Betzdorf – Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck soll die Sache rund um den Überfall auf eine türkische Familie in Betzdorf an sich ziehen. Das fordert Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Deutschland (TGD). Ein Zusammenschluss aller Gemeinden im Land. Kolat fordert Beck auf, die infrage kommenden Polizeibeamten zu suspendieren, die Familie zu besuchen und für deren Sicherheit zu sorgen.
Am Freitag, 24. August, war die Familie nach ihren Angaben im Bereich der Oehndorf in Betzdorf in ihrem Haus von zwei Personen, bewaffnet mit Eisenstange und Pistole, überfallen worden. Die Polizei traf den Familienvater mit einem Messer in der Hand an. Die beiden Täter waren, so die Familie, bereits geflüchtet. Die Polizei nahm den Vater mit aufs Revier.
„Haben denn die Politik und die Polizei nichts aus der NSU-Mordserie gelernt?“, fragt Kolat als Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland in einem Brief an Ministerpräsident Beck. Kolat sprach mit dem Familienvater. Aus seinen Erzählungen folgerte er, dass die Familie Korkusuz große Angst um ihr Leben hat. Kolat sagt: „Ich war erschrocken, als er mir erzählte, dass seine Kinder abends vor Angst zittern und die gesamte Familie sich nicht mehr sicher fühlt. Als ich die Familie fragte, was sie von uns wünschen, war die Antwort: Die Sicherheit meiner Familie!“
„Der Fall zeigt, dass die Polizei bis heute keine Lehren aus den NSU-Morden gezogen habe und mit Vorurteilen beladen sofort eine Familienfehde vermutet hat“, erklärte Kolat. Falls die Familie wieder angegriffen würde, dann wäre die Landesregierung dafür verantwortlich, so der Bundesvorsitzende. Auch dieser Fall zeige, dass der institutionelle Rassismus in Teilen der Behörden vorhanden sei, so Kolat.
An dem Freitagabend, ist sich die türkische Familie sicher, wurde der Notarzt für die Kinder von der Polizei abbestellt. Ein Bruder des überfallenen Familienvaters hatte den Arzt gerufen, der dann nicht kam. „Die Polizei hat ihn abbestellt“, sagt Dr. Korkusuz (Frankfurt). Das gehe wohl aus Aufnahmen hervor. Auf die 25 000 Euro, die die Familie für Hinweise zur Verfügung stellt, gibt es noch keine Reaktionen. Andreas Neuser