Unter dem Stichwort „sanfter Tourismus“ soll also nach den Vorstellungen der Verbände Pollichia, GNOR, Naturschutz-Initiative und BI Stegskopf (siehe Kasten am Textende) der Spagat zwischen einem weitgehenden Schutz der Natur und dem Interesse der Bürger an dem bisher für sie gesperrten Terrain versucht werden. Bei der Auswahl der Wege haben sich die Autoren an den historischen Routen orientiert. Außerdem haben sie darauf geachtet, dass eine unberührte Kernzone für das künftige Nationale Naturerbe entsteht.
Folgen die zuständigen Behörden dem Vorschlag, dann entstehen mehrere Rundwege – und es gibt dann Verbindungen zu überregionalen Wanderwegen wie dem Westerwald-Steig, dem Rothaarsteig, dem Druidensteig und dem Fernwanderweg E 1. Damit Wanderer auch den beeindruckenden Fernblick genießen können, soll es mehrere Aussichtspunkte geben, etwa auf dem Heimerich und dem Höllkopf. Auf dem Stegskopf selbst soll der historische Aussichtsturm wieder errichtet werden, der einen grandiosen 360-Grad-Blick ermöglichen würde.
Ganz wichtig ist den Initiativen darüber hinaus die Schaffung von Infopunkten, die den Besuchern die kulturhistorischen, landschaftlichen und ökologischen Besonderheiten des Gebiets näherbringen sollen. Diese könnten denkbar einfach ausfallen: An einer senkrecht einbetonierten Eisenbahnschiene würden Edelstahlplaketten mit QR-Codes befestigt. Diese quadratischen Symbole kann man mit einem modernen Handy einscannen und gelangt dann übers Internet sofort zu entsprechenden Infoseiten.
In ihrem Konzept gehen die Naturschützer aber nicht nur auf die Belange der Wanderer ein. Sie legen auch einen umfangreichen Forderungskatalog zum Nationalen Naturerbe Stegskopf vor. Insgesamt haben sie elf Punkte formuliert. Unter anderem machen sie sich dafür stark, dass Waldgebiete ungenutzt bleiben, damit die Artenvielfalt erhalten bleibt, die sich während der Nutzungszeit der Bundeswehr ungestört entwickelt konnte. Ein großer Teil soll sich selbst überlassen werden, sodass sich dort Wildnis entwickelt – das fordert im Übrigen auch das Bundesumweltministerium. „Jagd kann es im Naturerbe nicht geben“, betont denn auch Harry Neumann, Vorsitzender der Naturschutz-Initiative, der sich seit Jahren intensiv mit Flora und Fauna auf dem Stegskopf befasst und ganz fasziniert vom Artenreichtum ist.
Die wertvollen Offenlandlebensräume hingegen sind nach Überzeugung der Autoren des Konzepts auf Pflege angewiesen. Davon würden Braunkehlchen, Neuntöter & Co. profitieren, heißt es. Eine zentrale Forderung der Verbände ist die Einrichtung einer hauptamtlichen Naturschutzwacht. Fest angestellte Ranger sollen dafür Sorge tragen, dass beispielsweise das in der Kernzone gelegene Derscher Geschwämm künftig nicht mehr von rücksichtslosen Motocross-Fahrern zerstört wird. „Diese Probleme können nur durch Mitarbeiter mit hoheitlichen Rechten nachhaltig gelöst werden“, meinen Dr. Klaus Fischer, Harry Neumann, Dr. Jürgen Ott, Markus Heiden und Konstantin Müller, die das Papier im Wesentlichen erarbeitet haben.
Für die Pflege der Offenlandbereiche stellen sie sich beispielsweise eine Beweidung durch Schafe und Ziegen auf einer Fläche von 250 Hektar vor. Um gezielt Arnika und Bärwurz zu fördern und um eine Verbuschung zu verhindern, sollen zudem 100 bis 150 Hektar alle drei Jahre ökologisch niedergebrannt werden. Dieses Verfahren findet auch in der Lüneburger Heide Anwendung.
Wie bedeutsam die Natur auf dem Stegskopf ist, das machen die Autoren in ihrer Einleitung deutlich. So gibt es auf dem Stegskopf rund 30 bis 40 verschiedene Biotoptypen, außerdem werden 16 der vorkommenden Vogelarten in der EU-Vogelschutzrichtlinie als schutzbedeutsam geführt. Und unter den Tagfaltern befinden sich 18, die in Deutschland auf der Roten Liste stehen. „Die Artenvielfalt“, sagt Harry Neumann, „ist hier insgesamt am höchsten, insbesondere was die Wiesenbrüter angeht.“ Wie es nun weitergeht, entscheidet der Bund, dessen abschließende Entscheidung zum Nationalen Naturerbe immer noch aussteht. Marcelo Peerenboom