Einstimmige Resolution
Viel Rückenwind für das Siegwehr in Euteneuen
Das Siegwehr in Euteuenen: Muss es abgerissen werden? Oder dringt der Kreistag Altenkirchen mit seiner Resolution für einen Erhalt und die Stromerzeugung durch Wasserkraft durch?
Thomas Leurs

Volle (Wasser-)Kraft voraus: Jetzt hat auch der Kreistag in Altenkirchen eine Resolution verfasst, mit der der Rückbau des Siegwehrs in Euteneuen verhindert werden soll. Und zwar einstimmig. Ob das Ministerin Katrin Eder zum Umdenken veranlasst?

Das Siegwehr in Euteneuen bleibt ein „Zankapfel“ zwischen der Landesregierung und den politischen Gremien und der Bevölkerung vor Ort. Eine breite Mehrheit im AK-Land ist für den Erhalt des Wehrs und die Reaktivierung der Wasserkraftturbine zur Stromerzeugung. Dagegen beharren Mainz und die nachgeordnete Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord auf einen Abriss, der mit 3 Millionen Euro veranschlagt ist.

Wie weit die Positionen von Landes- und Kommunalpolitik auseinanderliegen, machte die Sitzung des Kreistages Altenkirchen am Montag deutlich. Denn einstimmig verabschiedete das Gremium eine Resolution, in der alle Beteiligten aufgefordert werden, aktiv eine Lösung zu finden, welche die berechtigten Belange sowohl des Natur- und Artenschutzes, der Durchgängigkeit des Gewässers als auch der Energiegewinnung durch Wasserkraft berücksichtigt. Landrat Peter Enders soll dem Beschluss nach dieses Ansinnen dem Land übermitteln. Auch die Grünen-Fraktion unterstütze die Resolution und ging damit auf Oppositionskurs zu ihrer „eigenen“ Klimaschutz- und Umweltministerin Katrin Eder in Mainz.

„Ministerin Eder und Ministerpräsident Schweitzer sollen mit dieser Resolution die Chance bekommen, frühere Fehlentscheidungen zu korrigieren und dem Wehr in Euteneuen eine Zukunft zu geben.“
Dirk Eickhoff (CDU)

CDU-Kreistagsmitglied Dirk Eickhoff (Herdorf) warb im Wilhelm-Boden-Saal für die Unterstützung durch das Gremium: „ Ministerin Eder und Ministerpräsident Schweitzer sollen mit dieser Resolution die Chance bekommen, frühere Fehlentscheidungen zu korrigieren und dem Wehr in Euteneuen eine Zukunft zu geben“, begründete er die Resolution aus der Feder der Christdemokraten. Grundlastfähiger Strom könne vor Ort schnell und zuverlässig für Betriebe und Bürger produziert werden. Und das Beste daran: Die nötigen Voraussetzungen seien bereits vorhanden“, so Eickhoff. „Wir können hier sehr einfach einen Beitrag zur Energiewende leisten. Wasserkraft ist die ausgereifteste und älteste erneuerbare Energie der Welt. Sie ist als einzige regenerative Energiequelle dazu in der Lage, eine stabile Stromversorgung sicherzustellen. Im Gegensatz zu Photovoltaik und Windkraft ist sie nicht von witterungsabhängigen Schwankungen betroffen“, argumentiert der CDU-Mann.

Gegenrede(n) gab es keine. „Wir als SPD-Fraktion stehen auf jeden Fall dem Erhalt des Auwaldes und auch der Nutzung der Wasserkraft am Siegwehr in Euteneuen mehr als positiv gegenüber. Beides ist wichtig und notwendig“, betont Steffen Kappes, seines Zeichens auch Ortsbürgermeister von Brachbach. Deshalb hätten auch bereits vor etlichen Monaten, teils Jahren, die Räte der Verbandsgemeinde Kirchen und einiger Anliegerkommunen ähnlich lautende Resolutionen verfasst. „Auch wenn der Kreistag originär für die Thematik nicht zuständig ist, sehen wir dennoch ein Zeichen darin, noch einmal zu unterstreichen, dass die Durchgängigkeit der Sieg und anderweitige ökologische Interessen nicht kollidieren mit dem Erhalt des Wehres, des Auwaldes und der Gewinnung von Wasserkraft an dem Standort“, so der Genosse.

„Wir müssen zeigen, dass Energiewende und Naturschutz sehr wohl zusammenpassen, wenn man es denn will.“
Anna Neuhof (Bündnis 90/Die Grünen)

Auch Anna Neuhof (Bündnis 90/Die Grünen) verweist auf eine ähnlich lautende Resolution des Verbandsgemeinderats in Kirchen. „Wir wollen uns für alles einsetzen, was möglich ist: Das heißt Energiegewinnung, das heißt Durchlässigkeit, das heißt Natur- und Artenschutz und das heißt auch Erhaltung der Restbestände des Auwaldes. Und wenn man von hinten denkt, und das als Ziel definiert, dann muss es möglich sein, mit technischen Möglichkeiten all dies in angemessener Form nebeneinander zu erreichen“, ist die Kirchenerin überzeugt. Sie plädiert dabei für eine pragmatische Herangehensweise. „Wir müssen zeigen, dass Energiewende und Naturschutz sehr wohl zusammenpassen, wenn man es denn will“, so die Grünen-Politikerin.

Blick zurück: Vor zehn Jahren waren die Wasserrechte der damaligen Eigentümer erloschen, wenig später ging das Wehr in den Besitz des Landes Rheinland-Pfalz über. Seit 2017 laufen die Bemühungen um die Wiedererlangung der Wasserrechte, um in Euteneuen wieder Strom produzieren zu können. Die Investoren hatten damals schon zugesagt, eine moderne Fischtreppe zu bauen, scheiterten aber am Widerstand der SGD Nord. Das Argument der Landesbehörde: Durch den Abriss des Wehres könne eine Beeinträchtigung besonders geschützter Arten im Bruch- und Auwald ausgeschlossen werden, sodass keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für den Einfluss auf die Arten in diesem Bereich nötig sei.

Dagegen wird gerade die Beeinträchtigung der Artenvielfalt des Bruch- und Auwaldes von der Interessengemeinschaft zum Erhalt des Siegwehres und zur Gewinnung von Wasserkraft als eines der entscheidenden Argumente gegen den Abriss des Wehres angeführt. „Auch die Untere Naturschutzbehörde teilt diese Bedenken und führt an, dass eine jährliche Überschwemmung nach Abriss des Wehres nicht dazu geeignet wäre, die durch das Wehr verursachte Überstauung zu kompensieren, sodass eine Beeinträchtigung der Arten im Auwald keinesfalls ausgeschlossen werden kann, wie es allerdings die SGD Nord annimmt“, heißt es wörtlich in der aktuellen Begründung der jetzt verabschiedeten Resolution.

Einen Dämpfer hatte die SGD Nord zwischenzeitlich durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts erhalten, das Ende November 2024 die Plangenehmigung für den Abriss des Siegwehres aufgrund eines erheblichen Verfahrensfehlers für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt hatte. Konkret beanstandet hatte das Gericht das Ergebnis der UVP-Vorprüfung für den Bereich des „artenschutzrechtlichen Fachbeitrags“. Daraus lasse sich nicht eindeutig entnehmen, ob besonders oder streng geschützte Tier- und Pflanzenarten mit starker Bindung an Stillgewässer möglicherweise in relevanter Weise betroffen seien. Wahrscheinlich wird noch einiges Wasser die Sieg hinunterfließen, bis es eine abschließende Entscheidung gibt.

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