Alles beginnt mit einer Freundschaft. „Wir kennen uns seit Kindertagen“, erzählt Florian Baldus (43), „seit dem Kindergarten“, fügt Daniel Geldsetzer (44) präzisierend hinzu. Die beiden Unternehmer sitzen entspannt zusammen an einem langen Tisch im Erdgeschoss ihrer Firma Liquisign in Betzdorf-Bruche. Ihr Unternehmen, vor fünf Jahren in ein neues, modernes Firmengebäude am ehemaligen Rangierberg gezogen, feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen.
An Kleiderständern im Besprechungsraum hängen T-Shirts in verschiedenen Farben und Größen – denn in dem mittelständischen Unternehmen dreht sich so gut wie alles um Textilien, um sticken, gestalten, drucken. Personalisierung heißt das Zauberwort. „Wir liefern an namhafte Bundesligavereine Fanschals mit Namenseinstickung der Neumitglieder. Diese werden dann in einem Starterset, zusammen mit der neuen Mitgliedskarte, versendet“, nennt Baldus ein Beispiel.
Schon früh war den beiden klar, dass sie zusammen etwas auf die Beine stellen wollen
Zu den Kunden gehören bekannte Marken wie beispielsweise der FC Bayern München, Engelbert Strauss, Bofrost, DHL Freight und Coca Cola. Mit 85 Mitarbeitern und rund hundert Stickmaschinen ist Liquisign das größte Einkopf-Stickmaschinen-Unternehmen in Deutschland. Man kann ohne Übertreibung von einer Erfolgsgeschichte sprechen, die vor 25 Jahren ihren Anfang nahm. Denn die Freunde Florian und Daniel, „Kinder vom Engelstein“, trafen sich als Ferienjobber, die morgens um sechs Uhr mit dem Fahrrad in den Betrieb radelten. Die beiden 18 und 19 Jahre alten Gymnasiasten fingen unterwegs an, rum zu spinnen – „ob wir nicht irgendwas zusammen machen, auf die Beine stellen können.“ Etwas Kreatives mit Kaufmännischem verbinden, das war der Plan.

Beim Bestücken von Präsentkörben fielen den beiden Weinflaschen in die Hand und irgendwie kamen die beiden auf die Idee, dass diese Flaschen doch origineller aussehen würden, wenn man sie für einen bestimmten Anlass mit entsprechenden Etiketten versehen würde. „Daher stammt auch der Name Liquisign“, erläutert Baldus, sinngemäß für eine Flüssigkeit, die designt und somit quasi aufgewertet wird. Die beiden Freunde bekommen Unterstützung: Mietfrei dürfen sie den ehemaligen Tante-Emma-Laden von Oma Baldus in der Gäulenwaldstraße nutzen, Papa Geldsetzer steuert einen Computer bei und mit je 500 Mark Startkapital legten die beiden „Jung-Unternehmer“ los.
„Es war nicht das Geld verdienen, es war das Gefühl, etwas selbst zu schaffen, das von jemand anderem tatsächlich auch gekauft wird.“
Florian Baldus und Daniel Geldsetzer über ihre Motivation
„Es war nicht das Geld verdienen, es war das Gefühl, etwas selbst zu schaffen, das von jemand anderem tatsächlich auch gekauft wird“, beschreiben sie rückblickend ihre Motivation. Es sei ein tolles Gefühl gewesen, die erste Flasche mit Etikett an den Mann zu bringen. Heute würde man das Ganze als Start-up bezeichnen. Ehrgeiz, Fleiß und Ideen bildeten die Grundlage, auch Mut, etwas zu riskieren und Fehler zu machen. „Wir hatten im Grunde keine Ahnung und kein Geld“, schmunzeln die heute erfolgreichen Profiunternehmer, wenn sie an die Anfangsjahre zurückdenken. Was sie aber hatten, waren Enthusiasmus und Spaß am selbständigen Tun: Die Flaschen waren schon bald Geschichte, Werbetechnik und Beschilderung in Form von Schriftzügen für Schaufenster und Autos waren die weiterführenden Geschäftsideen. „Wir haben viel gemacht, wie zum Beispiel Werbebanner für Kunden auf Messen montiert.“ Sie packen im wahren Sinne des Wortes an.

