Scharfe Töne der Genossen
Vorwurf der „Misswirtschaft“ im Wissener Stadtrat
Beispielhaft spielte der vor fast 20 Jahren gebaute Wissener Bahnhof, der sich in städtischem Besitz befindet, eine Rolle in der heftigen Diskussion während der jüngsten Stadtratssitzung.
Elmar Hering

Wie viele andere Kommunen steckt auch die Stadt Wissen in einer argen Finanzklemme. Mancherorts entzündet sich an diesem Kern kommunalpolitischer Streit. Im Wissener Stadtrat ging es zuletzt hoch her.

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Insgesamt zehn Tagesordnungspunkte standen auf der Agenda der letzten Wissener Stadtratssitzung vor der Sommerpause. Diese fand am Donnerstagabend im Foyer des Wissener Kulturwerks statt. Die meisten der Beratungspunkte, wie etwa Planungsvorbereitungen zur Oberflächenentwässerung oder die Fortschreibung der Prioritätenliste für den Straßenausbau wurden einmütig beschlossen, aber ein Punkt sorgte dennoch für Zündstoff. Das war die Beschlussfassung zum Nachtragshaushalt 2025.

Während die Fraktionen von CDU, FWG und Grünen den Argumentationen von Bürgermeister Berno Neuhoff folgten, griff die SPD sowohl die Verwaltung als auch den Bürgermeister scharf an. Neuhoff hatte in seinen Erläuterungen vor allem auf die Notwendigkeit einer schnellen Beschlussfassung verwiesen, weil diese bis zum 30. Juni vorliegen müsse, um eine „Steuer für Nichtwohngrundstücke“ in der Stadt einführen zu können.

Deutlicher Widerspruch

Finanzreferent Christoph Schmidt erläuterte in der Folge noch einmal detailliert die Änderungen, die in der Satzung festgelegt sind (insbesondere die Erhöhung der Grundsteuer für nicht bewohnte Gebäude). Die SPD-Fraktion warf Bürgermeister Neuhoff und der Verwaltung eine verspätete Veröffentlichung der Haushaltssatzung im Bürgerinformationssystem (BIS) und den mangelnden Willen zur Ausschöpfung von Sparmöglichkeiten vor. „Dass wir sparen müssen, ist offenkundig, leider hat das Sparen in Wissen an der Sieg schon immer schlecht funktioniert“, sagte André Kraft (SPD) insbesondere mit Blick auf den Regiobahnhof „der unser finanzielles Grab darstellt“.

Kraft sprach in diesem Zusammenhang von Misswirtschaft, was bei den anderen Fraktionen auf deutlichen Widerspruch stieß: „Der Verwaltung Misswirtschaft vorzuwerfen, ist eine Frechheit“, sagte etwa Sebastian Papenfuß (CDU). Seine Fraktionskollegin Karin Salveter sprach davon, dass das Wohl der Stadt Wissen bei allen Beratungen im Vordergrund gestanden habe: „Das klang nicht nach Kooperationsbereitschaft und gemeinsamer Zielsetzung“, sagte sie. Robert Leonards (ebenfalls CDU) fügte an, „dass von Seiten der SPD noch nie ein Vorschlag zu Einsparungen gekommen ist“, während alle anderen Fraktionen immer wieder sämtliche Möglichkeiten zur Einsparung erörtert hätten und dabei gleichzeitig den Blick in die Zukunft der Stadt gerichtet hätten.

„Kritik darf man üben, aber sie sollte im besten Fall konstruktiv sein.“
Karin Kohl (B’90/Grüne) zu den Vorwürfen des SPD-Sprechers.

Dem widersprach Joachim Baldus (SPD): „Wir haben gegen den Kauf des Hauses im Kirchweg gestimmt“, führte er als Beispiel an. Michael Rödder (FWG) appellierte an das gemeinsame Verantwortungsbewusstsein: „Solange ich im Rat bin, wurden alle Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen getroffen“, sagte Rödder, der vor allem aber auch den mangelnden Spielraum für Kommunalpolitiker aufgrund der geltenden Gesetzeslage in Bezug auf finanzielle Entscheidungsmöglichkeiten beklagte: „Eigentlich müssten wir mit Nein stimmen, damit allen klar wird, dass wir am Limit sind“, sagte er.

Karin Kohl (B’90/Die Grünen) kritisierte den scharfen Ton der SPD: „Kritik darf man üben, aber sie sollte im besten Fall konstruktiv sein“, sagte sie. Auch Bürgermeister Berno Neuhoff nahm zu den Vorwürfen Stellung: „Der Bahnhof wurde seinerzeit mit den Stimmen der SPD beschlossen, und wir haben gemeinsam einen Beschluss gefasst, den Bahnhof im Jahre 2031 zu schließen, wenn sich bis dahin keine Verbesserung der Situation einstellt.“ Der Bürgermeister verwies in diesem Zusammenhang auch auf derzeit laufende Gespräche mit der Deutschen Bahn, einen Teil der Unterhaltungskosten zu übernehmen und „Halteentgelte“ für Züge zu zahlen. Die anschließende Abstimmung erbrachte 16 Ja-Stimmen und vier Nein-Stimmen der SPD-Fraktion.

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