Städtischer Ausschuss erkennt Handlungsbedarf bei wirtschaftlicher Situation des Waldfriedhofs
Sterben in Wissen wird teurer: Höhere Gebühren unausweichlich
Die städtische Waldfriedhof in Wissen ist mehr als ein schlichter Ort für Beerdigungen. Er ist Grünanlage und Park, bietet Raum für Spaziergänge, Stille und Trauer. Aber er ist eben auch defizitär. Foto: Elmar Hering
Elmar Hering

Wissen. Wissen ist eine reiche Stadt, reich an Schulden. Das Loch in der kommunalen Kasse lässt sich seit Jahren nicht schließen, und deshalb müssen die Verantwortlichen der Siegstadt schauen, wo Einnahmen erhöht und Ausgaben gesenkt werden können. Neben dem Haushaltssicherungskonzept für die kommenden Jahre stand nicht zuletzt aus diesem Grund der Waldfriedhof auf der Tagesordnung der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. Bis Mitte Oktober haben die Fraktionen jetzt Zeit, Vorschläge zu diskutieren und zu erarbeiten. Klar ist schon jetzt: Bestattungen auf dem städtischen Friedhof dürften (müssen) erheblich teurer werden.

Die Attraktivität des Waldfriedhofes beruht zu einem Großteil auf seiner ruhigen Lage und der parkähnlichen Gestaltung. Darüber hinaus will die Stadt durch zusätzliche Bestattungsformen, zum Beispiel unter Bäumen (die RZ berichtete), dafür sorgen, dass der Zuspruch auch in die Zukunft strahlt. Bürgermeister Berno Neuhoff: „Wir haben einen sehr schönen Friedhof – mit Potenzial.“

Basis all dessen ist ein gesundes finanzielles Fundament. Ein 2018 angefertigtes Gutachten zeigt allerdings, wie weit der städtische Friedhof davon entfernt ist, denn bislang ist der Waldfriedhof nicht kostendeckend. Laut Neuhoff summieren sich die Kosten pro Jahr auf rund 100.000 Euro. Entsprechend soll eine Gebührenanpassung langfristig den Weg zu einer Lösung ebnen.

Markus Wagner, Sachgebietsleiter im Rathaus, erläuterte Eckpunkte einer neuen Friedhofssatzung und der dazugehörigen Gebührensatzung. Neu wäre zum Beispiel ein Passus, wonach die Gebühr für das spätere Einebnen der Grabstätte schon von Anfang an beziehungsweise bei der Verlängerung in Rechnung gestellt würde. Andernfalls laufe die Stadt zunehmend Gefahr, auf diesen Kosten sitzen zu bleiben, wenn nach Jahrzehnten keine Angehörigen mehr ausfindig zu machen seien. Neu wäre auch ein weiterer Passus, wonach für Wissener, die vielleicht im Alter auswärts in einem Pflegeheim gelebt haben, aber nach dem Tode in ihrer Heimatstadt beerdigt werden möchten, kein Auswärtigenzuschlag fällig wird. Im Wesentlichen, so Wagner, orientiere sich der Entwurf an der Mustersatzung des Gemeinde- und Städtebundes.

Wie deutlich die Gebühren des städtischen Friedhofs teilweise unter den Tarifen anderer Friedhöfe liegen, zeigte eine vergleichende Zusammenstellung mit anderen Friedhöfen aus Wissen, Birken-Honigsessen und Katzwinkel. Wenn etwa eine 20-jährige Ruhezeit in einem Reihengrab (Erdbestattung) lediglich 250 Euro kostet, während andernorts mehr als 1300 Euro zu zahlen sind und das 2018er Gutachten gar eine Anhebung auf 1800 Euro vorschlägt/fordert, dann zeigt das die Dimension der Gebührenanpassung – und die Notwendigkeit tritt klar zu Tage. Bei der Preisgestaltung werde sich die Stadt auch „am Mitbewerber orientieren“, sagte Bürgermeister Neuhoff, gleichzeitig betonend, dass es keinesfalls um eine Konkurrenzsituation innerhalb der Stadt gehe. In Wissen gibt es neben dem kommunalen noch zwei katholische Friedhöfe.

Es bestehe zweifellos Handlungsbedarf, machte Neuhoff mit klaren Worten deutlich: „Die wirtschaftliche Situation läuft seit Jahren aus dem Ruder. Wir müssen da dieses Jahr unbedingt tätig werden.“ Die Ausschussmitglieder sahen dies ähnlich und trafen einstimmig den Grundsatzbeschluss, die beiden Satzungen zu ändern. Bis zum 10. Oktober haben die Fraktionen nun Zeit, sich intensiv mit der Materie zu befassen. Ein Detail wäre zum Beispiel, ob bei Urnenbestattungen eine individuelle Beschriftung den Vorzug erhalten sollte oder eher gesammelt auf einer Gedenktafel. Auf jeden Fall, so der Tenor, soll ein einheitliches Erscheinungsbild gewährleistet sein.

Unabhängig von den finanziellen Aspekten soll die beabsichtigte Entwicklung des Waldfriedhofs vorangetrieben werden. Der Bauausschuss hatte dazu zuletzt vor Ort beraten, etwa über die Möglichkeit, ein Grabfeld für die Bestattung von Urnen unter Bäumen herzurichten (dies wird in der Bürgerschaft immer mehr gewünscht; eine entsprechende Wahl könnte schon zu Lebzeiten möglich sein). Beginnend mit diesem einen Grabfeld will die Stadt versuchen, den Zuspruch zu ermitteln und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten anzukurbeln. Räumlich hat der Waldfriedhof, der zugleich eine Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft beherbergt, auf jeden Fall kein Problem mit zusätzlichen Bestattungsformen. „Wir haben genug Platz“, sagt Berno Neuhoff.

Von unserem Redakteur Elmar Hering

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