Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft klingen schwerwiegend, allein das Verlesen der Anklageschrift dauert rund eine Viertelstunde. Am Landgericht Koblenz ist eine Frau aus dem Kreis Altenkirchen angeklagt, Mitglied einer Bande gewesen zu sein, die über einen längeren Zeitraum professionell mit Betäubungsmitteln und sogenannten Legal Highs handelte.
Der Prozessauftakt unter Vorsitz von Richter Thomas Metzger zeigte die ganze Dimension des Tatvorwurfs und des Ermittlungsverfahrens auf. Ort des Geschehens ist im Wesentlichen Duisburg, die ursprüngliche Heimatstadt der Angeklagten. Die heute 41-Jährige ist eine von insgesamt acht beschuldigten Personen im Alter zwischen 33 und 64 Jahren: Gegen die sieben Weiteren wurde bereits in gesonderten Verfahren verhandelt, teils liegen rechtskräftige Urteile vor (unter anderem Bewährungsstrafen). In vier Fällen stehen jedoch noch Revisionsverhandlungen an (nach Urteilen mit bis zu sechs Jahren Haft). Dass die Frau erst jetzt vor Gericht steht, erklärt sich unter anderem mit einem Wechsel des Verteidigers und mit Verzögerungen durch die Corona-Pandemie.
Ich dachte, Drogen verkauft man doch nicht im Internet.
Aussage der Angeklagten Sabine B.
Laut Anklageschrift soll die Bande mit ihrem Onlinehandel einen Gesamtumsatz in Millionenhöhe erwirtschaftet haben. Davon wiederum entfiel demnach „ein nicht geringer sechsstelliger Betrag auf die verbotenen Substanzen“. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Kundenkreis mehr als 2500 Personen aus ganz Europa umfasste.
Sabine B. (Name von der Redaktion geändert) nahm in Begleitung ihres Rechtsanwaltes aktiv an der Verhandlung teil und äußerte sich umfassend. Demnach war die verheiratete Mutter zweier Teenager zwar beteiligt an dem arbeitsteiligen Geflecht, nach eigenen Worten allerdings ohne zu ahnen, dass es sich dabei um psycho-aktive Betäubungsmittel und kriminelle Geschäfte handelte. Zum Sortiment gehörten Salze, Liquids und Kräutermischungen. Drahtzieher des Onlinehandels war ihr Onkel, zu dem sie „früher immer ein gutes Verhältnis“ gehabt, jedoch seit dem Polizeizugriff im Dezember 2023 jeglichen Kontakt abgebrochen habe. Auch eine Cousine war beteiligt.
Monatlicher Lohn
Quasi als „Urlaubsvertretung“ für ihren Onkel habe sie, so die Angeklagte, im April/Mai 2017 begonnen und zunächst eine von mehreren Internetseiten betreut (laut Staatsanwältin Susanne Schüler verwendete die mutmaßliche Bande mindestens sieben bis acht einschlägige Webseiten). Freimütig räumte die Angeklagte ein, Bestellungen angenommen und die Lieferungen versandfertig gemacht zu haben, am Computer konnte sie ferner den Warenbestand kontrollieren. Teilweise etikettierte sie auch Tütchen um, nachdem ihr Onkel ihr gesagt habe, es handele sich sowieso um identische Inhalte. Insgesamt sei der Aufwand nicht sehr groß gewesen, sagte die Frau aus. Für ihre Arbeiten erhielt sie monatlich dreistellige Entgelte.
Wie aus den Worten von Richter Metzger hervorging, war das illegale Treiben zu dieser Zeit allerdings längst Polizei und Staatsanwaltschaft aufgefallen. So gehören zu dem groß angelegten Ermittlungsverfahren unter anderem Mitschnitte von Telefonaten. Beispielsweise im November 2023 zeigte sich die Frau in einem Telefongespräch mit ihrem Onkel besorgt darüber, dass die Polizei ihr Haus beobachte. Auf die richterliche Frage, wie sie die Durchsuchungs- und Festnahmeaktion wenige Wochen später erlebt habe, antwortete die 41-Jährige: „Schlimm. Ich war geschockt.“
Prozess wird fortgesetzt
Bevor der erste Verhandlungstag mit der Zeugenvernehmung zweier damals beteiligter Polizeibeamter ausklang, formulierte Richter Metzger sein Ziel, das Verfahren möglichst zügig zu einem Ende zu bringen. Dies sei ganz im Interesse seiner Mandantin, pflichtete der Rechtsanwalt bei: „Es lastet sehr auf ihr.“ Der Prozess wird am Freitag, 6. Dezember, fortgesetzt.