Von unserer Mitarbeiterin Kerstin Perkert
Die Einlassung des Beschuldigten vor Gericht erwies sich als schwierig. Immer wieder berichtete dieser von zusammenhangslosen Sachverhalten, von allen möglichen Strafanzeigen, die er erstattet habe und steigerte sich zunehmend in Verschwörungstheorien gegen ihn hinein. Zu dem Vorfall am 31. Mai dieses Jahres sagte er aber klar vernehmlich, dass er in Notwehr gehandelt habe, da sein Kontrahent ihm „den Schädel einschlagen wollte“.
Die Staatsanwaltschaft und der 46-jährige Geschädigte beschrieben den Vorfall jedoch anders. Demnach ist es an diesem Tag auf dem Parkplatz des Rewe-Marktes in Wissen so verlaufen, dass der Angeklagte den 46-Jährigen grundlos beschimpfte und schließlich mit einem Rasiermesser und mit seinem vermeintlich aggressiven Hund bedrohte. Als weitere Augenzeugen bereits die Polizei gerufen hatten, folgte der Geschädigte seinem Angreifer, um endlich dessen Namen zu erfahren. Im Vorfeld soll es nämlich bereits verbale Beschimpfungen seitens des Angeklagten gegeben haben, der den 46-Jährigen unter anderem als „Massenmörder“ oder jetzt vor Gericht als „Inzucht-Junge“ beleidigte.
Nach der Parkplatzsituation sei es dann auf der angrenzenden Straße im Nachgang dazu gekommen, dass der Angeklagte mit dem Messer in Richtung Hals des Opfers gezielt haben soll. Da er zurückwich, erlitt der 46-Jährige lediglich oberflächliche Schnitte auf der Brust, wobei auch sein T-Shirt zerschnitten wurde. Der Angeklagte unterbrach während der Verhandlung mehrmals die Zeugen und weitere Verfahrensbeteiligte.
Der 56-Jährige ist seit Juli dieses Jahres in der forensischen Klinik Nette-Gut untergebracht. Sein behandelnder Arzt erzählte, dass der Angeklagte sich habe nicht untersuchen lassen und auch keine Medikation zuließ. Er sei auf der psychiatrischen Station aber eher unauffällig, wenngleich er keinerlei Krankheits- oder Delikteinsicht zeige. Deutlich wäre auch sein Verfolgungswahn, weshalb diagnostisch von einer paranoiden Schizophrenie ausgegangen wird.
Dem stimmte auch Sachverständiger Dr. Stefan Elsner aus der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach zu. Bleibe eine solche Psychose unbehandelt, bestünde auch durchaus Wiederholungsgefahr solcher Delikte. Den Sachverständigen bezeichnete der Angeklagte sogar als „wahnsinnig“ und dessen Ausführungen als „Spinnereien“. Elsner führte weiter aus, dass der 56-Jährige aufgrund seiner krankhaften seelischen Störung schuldunfähig und dass aus seiner Sicht eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik mit entsprechender Medikation dringend notwendig sei.
Der Mann wurde schließlich wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen, wenngleich der Tathergang als bewiesen gilt. Weiterhin wurde die Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.