Mittlerweile studieren beide BWL, um etwas in der Hand zu haben, denn es ist noch nicht ausgemachte Sache, ob aus dem Nebenerwerb mehr wird als ein Hobby. Mit der Anmietung einer Halle in der Friedrichstraße setzt sich das Wachstum fort. Für Sportvereine und kleinere Betriebe werden erste T-Shirts beflockt, Mitarbeiter eingestellt, in Equipment investiert. Die Nähe zur Firma Allround tech zahlt sich aus, Kunden werden akquiriert und Kontakte auch in den heimischen Kneipen geknüpft. Betzdorf ist klein – man kennt sich. Netzwerken nennt sich das heutzutage.
Die Firma wächst stetig
Produzieren ist das eine, der Vertrieb das andere. „Wir mussten um jeden Auftrag kämpfen.“ Die Beharrlichkeit zahlt sich aus. Das junge Unternehmen entwickelt sich „gut und stabil“, größere Kunden garantieren mehr Aufträge. Die Firma expandiert nacheinander gleich an zwei weiteren Standorten in Scheuerfeld und Wallmenroth auf dem ehemaligen Lampertzgelände. Weitere Mitarbeiterinnen werden eingestellt, darunter Frauen, die schon bei Steilmann gearbeitet haben und froh sind „wieder was mit Stoff zu machen.“ Denn die Bestickung und Bedruckung von Textilien hat sich mehr und mehr zum Standbein der Firma entwickelt.

Auf Dauer hätten drei Standorte zu „Reibungen“ geführt, deshalb folgte 2019 der Neubau auf der Brachfläche auf dem ehemaligen Rangierberg. 2020 eingezogen, folgte der Schock: die Pandemie. „Mit Corona war alles tot.“ Doch die beiden Freunde kämpfen. „Man muss nach Möglichkeiten und Lösungen suchen, wo es eigentlich keine gibt“, sagt Geldsetzer mit Blick auf diese für manche Betriebe durchaus existenzbedrohliche Zeit. Widerstandsfähigkeit, neudeutsch Resilienz, war das Gebot der Stunde. Statt Ausrüstung für die darniederliegende Kreuzfahrt- und Tourismusbranche – darunter auch das „Traumschiff“ des ZDF – produzierte das Unternehmen von fast heute auf morgen Schutzanzüge und Masken.
Das 20-jährige Bestehen fällt ins erste Pandemie-Jahr
Dass die Feier zum 20-jährigen Bestehen ausfallen muss, war eher eine Randnotiz. Die beiden Firmenchefs lassen sich was einfallen: Aus Anlass des runden Geburtstags stiften sie in Kooperation mit „Fly & Help“ ein Gebäude für eine Schule in Ruanda. Zur Einweihung 2022 reisen die beiden Freunde nach Afrika. Der ersten Schule in Ruanda folgt zum Firmenjubiläum eine zweite in Namibia. Zur Eröffnung im Oktober dieses Jahres wollen Baldus und Geldsetzer mit ihren Familien nach Afrika fliegen. Diese Stiftungen und soziales Engagement vor Ort sind auch ein Beleg dafür, dass die inzwischen gestandenen Unternehmer bei allem Erfolg bodenständig geblieben sind. Nur in der Werbung für die Firma machen sie – nachzulesen im Internet – „die Welle“ (making waves), maßgeschneidert und wirkungsvoll. Auf Stoff, aus Stoff, so der Slogan.
Im Betrieb haben die Firmengründer zwar unterschiedliche Fachbereiche – „wir teilen uns aber ein Büro.“ Dass die Freundschaft alle Widrigkeiten in 25 Jahren des Unternehmens überstanden hat – „das soll uns erst einmal einer nachmachen“, sagen beide und lachen. Alles begann mit einer Freundschaft und sie ist und bleibt ein zentrales Fundament für die Firma Liquisign in Betzdorf-Bruche.