Deutscher Mühlentag am 9. Juni
Unterschiede machten Mühlen im Kreis Altenkirchen aus
Die alte Ölmühle bei Neitersen zur Winterzeit in den 1920er Jahren.
Archiv Manfred Hermann

Heimatforscher Manfred Hermann blickt zum Deutschen Mühlentag auf die Mühlengeschichte im Kreis Altenkirchen. Faszinierend: Auf kurzer Strecke zwischen Hamm und Neitersen befanden sich früher vier völlig unterschiedliche Mühlensysteme. Ein Rückblick.

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Der jährlich am Pfingstmontag stattfindende Deutsche Mühlentag ist ein Aktionstag rund um das Mühlenwesen in Deutschland, den die Gesellschaft für Mühlenkunde zusammen mit dem Denkmalschutz ins Leben gerufen hat. Ziel des Mühlentags ist es, der Bevölkerung die Mühlentechnik wieder näher zu bringen. Am Mühlentag werden bundesweit über 1000 Wind- und Wassermühlen für Besichtigungen und Führungen geöffnet. Bunte Rahmenprogramme begleiten die Aktivitäten, die von Hunderttausenden Besuchern angenommen werden.

Die fromme Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute!“ Hängt nicht zuletzt vom Müller und seinem Einsatz in der Getreidemühle ab. Bereits die Steinzeitmenschen zerrieben per Hand ihren Emmer oder Einkorn zwischen zwei Steinen – nach Möglichkeit aus grober Zähbasaltlava – zu mehlartigen Lebensmitteln. Später benutzte man von Zugtieren bewegte sogenannte Göbel, um damit eine Reibung zwischen zwei mühlsteinartigen Gesteinsstücken zu erzeugen, ehe das Mittelalter hier die Wasserkraft zur Anwendung brachte. Reichte der Wasserzulauf nicht, um das Mühlrad zu drehen, musste ein Mühlenteich angelegt werden, der das Wasser über einen Zeitraum, oder des Nachts, aufstaute. Solche Mühlenteiche nutzte man auch schon mal zur Fischzucht oder als „Badeanstalt.“

Ein allmählich in Auflösung begriffenes Mühlrad an der früheren Getreidemühle in Oberirsen/Rimbach.
Archiv Manfred Hermann

Zahlreiche dieser Mühlen erklärte man in früheren Tagen behördlicherseits zu sogenannten „Bannmühlen.“ Das bedeutete, dass die Bewohner einzelner oder mehrerer Ortschaften aus einer Region in einer vorgegebenen Mühle mahlen lassen mussten. Sie waren an diese Mühle „gebannt“, was nicht immer zu allseitiger Zufriedenheit ablief. Über einen längeren Zeitraum hinweg, waren im Altenkirchener Unterkreis vollkommen unterschiedlich aufgebaute Mühlenausführungen in Aktion. Es handelte sich zum Beispiel um die im Seelbachtal zwischen Hamm und Breitscheidt angesiedelte Pulvermühle.

Sie war von 1791 bis 1945 in erster Linie in der Schwarzpulverherstellung im Mahl- und Stampfverfahren aktiv. Nach dem Ende des II. Weltkriegs musste die Produktion natürlich eingestellt werden und die französische Besatzungsmacht verfügte die Sprengung der Herstellungsanlagen. Riesige Betontrümmerberge belegen heute noch die damaligen Eingriffe.

Dieser Bretterverschlag in der hinteren Mühlengasse in Altenkirchen, beherbergte ehemals eine Lohmühlenanlage.
Archiv Manfred Hermann

In Altenkirchen geht es um Lohmühlenstandorte in der Stadt. Man spricht von zwei Anlagen dieser Art. Einmal an der Kumpstraße und einmal in der hinteren Mühlengasse. Eine Abzweigung an der Kumpstraße wird auch heute noch im Offiziellen als „Lohmühlenweg“ bezeichnet. In einer Lohmühle kam es zum Zerkleinern von Eichenrinden – in Ausnahmefällen auch zu Fichtenrinden – in sogenannten Glockenmahlwerken. Die so entstandene Feinmasse kam bei der Gerbung von Viehhäuten zu Leder zum Einsatz, wobei eine außergewöhnliche Geruchsbelästigung zu verzeichnen gewesen sein soll.

Ohne Frage, zu den am weitesten verbreiteten Mühlenbetrieben zählte man die Getreidemühlen. Sie waren praktisch über das ganze Land verteilt, wie auch in Oberirsen/Rimbach im Irsertal, wo ebenfalls eine solche Anlage bestand. Dieser war noch ein größerer, vom Scharfenbach gespeister Mühlenteich angefügt, in dem sich, so gut wie immer, Forellen in bedeutender Anzahl und Größe tummelten. Die von hier nicht weit entfernte Ortschaft Ölsen war früher an diese Mühle gebannt. Das bedeutete – wie wir uns erinnern – dass die Ölsener Bewohnerschaft ihr Getreide in der Rimbacher Mühle mahlen lassen musste. Die Wege dorthin waren in einem katastrophalen Zustand und kaum noch zu nutzen. Deshalb befuhr man hin und wieder mit den Fuhrwerken rechtswidrig die angrenzenden Felder- und Wiesengrundstücke, was nicht selten zu Streit mit den Grundeigentümern bis hin zu Handgreiflichkeiten führen konnte.

Auch der Sprengung zum Opfer gefallen: Ein ehemaliger Eingang von vielen an der Hammer Pulvermühle.
Archiv Manfred Hermann

Die infolge zahlreicher geschmackvoller Zeichnungen und eindrucksvoller Fotografien bekannte alte Ölmühle bei Neitersen, stellt im heimatgeschichtlichen Bereich eine Besonderheit dar. Das in Fachwerk gehaltene Gebäude mit dem markanten Strohdach, kann augenscheinlich auf ein gehöriges Alter zurückblicken. In Ölmühlen konnten Ölfrüchte, wie zum Beispiel Rapskörner, mittels Rundläufersteins zerquetscht werden, was nach weiteren Arbeitsschritten zur Speiseölerzeugung führte.

Die hier im einzelnen vorgestellten Mühlenbetriebe sind längst nicht mehr präsent. Das industrielle Zeitalter hat auch an dieser Stelle den Zuschlag erhalten. Volt und Watt bestimmen weitgehend den Tagesablauf. Klappert sie noch die Mühle am rauschenden Bach? Ja, aber es kann dauern, bis eine unweigerlich zeitintensive Suche in dieser Angelegenheit zum Erfolg führen wird – wenn überhaupt! Meist sind es lediglich Restbestände, denen wir in einstigen ländlich bezogenen Wassermühlenbereichen begegnen können. Hier ein verlandeter Mühlenteich, da ein verschlissener Mühlstein, manchmal an einem Freisitz zur Tischplatte degradiert. Dort schaut ein von Starkrost befallenes Mühlradfragment aus einer Brennesselkolonie. Daneben mittlerweile schwärzlich angelaufene Resthölzer einer ehemaligen Bachsperre. Es verstärkt sich der Eindruck, als wäre mit der Mühlentradition, auch ein ganzer Kulturzweig gegangen.

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