Am zu Ehren des Reichsgründers errichteten Wahrzeichen der Kreisstadt wird nach zwei Jahren Pause wieder Bismarckturmfest gefeiert
Vor 100 Jahren eingeweiht: Altenkirchener feiern Fest am Bismarckturm
Die Feuerschale auf der Turmspitze wird noch heute vom Förderverein mit Holz befeuert.
Förderverein Bismarckturm

Altenkirchen. Er ist zweifellos eines der Wahrzeichen der Kreisstadt – und so freuen sich seine Freunde und Förderer über die Gelegenheit, seinen runden Geburtstag ein zweites Mal feiern zu können. Die Rede ist vom Altenkirchener Bismarckturm auf dem Dorn, dessen offizielle Einweihung vor ziemlich genau 100 Jahren, am 21. Mai 1922, zelebriert wurde.

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Das Wetter zum festlichen Anlass war offenbar gut. Einige der – wie im Hintergrund zu erkennen – sehr zahlreichen Besucher der Bismarckturm-Einweihung posierten am 21. Mai 1922 für den Fotografen.
Carl Käppele

In Erinnerung an dieses Ereignis feiert der Förderverein Bismarckturm am Samstag, 11. Juni, das erste Bismarckturmfest nach zwei Absagen aufgrund der Pandemie.

Übersteigerter Bismarckkult

„Wir betreiben keinen Personenkult. Uns geht es um den Erhalt der historischen Stätte“, sagt Ulrich Stope, Vorsitzender des Bismarckturmvereins, der heute auch Betreiber des Historischen Quartiers und Initiator des Gedenkens an frühere jüdische Mitbürger mittels Stolpersteinen ist. Ganz anders dürfte die Motivation beim Vorgängerverein gewesen sein, denn die Initiative zum Bau der Bismarcktürme – 240 von ihnen wurden realisiert – speiste sich aus einer beispiellosen Verehrung für den ersten Kanzler des Deutschen Kaiserreichs. Einen neuen Höhepunkt erreichte sie nach dessen Tod im Jahr 1898, als sich die Deutsche Studentenschaft für eine Kette von in einheitlicher Architektur gestalteten, als „Bismarcksäulen“ bezeichnete Bismarckdenkmale einsetzte – wie in Altenkirchen mit einer Feuerschale an der Spitze. Wird Bismarck als historische Figur von der historischen Forschung heute ambivalent bewertet, so gilt der in den Denkmälern ausgedrückte übersteigerte Bismarckkult spätestens ab der Weimarer Republik als Kennzeichen der antirepublikanischen Rechten. So gehörte in Altenkirchen zu den Gründern des damaligen Vereins die Ortsgruppe des Alldeutschen Verbands, der heute als Sammelbecken der völkischen Bewegung und Vorläufer rechtsradikaler Gruppierungen der Weimarer Republik gilt. mif

Das große Jubiläum des Turms wurde schon einmal begangen – 2014 im Zusammenspiel mit der 700-Jahr-Feier der Stadt Altenkirchen, wie Ulrich Stope vom Förderverein berichtet. Denn der 14 Meter hohe Turm war 1914 bereits fertiggestellt, doch die auf den 1. April 1915, den 100. Geburtstag des Reichsgründers Otto von Bismarck, terminerte Einweihung musste wegen des Ersten Weltkriegs abgesagt werden.

Die Idee zum Bau des Turms war bereits einige Jahre vorher, auf einer Tagung des Westerwaldvereins im Oktober 1909, entstanden. Damit hatte die Welle der Bismarck-Begeisterung, die spätestens mit dessen Tod 1898 weite Kreise der deutschen Gesellschaft erfasst hatte, auch Altenkirchen erreicht. Zehn städtische Vereine beschlossen im Januar 1910 die Gründung eines Bismarckturmvereins. Bereits nach kurzer Zeit hatte der Verein 230 Mitglieder. Dazu wurde ein Aufruf an die Altenkirchener Bevölkerung gestartet, um weitere Spenden für den Bau des Turmes zu erhalten.

Mithilfe dieser Spenden wurde 1912 das Grundstück oberhalb der Stadt, 282 Meter über dem Meeresspiegel, erworben. Der Altenkirchener Baumeister Jakob Becker, Inhaber der damaligen Ziegelei in der Kreisstadt, erhielt den Auftrag, einen Entwurf für den Turm zu erstellen. Zu Bismarcks 99. Geburtstag, am 1. April 1914, wurde der Grundstein gelegt. Am 1. September, der Krieg hatte bereits begonnen, wurde am Vorabend des Sedantages erstmals ein Feuer auf dem fertig gestellten Turm entzündet. Die Baukosten betrugen 14.000 Mark.

Den Zweiten Weltkrieg überstand das Denkmal unbeschadet, doch das Bronzerelief Bismarcks über dem Turmeingang fehlte spätestens 1945. Ob die Bronzetafel für eine Metallsammlung während des Krieges eingeschmolzen oder erst danach von den französischen Besatzungstruppen abmontiert wurde, ist unklar. 1957 wurde angeregt, die Plakette zu ersetzen. Die Stadt beauftragte damit den Mammelzer Bildhauer Helmut-Otto Hoffmann-Schlöndorf. Er schuf ein neues Bismarck-Medaillon, das im Juni 1963 angebracht wurde.

Das Motocrossrennen „Rund um den Bismarckturm“ lockte einst massenhaft Besucher an das Altenkirchener Wahrzeichen.
G. Spahr

In diesen Jahren wurde das Denkmal jährlich Treffpunkt vieler Motorsportfans beim Motocrossrennen „Rund um den Bismarckturm“, das einige Jahre auch für die deutsche Meisterschaft gewertet wurde. Heimische Fans feuerten Lokalmatador Karl-Heinz Müller an, der allerdings seine Hausstrecke nie gewinnen konnte. Danach begann der Niedergang des Altenkirchener Wahrzeichens. 1970 wurde der Turm wegen wiederholter Verunreinigung gesperrt und musste wegen Baufälligkeit 2006 endgültig geschlossen werden.

Die Feuerschale auf der Turmspitze wird noch heute vom Förderverein mit Holz befeuert.
Förderverein Bismarckturm

Am 6. August 2008 wurde der „neue“ Bismarckturmverein Altenkirchen gegründet. Im Mai 2009 hatte der Verein bereits 50 Mitglieder, die sich um Sanierung und Erhalt des Bismarckturms kümmern wollen. Im gleichen Monat gab es vom Land Rheinland-Pfalz eine Finanzzusage über 88.000 Euro zur Sanierung des Turmes, der am 28. August 2010 feierlich wiedereröffnet wurde. Auf seiner Laterne wurde eine neue Feuerschale angebracht. Laut dem Verein ist der Altenkirchener Turm unter den noch bestehenden 146 deutschen Bismarcktürmen der einzige, der noch mit Holz befeuert wird. Beim Bismarckturmfest am Samstag können die Besucher das nach Einbruch der Dunkelheit wieder erleben. red

Feier bis spät in den Abend

Gefeiert wird das Bismarckturmfest am Samstag, 11. Juni, ab 14 Uhr bis spät in den Abend. Am Nachmittag locken ein Regionalmarkt und ein Spieleangebot des Kompa, musikalisch begleitet vom Mehrbachtaler Blasorchester und der Big Band der Kreismusikschule. Später gibt es Blues, Rock und Country von der Band Straight & Dry und Auftritte der Heavenly Force Cheerleaders sowie der Tänzerin Eva Maria Kagermann. Um circa 22 Uhr erfolgt das Entzünden des Feuers auf dem Turm.

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