das menschenverachtende Massaker vom 7. Oktober 2023“, so die klare Position von Peter Enders. „Wir dürfen nicht vergessen: Immer noch befinden sich israelische Geiseln in Hamas-Gefangenschaft, sie werden gefoltert, vergewaltigt, ermordet. Die Freilassungen von Geiseln und die Übergabe getöteter Geiseln wurden von der Hamas zu Volksfesten gemacht“, so der Landrat weiter.

„Für mich ist der Schutz und die Sicherheit Israels noch immer deutsche Staatsräson.“
Der Altenkirchener Landrat Peter Enders

„Richtig ist: Der demokratische Staat Israel wehrt sich gegen islamistischen Terror und letztlich auch gegen Kräfte, deretwegen Abdel-Samad selbst Personenschutz hat. Ich spreche ihm überhaupt nicht seine Meinung und das Recht auf eben diese ab, möchte ihm aber für seine Sicht der Dinge kein Podium in der Kreisverwaltung bieten“, argumentiert Enders. „Für mich ist der Schutz und die Sicherheit Israels noch immer deutsche Staatsräson, das sage ich als Landrat und auch als Mitglied der deutsch-israelischen Gesellschaft“, betont er. Vor diesem Hintergrund habe man sich entschieden, beim Verlag die geplante Veranstaltung im Kreishaus abzusagen, die ohnehin schon mit hohen Sicherheitsauflagen verbunden gewesen sei.

Durch die jüngsten Äußerungen des Autors hat Enders seine Meinung über Hamed Abdel-Samad geändert, wie er einräumt. „Ich habe sein Wirken über lange Jahre verfolgt, er war unter anderem vor Jahren schon einmal zu Gast im Kreis Altenkirchen. Und ich habe ihn für seinen Mut und seinen Klartext geschätzt, sich gegen islamistische Strömungen zu positionieren. Das hat dazu geführt, dass wir ihn über seinen Verlag eingeladen haben“, erläutert er. Bis zur Absage am Dienstag seien insgesamt 30 Karten für die Lesung verkauft worden, man habe mit 90 Besuchern kalkuliert. Überlegungen zu einer Alternativveranstaltung gebe es aktuell keine.

Autor spricht von „orchestrierter Kampagne“

In einer ersten Reaktion äußerte sich Abdel-Samad in den sozialen Medien zu der Absage: Er spricht von einer „orchestrierten Kampagne, deren Ziel es sei, ihn nicht nur zu diskreditieren, sondern auch seine berufliche und gesellschaftliche Existenz zu zerstören“.

Bereits erworbene Eintrittskarten können über die Kreisverwaltung (Tel.: 02681/812013) oder die Wäller Buchhandlung (Tel. 02681/9843444) in Altenkirchen umgetauscht werden.

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