Knackig-frisches Gemüse, vollwertige Backwaren, Honig von den eigenen Bienen und vieles mehr: Der Biohof Dickendorf steht seit vielen Jahren für die Produktion gesunder Lebensmittel im Einklang mit der Natur. Nun gehen Johannes und Florina Storch und ihr Team einen mutigen Schritt in Richtung Zukunft: Am 28. April wird ihre hofeigene „Solawi“ (Solidarische Landwirtschaft) gegründet – eine regionale Partnerschaft zwischen Betrieb und Verbrauchern, die Vorteile für alle Beteiligten hat. Im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert das junge Betreiberpaar, was genau es mit einer Solawi auf sich hat und welche Beweggründe zu dieser Erweiterung des bewährten Profils geführt haben.
„In einer Solawi verbinden sich Erzeuger und Verbraucher für ein Thema – nämlich für die Versorgung und die Landwirtschaft – und nehmen es gemeinsam in die Hand“, berichten Florina und Johannes Storch. „Die Verantwortung trägt nicht mehr der Landwirt allein.“ Es werde kein fester Preis für die Erzeugnisse erhoben, sondern alle würden die Kosten der landwirtschaftlichen Tätigkeit stemmen und sich im Gegenzug die Ernte teilen. Damit koppele man sich ein Stück weit von Marktzwängen und Vorgaben ab.
Idee keimte vor einigen Jahren
Wann kam der Gedanke auf, eine Solawi in den Dickendorfer Gemüsebau-Betrieb zu integrieren? „Das war tatsächlich schon 2012“, erinnert sich Johannes Storch. „Als das Thema Solawi startete, habe ich noch in Kassel-Witzenhausen Ökologische Landwirtschaft studiert und selbst auf einem solchen Betrieb gewohnt, den Freunde von mir gegründet hatten – es war die siebte Solawi in Deutschland. Damals gründete sich auch das Solawi-Netzwerk.“ Lange Jahre sei es nicht möglich gewesen, das Modell in den Dickendorfer Betrieb zu integrieren. Jetzt habe man aber ein System gefunden, um die betrieblichen Verbindlichkeiten (darunter die Bestückung des eigenen Hofladens und die Belieferung des Bioland-Hofes Schürdt) verlässlich aufrechterhalten und trotzdem mit der Solawi beginnen zu können. „Wenn wir von einem Tag auf den anderen Tag komplett umsteigen würden, würden wir sicher viele unserer Kunden verlieren“, vermutet Johannes Storch.
Nach dem gigantischen Anstieg in der Pandemie sei der Biomarkt deutschlandweit eingebrochen, was das Paar unter anderem auf den Beginn des Ukrainekrieges und die angespannte Finanzlage in der Bevölkerung zurückführt. Die Beschickung der vier Wochenmärkte in der Region habe man aus Personalgründen nicht weiterführen können. „Das war schade für uns und die Kunden. Die Situation normalisiert sich aber gerade, und wir wünschen uns nun wieder mehr Nähe zu den Kunden.“
Mehrere Abholstellen geplant
Eigentlich starte die Solawi schon am 6. April. „Dann haben wir die erste Beitragsrunde, bei der alle zusammenkommen, die mitmachen wollen“, erläutert Florina Storch. „Wir als Betrieb legen unsere Kosten offen. Dann kann jeder ein Gebot abgeben, und zwar in drei Kategorien zwischen ,Jederzeit leicht aufzubringen’ und ,Finanzielle Schmerzgrenze’. Danach können wir die Gebote auszählen und schauen, welche der drei Rechnungen aufgeht.“ Das wöchentlich frisch geerntete Gemüse (und als optionale Zusatzanteile auch normales oder glutenfreies Brot, Honig und Leinöl) würden dann je nach eingebrachtem finanziellen Anteil an mehreren „Verteilstellen“ ausgegeben (darunter auch im Altenkirchener Regionalladen Unikum), damit nicht jeder wöchentlich nach Dickendorf zur Abholung fahren müsse.
Sorgen, dass sich zur Gründung nicht genug Interessenten finden, haben die beiden nicht. „Es ist nicht so schlimm, wenn es klein anfängt und langsam wächst“, sagt Florina Storch. Natürlich habe man gründlich berechnet, wie groß die Solawi sein könne. „Mit unserem Betrieb können wir – je nach Anteilsgröße – mehr als 1000 Personen versorgen. Aber unser Hofladen und die anderen Verpflichtungen müssen unabhängig von der Solawi weiterlaufen. Da müssen wir eine klare Trennung vollziehen“, erläutert Johannes Storch. Es würden im Rahmen der Solawi folglich nur die Kosten umgelegt, die gebraucht würden, um die Gruppe der Mitwirkenden zu versorgen, ergänzt Florina Storch. Mitarbeit keine Voraussetzung

Die praktische Mitarbeit im Gemüsebau sei nicht verpflichtend, wie das Betreiberpaar unterstreicht. „Wir machen die Arbeit selbst, aber wir laden zum Mitwirken ein. Wir bieten auch immer wieder Mitmachtage für die ganze Familie an, weil der Spaß bei der Sache ganz wichtig ist.“ Ausgehend davon, dass die langjährig erprobte biologische Wirtschaftsweise oder das (übrigens inzwischen preisgekrönte) Mulchverfahren nicht zur Diskussion stehen, könnten gerne auch Wünsche geäußert werden – zum Beispiel zum Anbau neuer Gemüsesorten. „Wir möchten schon die Bedürfnisse berücksichtigen“, sagen Florina und Johannes Storch. „In einem wöchentlichen Rundbrief an die Mitglieder berichten wir über Neuigkeiten auf dem Hof und informieren über die Gemüsesorten im aktuellen Ernteanteil. Es werden auch Aktionen angekündigt – das kann auch schon mal eine Art ,Hilferuf’ sein, wenn wir Unterstützung bei einer praktischen Arbeit brauchen.“ Viele Menschen würden den Begriff Solawi aber ohnehin mit „Mithelfen“ verbinden und sich auf diese Gemeinschaft freuen.
Der Benefit für den Hof sei letztlich, dass die Ernte von den Solawi-Mitgliedern garantiert abgenommen werde. „Diese Garantie ist eigentlich unser Hauptbeweggrund. Der harte Kern der Mitwirkenden unterstützt uns in guten wie in schlechten Zeiten.“ Die Gruppe könne hingegen miterleben, wo das Gemüse wächst, und auch die Freude über die Ernte und die Natur teilen, was dem Dickendorfer Team immer wichtig war und nach wie vor ist.