Medizinische Versorgung
Übernimmt Diakonie Kliniken in Kirchen und Hachenburg?
Die Diakonie in Südwestfalen scheint an einer Übernahme der derzeitigen DRK-Klinikstandorte in Kirchen, Altenkirchen und Hachenburg interessiert zu sein.
Daniel-D. Pirker

Die Zukunft der Krankenhäuser der insolventen DRK-Krankenhausgesellschaft – unter anderem das in Kirchen – beschäftigt die Region: Wie soll die medizinische Versorgung künftig gewährleistet sein? Die Diakonie in Südwestfalen zeigt Interesse.

Übernimmt die Diakonie in Südwestfalen die derzeitigen DRK-Klinikstandorte in Kirchen, Altenkirchen und Hachenburg? Vor Kurzem hatten unsere Zeitung Hinweise erreicht, dass sich eine Abordnung aus dem Siegerland, inklusive eines Architekten, ein Bild vor Ort in den Gebäuden verschaffe. Nun bestätigt Pressesprecher Stefan Nitz auf unsere Anfrage, dass die Diakonie in Südwestfalen tatsächlich mit dem Insolvenzverwalter in Kontakt stünde. Außerdem schreibt er in seiner Antwort: „In der vergangenen Woche haben wir uns an den Standorten Altenkirchen, Hachenburg und Kirchen einen ersten Eindruck verschafft.“

Sollte es zu einer Übernahme der drei Häuser der insolventen DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz kommen, wären zwei Fragen, die derzeit den politischen Raum beherrschen, geklärt: Erstens stünde fest, dass der Kelch der Trägerübernahme am Kreis Altenkirchen vorbeigeht. Zweitens herrschte Klarheit, dass ein und derselbe Träger die Häuser Kirchen und Hachenburg führt.

Millionenforderungen der Zusatzversorgungskasse Hauptgrund für Insolvenz

Dass das Land außen vor ist, hat Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) bei diversen Gelegenheiten klargestellt und auf die Verantwortung des Kreises hingewiesen. Die zum DRK-Landesverband gehörende Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz war nach einer erfolgreich überstandenen Insolvenz in diesem Winter in eine zweite geschlittert, diesmal nicht in Eigenverantwortung. Die Kliniken sähen sich Millionenforderungen der Rheinischen Zusatzversorgungskasse (RZVK) gegenüber und könnten deshalb die Verpflichtungen auf betriebliche Altersversorgung gegenüber einem Teil ihrer Belegschaft nicht erfüllen, nannte die DRK-Trägergesellschaft damals als Hauptursache.

Vor diesem Hintergrund dürften Interessenten für die Trägerschaft der Häuser, deren Mitarbeiter bei der RZVK versichert sind, nicht Schlange stehen. Betroffen sind in der Region Kirchen, Altenkirchen und Neuwied. Die Beschäftigten in Alzey und Hachenburg sind nicht bei der RZVK versichert, allerdings in der gleichen Gesellschaft organisiert. Auch deswegen hielten sich lange Gerüchte, dass die Häuser von unterschiedlichen Trägern übernommen werden könnten. Die Diakonie in Südwestfalen als Interessent lag hier durchaus nahe, wenn auch aufgrund der räumlichen Nähe mit Konzentration auf das Kirchener Krankenhaus.

Steht wegen seiner Doppelrolle als Diakonie-Geschäfsführer und CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag in der Kritik: Josef Rosenbauer.
Josef Rosenbauer/privat

