Die Spannung steigt. Wer macht bei der Bundestagswahl am Sonntag das Rennen? Wer wird Kanzler? Wie sieht die neue Regierungskoalition aus? Was die Menschen in den Landkreisen Altenkirchen und Neuwied zudem beschäftigt: Wer holt das Direktmandat im Wahlkreis 196 – und reicht der Sieg aus, um auch tatsächlich das Ticket für Berlin zu lösen? Wir wollen uns der Beantwortung genau dieser Frage auf wissenschaftlichen Wegen nähern.
Mit nicht weniger als vier Abgeordneten war der Wahlkreis in der zurückliegenden Legislaturperiode in der Hauptstadt vertreten. Neben dem jüngst verstorbenen CDU-Politiker Erwin Rüddel, der 2021 das Direktmandat holte, zogen Martin Diedenhofen (SPD), Andreas Bleck (AfD) und Sandra Weeser (FDP) über die Landeslisten ihrer Parteien in den Bundestag ein. Doch wie wird es diesmal aussehen? Für das wissenschaftliche Modell zweitstimme.org steht die Siegerin im Wahlkreis so gut wie fest: Ellen Demuth von der CDU wird nach diesen Berechnungen mit einer Wahrscheinlichkeit von 98 Prozent die meisten Erststimmen auf sich vereinen können. Ihr Ergebnis sieht die Erhebung in unserem Wahlkreis in einer Spanne zwischen 28 und 45 Prozent. Die 42-jährige Landtagsabgeordnete der Christdemokraten aus Linz braucht also aller Wahrscheinlichkeit nach nicht auf die Landesliste zu schielen, auf der sie Platz 10 einnimmt. Zumal ein Listeneinzug nach dem geänderten Wahlrecht, das mit einer Verkleinerung des Bundestages einhergeht, schwieriger geworden ist.
Sicherer Listenplatz
Auf 17 bis 29 Prozent taxiert zweitstimme.org das Abschneiden des SPD-Direktkandidaten Jan Hellinghausen. Dem 34-jährigen Scheuerfelder werden damit zwar die zweitgrößten Chancen eingeräumt, doch auch mit Listenplatz 15 dürfte es der Genosse schwer haben, den Einzug in den Bundestag zu schaffen. Das sieht bei Andreas Bleck (AfD) anders aus. Dem 36-Jährigen, seit 2017 im Bundestag, traut die Plattform bei den Erststimmen 12 bis 23 Prozent zu, was nicht auf einen Direkteinzug hindeutet. Aber mit Platz 3 auf der AfD-Landesliste dürfte ihm auch in der kommenden Legislaturperiode ein Mandat sicher sein.
Davon muss sich Sandra Weeser (FDP) wohl verabschieden. Da sie nicht auf der Landesliste der Liberalen auftaucht, dürfte ihr parlamentarisches Wirken in Berlin nach dem Wahlsonntag enden, auch wenn die FDP den Einzug in den Bundestag schaffen sollte. Bei den Erststimmen sieht sie das Modell bei 3 bis 8 Prozent. Zwischen 5 und 12 Prozent könnte demnach das Erststimmenergebnis des Grünen-Direktkandidaten Thorben Thieme im Wahlkreis liegen. Auch Listenplatz 12 des 22-Jährigen deutet nicht darauf hin, dass der Wahlkreis 196 diesmal durch eine bündnisgrüne Stimme vertreten sein wird.
„Kleine“ sind chancenlos
Bei jeweils 2 bis 5 Prozent finden sich in der Erhebung die beiden Bewerberinnen Julia Eudenbach (Die Linke) und Nalan Özcan (BSW) wieder. Während die 35-jährige Eudenbach keinen Platz auf der Linken-Landesliste hat, ist auch Platz 6 der 33-jährigen Özcan wohl nicht ausreichend, um bei einem Einzug von Bündnis Sahra Wagenknecht ins Parlament persönlich mit Berlin liebäugeln zu können.
Die beiden übrigen Direktbewerber – Carsten Zeuch (Freie Wähler) und René Krämer (Volt), hat das Modell nicht gesondert ausgewiesen – fasst sie zusammen in einer Spanne zwischen 4 und 6 Prozent. Selbst bei einem von den Umfragen her eher unwahrscheinlichen Einzug einer der beiden Gruppierungen in den Bundestag, dürften sowohl der 47-jährige Zeuch (Listenplatz 11) als auch der 28-jährige Krämer (Listenplatz 4) chancenlos sein.
Sehr hohe Wahrscheinlichkeit
Doch wie chancenreich ist es, dass der Bewerber, der das Direktmandat holt, dann auch wirklich im nächsten Bundestag sitzt und nicht wegen eines vergleichsweise geringen Stimmenanteils gestrichen wird, wie es das neue Wahlrecht vorsieht? Hier dürfen die Sorgenfalten laut zweitstimme.org im Wahlkreis 196 eher klein bleiben. Denn diese Wahrscheinlichkeit schätzt das Modell mit 2 Prozent als äußerst gering ein. Aber: Das letzte Wort hat der Wähler, nicht der Wissenschaftler.
Wissenschaftliches Modell berechnet Wahlchancen
Das wissenschaftliche Modell Zweitstimme.org berechnet auf Basis aktueller Umfragen und vergangener Wahlergebnisse den wahrscheinlichen Wahlausgang für jeden Wahlkreis. Das Modell berücksichtigt jedoch keine regionalen Faktoren wie zum Beispiel die Bekanntheit und Beliebtheit der einzelnen Kandidaten. Insofern können die tatsächlichen Ergebnisse am Ende abweichen. tfe