Er ist erst der zweite Deutsche, der in die Skateboarding Hall of Fame in Kalifornien aufgenommen wurde – und in Kirchen aufwuchs, wo es ihn bis heute immer wieder hinzieht: Titus Dittmann, „der Vater des deutschen Skateboardens“. Geehrt wurde er auf dem Event, das sich für ihn wie ein Klassentreffen anfühlte, für seinen immensen globalen Beitrag zur Entwicklung dieses Sports. Die Zeremonie bezeichnet er als „Hammer“. Dazu muss man wissen, dass Kalifornien den Nabel der weltweiten Skateboardsports darstellt. Die dortige Szene hat er selbst stark beeinflusst.
„Titus ist das beste Beispiel dafür, wie man sich aus dem Nichts ein Lifestyle-Imperium aufbaut, und der einzige deutsche Senior, der peinliche Mützen mit Würde tragen kann“, wie es in einem Vorwort des Journalisten Hajo Schumacher in einem von Titus’ Büchern „Brett für die Welt“ heißt.

Die ersten Skateshops in Europa wurden von ihm gegründet. Und das weltweit bedeutendste Skateboard-Turnier wurde von ihm ins Leben gerufen, das „Münster Monster Mastership“, das weltweit bekannteste Skateturnier, wo unter anderem Kid Rock das erste Mal in Deutschland auftrat.
Er baute ein Familienunternehmen von Münster auf, wo es ihn zum Lehramtsstudium hingezogen hatte: die Titus GmbH, die zu einem der größten Anbieter für Skateboards, Zubehör und Streetwear wuchs – mit zeitweise 100 Millionen Euro Umsatz und 550 Mitarbeitern.
Kirchener Kindheit prägte Titus tief
Und das alles wurde erst möglich durch seine Prägung in Kirchen. Der 76-Jährige sagt selbst: „Ich bin stolz, ein Kirchener Jong zu sein.“ Hier aufgewachsen ist er als Eberhard Dittmann auf dem Brühlhof im, wie er sagt, „allgemeinen Nachkriegsmief Adenauer-Deutschlands“. Die gesellschaftlichen Konventionen und Zwänge ließen wenig Raum für den Eigensinn des jungen Titus. Wie er heute sagt, wurde er von Lehrern als „Loser“ oder „Zappelphilipp“ abgestempelt. „Knüppelhart“ sei die Pädagogik an der Volksschule gewesen.
Noch heute erinnert er sich, wie der Lehrer vor versammelter Klasse sagte: „Wenn aus auch im Leben nichts werden soll, müsst ihr nur so sein wie Titus.“ Das hat bei ihm den extremen Ehrgeiz entwickelt. Das Gefühl, allen zeigen zu müssen, dass sie falschlagen, machte in Kirchen „noch mehr Spaß, als sonst wo“. Er sagt heute, diese Erfahrungen, hätten ihn stärker gemacht und zu dem Menschen, der so viel auf die Beine stellen konnte. Später erkannte er, dass sich so ein Typ nur im Unternehmertum oder durch das Gefühl, für sich selbst verantwortlich zu sein, entwickeln konnte.

Diese negative Erfahrung mit Lehrern verstärkte seinen Wunsch nach Freiheit, die er später im Extremsport wie Drachenfliegen, Snowboarden – wo er Pionier war und „keine Lehrer“ hatte, und schließlich im Fliegen im Alter suchte. Heute steuert er, der vor seiner Unternehmerkarrierre als Studienrat arbeitete, auch regelmäßig den Katzwinkler Flughafen an und besucht sein Elternhaus auf dem Brühlhof, erinnert sich etwa gerne an den ersten Fernseher im väterlichen Geschäft, wo sein Vater einen Elektrohandel betrieb. In der Kindheit erhielt er auch seinen Rufnamen, dem ihm sein Bruder aufgrund seines Haarschnitts gab, der wie bei einem römischen Kaiser aussah.
Später, nachdem er aus dem operativen Geschäft ausgestiegen war, gründete er die Stiftung „skate-aid“, die national wie international humanitäre Kinder- und Jugendprojekte fördert. Das Ziel: „Kinder stark zu machen“. Dabei wird Skateboarding als Mittel genutzt nach dem Motto „Kinder, die skaten, schießen nicht“. Ein zentraler Aspekt dabei: Anstatt die Kinder anzuleiten, gibt man ihnen ein Skateboard und sagt: „Hey, trau dich doch mal was.“
Großes Charity-Event im Freudenberger Technikmuseum
Die Arbeit passt zu seinem Leben, weil Kinder lernen, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen – ganz im Sinne des Mottos der Stiftung „Wir machen Kinder stark“. Zu skate-aid gehören auch Charity-Events. Im September steht wieder eine solche Veranstaltung an, die erneut viel Prominenz für den guten Zweck anziehen wird, und zwar ganz in der Nähe seines Heimatorts: im Freudenberger Technikmuseum.