Für die Baustelle in der Holschbacher Straße in Wissen hat vor einiger Zeit die zweite Phase begonnen. Zum Einsatz kommt dort unter anderem ein modernes und nachhaltiges Tiefbausystem.
Ein Bagger bringt eine besondere Mischung in einen an der K66 ausgehobenen Graben ein. Zuvor wurde diese in einer speziellen Schaufel mit einem Rührwerk, ähnlich dem in Betonmischmaschinen, einige Minuten lang vorbereitet. Die hochwertigen Polypropylen-Rohre, die sich am Boden des Grabens befinden, soind mit Sandsäcken unterlegt. Diese Maßnahme ist laut Sebastian Träger, Abteilungsleiter Abwasser bei der Stadt Wissen notwendig, damit der Flüssigboden aus Erde, Wasser und Compound diese vollständig ummanteln kann.

„Das ist zwar etwas teurer als die alte Methode, bei der die Rohre in Sand und Splitt gelegt wurden“, sagt Dirk Baier von den Stadtwerken Wissen, „aber dafür hält sie doppelt so lang und alles ist absolut dicht.“ Sebastian Träger beziffert die Mehrkosten auf etwa 10 bis 15 Prozent. Ein geringer Aufpreis, wenn die Nachhaltigkeit bedacht wird. Denn erstens wird die Lebensdauer entscheidend verlängert und zweitens verringern sich die beim Tiefbau anfallenden Belastungen deutlich. „Früher musste man das alles mit einer Rüttelplatte verdichten, das ist jetzt nicht mehr notwendig“, sagt Rainer Stricker, Techniker bei den Verbandsgemeindewerken, und verweist auf die Vermeidung von Lärmemissionen, Erschütterungsschäden an Häusern und den Wegfall von Transporten.
Denn einerseits muss kein Abraum mehr zu Deponien gebracht, andererseits auch kein Füllmaterial von Lagern geholt werden, da der Aushub direkt wiederverwendet wird: im Idealfall also eine Plus-Minus-Null-Rechnung.

In einem Geolabor wird die Beschaffenheit des Bodens untersucht und aufgrund der Ergebnisse erstellt dieses eine spezielle Rezeptur aus Wasser, Boden und Compound. Letzterer ist eine Tonmischung, die laut Eric Kohlhaas vom LBM Diez sozusagen das „Backpulver“ des Ganzen ist und ähnlich wie bei fragilen Lebensmitteln kann man sich bildhaft die Wirkungsweise des Systems vorstellen: „Es ist wie bei einem rohen Ei, wenn der Druck gleichmäßig auf alle Seiten wirkt, kann es nicht brechen“, sagt Rainer Stricker.
Auch Wissens Bürgermeister Berno Neuhoff ist überzeugt, verschweigt aber auch die Nachteile nicht: „Neben den etwas höheren Kosten kann das Material erst ab einer bestimmten Temperatur eingebracht werden.“ Die Marke liege bei mindestens fünf Grad Celsius, wie Träger ergänzt. Bei der Baustellenbesichtigung lobt Neuhoff indes Anwohner und vor allem die ausführende Firma aus Freusburg. „Ihr betreibt die Baustelle mit hoher Sensibilität“, richtet er seinen Dank an Polier Max Link und die übrigen Anwesenden. Ein Anwohner, der sich zu den Beobachtern gesellt, unter ihnen die Mitglieder des Werksausschusses sowie Planer Ulf Heinemann und die Ortsbürgermeister Matthias Grohs (Selbach) und Wolfgang Klein (Hövels), bedankt sich bei der Tiefbaufirma für die gute Kommunikation.