Facharzt Hubertus Koch kehrt von Charité Berlin zurück an DRK-Kinderklinik in Siegen
Von der Chartité zurück an Siegener Kinderklinik: So können entstellte Gesichter gerettet werden
Klinikgeschäftsführer Carsten Jochum (links) begrüßt Hubertus Koch in der DRK-Kinderklinik Siegen. Der Spezialist für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie kehrt von der Charité Berlin zurück an die DRK-Kinderklinik in Siegen. Foto: Arnd Dickel/DRK-Kinderklinik Siegen
Arnd Dickel/DRK-Kinderklinik Sie

Siegen. Der Facharzt Hubertus Koch kehrt zurück an die DRK-Kinderklinik in Siegen. Wie diese mitteilt, war der Arzt ein Jahr lang an der Berliner Charité tätig. Ab dem 1. August gehört der Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie wieder zum festen Team auf dem Wellersberg.

Koch leitet seit fast 25 Jahren das Kompetenzzentrum für Lippen-, Kiefer-, Gaumen- sowie Nasenfehlbildungen (LKGN) an der DRK-Kinderklinik Siegen. An seiner Seite steht ein interdisziplinäres Team verschiedener Berufsgruppen. Dazu gehören Logopäden, Psychotherapeuten sowie Fachärzte unterschiedlicher Fachrichtungen. „Ziel für mich war und ist die Transformierung von Anatomie, Form und Funktion des fehlgebildeten Gesichts. Das Ergebnis soll dabei der Normalität so nah wie möglich kommen“, sagt Koch. Sein Spezialgebiet sind Fehlbildungen. Die häufigsten davon betreffen Oberlippe, Oberkiefer, Hart- und Segelgaumen, äußere und innere Nase sowie den Rachen – die sogenannte Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (LKG-Spalte).

Über 100 neue Patienten pro Jahr

Pro Jahr stellen sich auf dem Wellersberg laut Angaben der DRK-Kinderklinik mehr als 100 neue Patienten mit dieser angeborenen Fehlbildung vor. Sie kommen aus ganz Deutschland, aber auch darüber hinaus. Das bedeutet mehr als 200 Operationen in zwölf Monaten. „Neben der Charité Berlin gehören wir zu den bedeutendsten Zentren deutschlandweit“, ist sich Koch sicher. „Das ist mit Sicherheit auch auf unsere fast 25-jährige Erfahrung auf diesem Gebiet zurückzuführen. Deutschlandweit haben wir die niedrigste Misserfolgsquote.“

Das Gesicht mit Augen, Mund und Nase verbindet den Menschen mehr mit seiner Umwelt als jeder andere Teil des Körpers. Man erlebt sein Umfeld nicht nur, indem man atmet, trinkt, isst, hört, riecht und sieht. Die Menschen können sich durch Mimik und Sprache auch mitteilen. Diese Funktionen sind an eine normale vorgeburtliche Entwicklung geknüpft. Eine Störung in diesem Bereich kann zu Fehlbildungen des Gesichts führen. Das Kompetenzzentrum für LKGN arbeitet daran, Funktionsstörungen wie Atmen durch die Nase, Ernährung, Hören und Sprechen zu verbessern.

Am Anfang steht das Beratungsgespräch

Moderne Pränatalmedizin macht es möglich, bereits bei Ungeborenen im Mutterleib die LKG-Spalte zu erkennen. Das ist für die Eltern zwar häufig ein Schock und kann die Freude auf den neuen Erdenbürger trüben. Doch bereits hier setzt die Unterstützung der DRK-Kinderklinik an. Alles beginnt mit einem Beratungsgespräch. Besprochen werden die Ursachen, die Auswirkungen sowie der Umfang der Fehlbildung. Ebenso der Ablauf der Behandlung, begonnen mit der gegebenenfalls notwendigen Mund-Nasen-Trennplatte über die chirurgischen Schritte im ersten Lebensjahr und die eventuell notwendigen Eingriffe in den folgenden Jahren. Die erste Operation erfolgt nach dem sechsten Lebensmonat. Die Therapie folgt dem Grundsatz der Korrektur von innen nach außen.

Das heißt: Zunächst werden die Nasenhaupthöhlen und die Mundhöhle gebildet, indem die trennenden Schichten – das Gaumengewölbe, der Kieferkamm und der Nasenboden – nachgeformt werden. Nasenatmung, Saugen, normales Schlucken und ein besseres Hören werden möglich. Die Dauer des Krankenhausaufenthaltes beträgt etwa sieben bis acht Tage. In einer zweiten Operation, die circa acht bis zehn Wochen später ansteht, erfolgt die Ausformung der Lippe, der Nase und des Mundvorhofes. „Letzterer ist bedeutend für die Beweglichkeit der Oberlippe und lässt sich gut ausformen, wenn – wie in der ersten Operation geschehen –, der Kieferfortsatz vom Nasenboden bis zum Zahnfleisch vollständig nachgebildet ist“, geht Koch ins Detail.

Vorgehen in zwei Schritten

Auch dieser Krankenhausaufenthalt dauert etwa sieben Tage. Das Vorgehen in zwei Schritten und das Operieren von innen nach außen unter vollständiger Nachbildung des bedeckenden Weichgewebes führe in mehr als 50 Prozent der Fälle zu einer ausreichenden knöchernen Ausheilung von Kiefer und Gaumen, schreibt die Klinik. So seien oftmals keine weiteren Knochentransplantationen zu einem späteren Zeitpunkt notwendig.

Nach den zwei Operationen, die sich über mehrere Stunden hinwegziehen, sind die entscheidenden chirurgischen Eingriffe abgeschlossen. Das heißt aber nicht, dass das Kind keiner weiteren Behandlung bedarf. Da Kinder, in der Regel noch Säuglinge, am Anfang ihrer Entwicklung behandelt werden, muss nach den Operationen ein jahrelanges Nachsorgeprogramm starten, um die Förderung der Kinder so gut wie möglich und auch über die räumlichen Distanzen hinaus zu steuern. Somit ist die Behandlung eines Kindes mit einer Fehlbildung ein langer Weg, den die Eltern, das Kind und das Behandlungsteam gemeinsam gehen, gehen müssen. red

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