Die Führung beginnt am Bahnsteig 2. „Heute gibt es hier zwei Bahnsteige, auf denen die Linie RB 90 verkehrt. Außerdem haben wir sieben Bussteige mit 15 Linien und den Park-and-Ride-Parkplatz in der Mitte des Konrad-Adenauer-Platzes mit einer Ladestation für E-Autos“, erklärt Fürst. Vor ungefähr 50 Jahren sah der 1884 gebaute Bahnhof noch ganz anders aus, wie der gebürtige Rimbacher anhand einer Luftbildaufnahme von 1967 demonstriert. „Früher gab es deutlich mehr Fahrradunterstände, da waren mehr Menschen mit dem Drahtesel unterwegs“, so Fürst.
Für einen weiteren Vergleich blendet der Stadtführer eine Postkartenansicht aus dem Jahr 1899 ein. „In der Bahnhofstraße standen damals nur zwei Gebäude, in einem davon praktizierte ein Bader“, erzählt der 53-Jährige. Im weiteren Verlauf der Stadtführung nähert Fürst sich dem Stellwerk Altenkirchen, in dem sich mittlerweile noch zwei DB-Mitarbeiter um den reibungslosen Ablauf des Bahnverkehrs kümmern. „Vor 100 Jahren arbeiteten in Altenkirchen ungefähr 400 bis 500 Menschen für die preußische Bahn. Damit war sie der Arbeitgeber schlechthin in der Region“, erläutert der zertifizierte Natur- und Landschaftsführer.
Die nächste Station auf dem Weg befindet sich links vom Eingang der Fußgängerzone. Dort lassen sich Überreste der alten Stadtmauer erkennen, die einen Meter dick, vier Meter hoch und 800 Meter lang war. Zwischendurch wurde sie durch Türme unterbrochen, die zwischen zwölf und 20 Meter hoch waren. Auf dem Weg zum vor einigen Jahren mit Wasserspielen und Sitzgelegenheiten neu gestalteten Marktplatz erklärt der Stadtführer dessen lange Geschichte. „Seit Altenkirchen gemeinsam mit Hachenburg und Weltersburg im Jahr 1314 das Stadtrecht erhalten hat, finden dort regelmäßig Märkte statt, wie der bekannte Simon-Juda-Markt“, sagt Fürst.
Auch zu der Christuskirche, die erstmalig im Jahr 850 erbaut wurde, kann der freiberufliche Gästeführer viel erzählen. So ist die mehrfach zerstörte und wieder aufgebaute Christuskirche beispielsweise namensgebend für die Stadt Altenkirchen. Besonders spannend ist die Geschichte hinter der zweifachen Erwähnung der Stadt Altenkirchen auf dem Pariser Arc de Triomphe. „Im Jahr 1796, als österreichische Truppen Altenkirchen besetzten, wurde der französische General Marceau oberhalb von Höchstenbach angeschossen und zur Versorgung nach Altenkirchen gebracht, wo er dann verstorben ist. Deshalb befindet sich, kommend von der Champs-Elysées, oben rechts am Arc de Triomphe ein Relief, auf dem die Sterbeszene des hoch angesehen Generals in ‚Altenkirken‘ verzeichnet ist“, berichtet Fürst. Im Bogen ist Altenkirchen dann noch einmal eingemeißelt, um den Sieg über die österreichischen Truppen dort zu verzeichnen.
Neben interessanten Details über die katholische Kirche St. Jakobus bietet Fürst ein umfangreiches Wissen über das „Regierungsviertel“ an, wie die Ansammlung der Gebäude der Verbandsgemeinde, des Amtsgerichts, des Forstamts und der Kreisverwaltung in den 1980er-Jahren in Anlehnung an das Regierungsviertel in Bonn genannt wurden. Mit Blick auf das Kreisständehaus endet die Stadtführung, wie im Titel der Führung bereits angedeutet, nach „einfacher Fahrt“ beim Bahnhof. Denn das Kreisständehaus, heute Sitz der Kreisverwaltung, hätte tatsächlich einmal ein Bahnhof werden sollen, wenn die preußischen Behörden die Pläne im 19. Jahrhundert dazu nicht abgelehnt hätten.