Das offenbar handfeste Interesse der Diakonie muss den Kreis Altenkirchen nicht davon abhalten, selbst in den wahrscheinlich überschaubaren Bieterwettbewerb einzusteigen und ein Angebot zur Übernahme abzugeben. Genau das fordert der Landesverband der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in einer aktuellen Pressemitteilung. Und wie daraus ebenso hervorgeht, wird eine Person ins Fadenkreuz genommen, die bei einer Übernahme durch die Diakonie eine Schlüsselrolle einnehmen würde: Josef Rosenbauer. Der ist neben seinem Hauptberuf als Geschäftsführer der Diakonie auch Vorsitzender der CDU-Fraktion im Altenkirchener Kreistag. Verdi schreibt, dass die CDU-Fraktion und insbesondere Rosenbauer eine Interessensbekundung beziehungsweise die Übernahme durch den Kreis vehement abgelehnt und verhindert habe. Deshalb fordert der Leiter des Verdi-Landes-Fachbereichs Gesundheit, Frank Hutmacher, den Kreistag zusätzlich auf, sich zu einem möglichen Interessenskonflikt Rosenbauers zu äußern.

Landrat Peter Enders will die Anwürfe und Forderungen der Gewerkschaft nicht gelten lassen. „Man kann es drehen und wenden, wie man will, weiterhin gilt auch noch am heutigen Tag: Es gibt in den Kreisgremien keine erkennbare Mehrheit für den Schritt, ein Angebot für die Übernahme der Krankenhäuser abzugeben. Der Ball liegt bis auf Weiteres im Feld des Insolvenzverwalters und des Landes Rheinland-Pfalz, auch die Kreisverwaltung weiß nicht, wer ein Angebot abgegeben hat“, so der Chef des Kreishauses auf Anfrage unserer Zeitung. Auch dass andere Kreise Angebote machen, sei ihm nicht bekannt.

„Wenn es keinen Bieter geben sollte, wird sich der Kreis Altenkirchen seiner Verantwortung stellen.“
Landrat Enders zu der Forderung von Verdi.

Klar ist laut Enders ebenso: „Wenn es keinen Bieter geben sollte, wird sich der Kreis Altenkirchen seiner Verantwortung stellen. Das ist Konsens.“ Mit Blick auf die Person des CDU-Fraktionschefs Josef Rosenbauer ergänzt Enders: „Was mögliche Interessenkonflikte von handelnden Akteuren angeht, hat unsere Zentralabteilung bereits schriftlich diejenigen Kreistagsmitglieder informiert, bei denen dies der Fall sein kann. Sie können dann gegebenenfalls nicht an den entsprechenden Beratungen und Entscheidungen teilnehmen.“

Unsere Zeitung hat die Diakonie auch zum von Verdi aufgeworfenen möglichen Interessenskonflikt ihres Geschäftsführers gefragt. Allerdings wird darauf in der Antwort nicht explizit eingegangen. Derweil kommt vom Landesverband der Linkspartei Rückendeckung für Verdi.

„Würde mich raushalten und vertreten lassen.“
Der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende im Altenkirchener Kreistag, Bernd Becker, über einen möglichen Interessenskonflikt von Josef Rosenbauer.

„Es ist ein handfester Skandal, dass die CDU eher blockiert, als eine gemeinwohlorientierte Lösung für die Kliniken und die Patientinnen und Patienten zu ermöglichen,“ so Julia-C. Stange, Schriftführerin im Landesvorstand. Rosenbauer blockiere eine kommunale Übernahme, während die Diakonie in Südwestfalen – unter seiner Geschäftsführung – Interesse zeige. Hier muss geklärt werden, ob wirtschaftliche Eigeninteressen auf Kosten der Gesundheitsversorgung aller eine Rolle spielen“, so Stange weiter, die für ihre Partei Stellungnahmen der CDU und Rosenbauer einfordert. Und der ehemalige Fraktionsvorsitzende der SPD im Kreistag, Bernd Becker, schreibt in einem öffentlichen Facebook-Beitrag: „Ich würde jedenfalls in der Situation – als potenzieller Mitbewerber und CDU-Fraktionsvorsitzender in Personalunion – nicht Wortführer der Fraktion sein. Würde mich raushalten und vertreten lassen.“

Top-News aus der Region