„Seit 2018 sind im gesamten Westerwald etwa 5 Millionen Festmeter Holz geerntet worden, im Kreis Altenkirchen ungefähr 1,4 Millionen.“ Dies sei die Untergrenze, weil noch Zahlen aus dem Großprivatwald hinzukommen, in die die Forstämter keine Einsicht hätten.
„2017, also vor dem Befall, hatten wir im Staatswald in der Fichte einen tatsächlichen Erlös von 75 Euro pro Festmeter. 2020 ist das auf 28 Euro pro Festmeter zurückgegangen. Wenn man das mit der Schadensmenge multipliziert, dann ergeben sich grob 45 bis 50 Euro pro Festmeter an Verlust. Die Aufarbeitungskosten, die man dagegenrechnen muss, sind gleich geblieben, aber es kommen erhebliche Folgeschäden dazu“, erläutert Weber.
„Die Wege sind zum Teil in Grund und Boden gefahren. Da werden im Kreis in den nächsten Jahrzehnten Hunderttausende von Euro für die Instandsetzungsarbeiten erforderlich werden.“ In den Beständen gebe es durch den Maschineneinsatz umständehalber zwar auch die eine oder andere Fahrspur, man habe sich beim Abtransport aus der Fläche allerdings konsequent auf die ausgewiesenen Gassen konzentriert und das Holz auch sauber parallel abgelegt.
Befahrungsschäden jenseits des Waldbereiches (wie zerstörte öffentliche Straßen, ramponierte Häuserecken oder beschädigte Autos) fallen laut Weber nicht in die Zuständigkeit der Waldeigentümer. Hier müssten die Straßenbaulastträger oder die Versicherungen der Schadensverursacher haften.
In Bezug auf die Abholzungsmengen hat Weber konkrete Zahlen. „Zu Beginn der Plage 2018 haben wir im Forstamt Altenkirchen 172.000 Festmeter Holz eingeschlagen, das waren schon 72.000 Festmeter mehr als normal. In diesem Jahr verzeichnen wir jetzt schon die gleiche Menge, und die wird sich weiter steigern.“
Die Schäden des Borkenkäferbefalls sind laut Weber nicht auf den Wald begrenzt. „Die Waldeigentümer haben auch den Motor ihrer Wirtschaft verloren. Im Moment sind die Produktionssubstanz und der Produktionsfaktor für die Zukunft weg und müssen neu geschaffen werden.“ Dies bedürfe intensiver Investitionen, denen keine Einnahmen gegenüberstehen.
„Seit 2018 sind hier rund 50 000 Lkw mit Holz bewegt worden. Wenn man die hintereinander aufstellt, ergibt sich eine Strecke von über 1200 Kilometer, etwa von der dänischen Grenze bis nach Salzburg. Das ist alles über unsere Straßen gegangen.“
Forstamtsleiter Michael Weber mit einer vorläufigen Bilanz für den Kreis Altenkirchen
Bei der Aufforstung sei das Ziel, viel mit Naturverjüngung zu arbeiten. Die Etablierung und das Anwachsen der jungen Bäume seien sehr wichtig. „Aber das ist erst der Beginn eines langen, unter Umständen mühsamen Weges, um wieder Wälder aufzubauen.“ Man bemühe sich seit langem, Mischwälder aus heimischen Arten wie Eiche, Roteiche, Douglasie oder Edelkastanie zu schaffen.
„Diese Mischung muss reguliert werden, und das wird in den nächsten Jahren der Fall sein“, stellt der Forstamtsleiter klar. Es könne ansonsten passieren, dass Mischungsanteile verloren gehen würden. Die Bäume haben laut Weber eine Dynamik, die manchmal auch die eine oder andere Art übermächtig werden lasse. Das gehe zu Lasten erwünschter, weniger durchsetzungsfähiger Arten.
Der Trockenheit begegne man zunehmend mit der Verschiebung der Pflanzungen in den Winter. Wenn der Boden nicht gefroren sei, würden die Wurzeln der Setzlinge genug Wasser vorfinden, um Kontakt zu verschiedenen Pilzen und dem Substrat als solchem herzustellen. Hinsichtlich der Frage, welche Tiere den größten ökologischen Verlust erfahren, muss der Forstmann kurz schmunzeln. „Auf die Stückzahl bezogen der Borkenkäfer. Der hat nichts mehr zu fressen.“
Für Rehe und Wildschweine verbesserten sich dagegen die Bedingungen ebenso wie für Insekten, Schmetterlinge und alle anderen Tiere, die Licht und Wärme brauchen. „Wir können aber nicht abschätzen, welche Gesamtdynamik die Entwicklung für die Lebensgemeinschaften im Wald annehmen wird, zumal die Freiflächen künftig im Sommer viel wärmer und im Winter viel kälter werden“, fügt Weber hinzu.
Auch die Kontinuität von Quellschüttungen sei fraglich, wenn der Wald als Puffer fehle. Deshalb sei die Aufforstung unabdingbar, wenn es auch immer Kritiker hinsichtlich der Sortenwahl gebe. „Wir müssen möglichst schnell eine Vegetation auf die Fläche bringen, damit der Kreislauf, den so eine Waldgesellschaft ausmacht, wieder in Gang gesetzt wird“, so der Forstamtsleiter.
Erstaunlich sei, dass gerade nahe der Schadflächen auch junge, vitale Fichten zu finden wären, die die Plage überlebt hätten. Ganz überstanden sei die Gefahr nicht, aber es gebe Hoffnung. „Ich gehe davon aus, dass sich schon in diesem Sommer die Farbe wieder von braun nach grün verändert“, sagt Michael Weber zuversichtlich.