Immerhin, 6 der 13 Anklagepunkte wurden eingestellt. Einige wegen Geringfügigkeit, andere, weil er sie offenbar tatsächlich nicht begangen hatte. „In Betzdorf passiert wohl eine ganze Menge, das kann man aber nicht alles unserem Angeklagten anlasten“, stellte Richterin Werner trocken fest.
Übrig blieben das Umtreten mehrerer sogenannter Passantenstopper, also Werbeaufsteller im April 2022, ein Flaschenwurf auf einen geparkten Lkw im Juni, bei dem der Fahrer leicht verletzt wurde, der zweifache Wurf mit einem zwei bis drei Kilogramm schweren Pflasterstein auf einen Mann und sein brandneues Fahrrad im Juli und, schon im Mai 22, zwei Steinwürfe auf fahrende Autos in Alsdorf. Es entstand jeweils erheblicher Sachschaden.
„Sie sind unkontrollierbar in diesem Zustand, Sie sind immer noch gefährlich. Lassen Sie sich bitte helfen.“
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft appelliert an den Angeklagten.
Der Angeklagte hatte die Taten zugegeben, über deren Grund aber konnte er nichts sagen. Auch die Chance einer Entschuldigung bei den Geschädigten nutzte er nicht. Er litt zur Tatzeit unter einer Psychose. Dadurch hörte er beleidigende Stimmen und litt unter einer Form von Verfolgungswahn. Bedroht fühlte er sich dabei, wie er aussagte, „von den Juden und von der Polizei“. Daraus folgte auch, dass mindestens zwei seiner Angriffe die Frage „Bist du Jude?“ vorausging. Derzeit hat er eigenen Angaben nach keinerlei Symptome mehr, was allerdings auch nicht verwunderlich ist, denn er wurde schon in der JVA Koblenz und erst recht nun in der Klinik Nette-Gut mit entsprechenden Medikamenten behandelt.
Der forensisch-psychiatrische Sachverständige von der Universität Mainz machte in seinem Gutachten deutlich, dass der 27-Jährige während seiner Taten schuldunfähig war. Daher war er im Sinne des Gesetzes freizusprechen. Es blieb aber die wesentliche Frage, was im Anschluss mit ihm zu geschehen habe. Die Möglichkeiten des Sachverständigen waren eingeschränkt.
Da der Angeklagte von seinem guten Recht Gebrauch gemacht hatte, ihn bisher behandelnde Ärzte nicht von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, konnte der Psychiater nur die Wahrscheinlichkeit einer paranoiden Schizophrenie annehmen. Nach Sachlage aber diagnostizierte er als sicher eine drogenindizierte Psychose. Diese könnte, formulierte er, bei dauerhafter Drogenabstinenz verschwinden. Somit blieb ihm die Empfehlung der Unterbringung des Mannes in einer Entziehungsanstalt übrig.
Dem widersprach Verteidiger Daniel Walker vehement. Sein Mandant sei keinesfalls gewillt, an einer Therapiemaßnahme teilzunehmen, somit sei eine Erfolgsaussicht der Maßnahme von vornherein nicht gegeben, erklärte der Jurist am letzten Prozesstag.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah das anders. „Wenn der Angeklagte den Gerichtssaal verlässt, erwartet ihn keine Perspektive. Wenn er wieder Drogen konsumiert, wird er auch wieder Straftaten begehen. Da können auch Mutter und Großmutter nicht helfen, da müssen Fachleute ran“, versuchte sie dem 27-Jährigen begreiflich zu machen. „Sie sind unkontrollierbar in diesem Zustand, Sie sind immer noch gefährlich. Lassen Sie sich bitte helfen“, fügte sie an.
Mit der Anordnung der Unterbringung folgte das Gericht diesem Appell. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.