„Das ist ein ungewohntes Gefühl“, sagt der Richter am Landgericht Koblenz zum Schluss der Verhandlung. „Wir verhandeln hier selten ohne Haft.“ Die Kammer hat eben den 63-jährigen Rolf K. (Name geändert) aus dem Kreis Altenkirchen zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Richter sieht es als erwiesen an, dass sich der Mann des teils schweren sexuellen Missbrauchs an seinen beiden Töchtern schuldig gemacht hat. Zwei Jahre sind die Maximalstrafe, die eine Person erhalten kann, ohne deswegen ins Gefängnis zu müssen.
Damit endet der Prozess, der ursprünglich auf drei Verhandlungstage angesetzt war, bereits am zweiten. Grund dafür ist das für die Staatsanwaltschaft und den Richter doch überraschende schnelle Geständnis des Angeklagten. Alle ihm zum Vorwurf gemachten Angaben der Töchter gibt er unumwunden zu. So habe er seine beiden Töchter (Jahrgang 1991 und 2001) im Kindes- und Jugendalter über einen Zeitraum von zehn Jahren immer wieder sexuell missbraucht.
Mädchen zu seinen Sexspielzeugen gemacht
Über diesen Zeitraum sind je eine seiner Töchter, die verschiedene Mütter haben, regelmäßig an den Wochenenden bei ihrem Vater gewesen. Doch seinen Pflichten als Vater ist er seinen Kindern gegenüber dort nicht nachgekommen, wie der Richter feststellt. Er sei ein Vater gewesen, der in seiner Vaterrolle versagt habe. Er habe diese Rolle nicht ausgefüllt und damit seine Töchter enttäuscht. Viel schlimmer noch: Er sei ein Vater, der seine Töchter zu seinen Sexspielzeugen gemacht habe, so der Richter.
Das bringt es mit sich, dass die Kammer feststellen muss, wie die heutige Verfassung der beiden mittlerweile erwachsenen Frauen ist. In der Befragung, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat, seien die beiden laut Richter „sehr eingeschränkt vernommen“ worden. Es ist dabei vor allem darum gegangen zu fragen, ob die Angaben, die beide im Jahr 2019 bei der Polizei gemacht hatten, wahr sind. Auch das reicht dem Richter, um festzustellen, dass es sich bei den jungen Frauen um zwei „zutiefst traumatisierte, für ihr Leben gezeichnete Personen“ handele. „Beide sind offensichtlich von ihrem Vater immer noch emotional abhängig“, stellt der Richter fest. Das gebe dem Fall ein ganz besonders Gepräge.
Kinderpornografisches Material nicht mehr Teil der Verhandlung
Die Bestrafung des Vaters wegen des Besitzes kinderpornografischen Materials wird eingestellt. Rolf K. hatte von einer seiner Töchter ein Bild gemacht und auch ein Video, auf dem sie unbekleidet war. Ersteres hat er nach eigener Aussage sofort gelöscht, das Video zwei Tage später. Die Tochter gibt am ersten Verhandlungstag hingegen an, sie selbst habe das Video kurze Zeit später vom Handy ihres Vaters gelöscht. Weil dieser Straftatbestand des Besitzes dieser Medien neben den anderen Taten nicht mehr besonders ins Gewicht fällt, sind diese Punkte von der Strafverfolgung ausgenommen worden.
Die Kammer verurteilt Rolf K. neben der Bewährungsstrafe, Schmerzensgeld an seine beiden Töchter zu zahlen, 3500 Euro an die ältere Tochter, 8000 Euro an die jüngere. Dass er 2000 Euro bereits am zweiten Verhandlungstag den die beiden Töchter vertretenden Anwältinnen übergibt, dürfte ebenfalls dazu beigetragen haben, dass der Vater um eine Gefängnisstrafe herumkommt.
Töchter richten über ihre Anwältinnen Wunsch an den Vater
Doch will er auch dem ausdrücklichen Wunsch der Töchter entsprechen, dass ihr Vater eine Therapie beginnt. Am ersten Verhandlungstag hatte Rolf K. dies zumindest fürs Erste abgelehnt, da er sich erst um seinen Alkoholismus kümmern müsse. Dies bezeichnet der Richter am Ende des zweiten Verhandlungstages als Ausrede. Die Bewährungsdauer beläuft sich bei dem Vater auf vier Jahre. In diesem Zeitraum muss er sich in Behandlung begeben. Denn „die Taten beruhen auf einer therapiebedürftigen Neigung“, wie der Richter sagt.
Die Verurteilung auf Bewährung solle Rolf K. als Warnung verstehen. Auch wenn diese einige Härten für den Angeklagten mit sich bringen werde. Durch gute Führung könne er sich einen Straferlass damit verdienen.