Die gebürtige Schottin wird am Freitag die Daumen für ihre alte Heimat drücken
Schottin in Ingelbach im EM-Fieber: Vivien Campbells Herz schlägt für Underdog
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Vivien Campbell zeigt Flagge: Die gebürtige Schottin, die seit vielen Jahren in Altenkirchen lebt, drückt am Freitag die Daumen für ihre alte Heimat. Foto: Sonja Roos
Sonja Roos

Eigentlich ist Vivien Campbell nicht der aller größte Fußballfan auf Erden – doch wenn am Freitag Deutschland gegen Gruppengegner Schottland antritt, dann wird auch die gebürtige Schottin vor dem Fernseher sitzen und ihren Landsleuten die Daumen drücken. „Ich drücke denen aber nicht nur die Daumen, weil es meine Heimat ist, sondern auch, weil die Schotten die Underdogs sind“, erklärt sie.

Bei 5,5 Millionen Schotten und 80 Millionen Deutschen liegt der Vergleich von David gegen Goliath natürlich nicht fern und man kann gut verstehen, dass Campbells Herz für die Außenseiter schlägt, auch wenn sie nun schon sehr viele Jahre in Deutschland lebt. „Aber ich wünsche mir natürlich, dass Deutschland Gruppenzweiter wird“, fügt sie eilig und mit einem breiten Lächeln hinzu.

Da schlagen wirklich zwei Herzen in ihrer Brust, denn Vivien Campbell besitzt seit dem Brexit beide Staatsbürgerschaften. „Vorher war mir das nicht so wichtig, aber der Brexit hat mein Lebensgefühl schon verändert“, bekennt sie. „Man fühlt sich wie abgeschnitten. Wir sind nicht mehr in einem Boot, das ist sehr schade.“ Dabei war es der Gedanke eines friedlichen Europas, der Campbell einst dazu veranlasste, Deutsch und Französisch zu studieren.

Lehrerin am Westerwald Gymnasium

1950 geboren, noch in die frischen Wunden hinein, die der Krieg überall geschlagen hatte, war es ihr besonders wichtig, dass über Grenzen hinausgedacht wurde. „Ich habe mich immer als Europäerin gefühlt“, betont sie. Nach dem Studium kam Vivien Campbell dann nach Altenkirchen ans Westerwald Gymnasium, wo sie bis zu ihrer Pensionierung unterrichtete. „Es hat mir immer großen Spaß gemacht, war nie langweilig. Kein Tag war wie der andere“, sagt sie ein bisschen wehmütig. Heute trifft sie ehemalige Schüler, deren Kinder und zum Teil sogar schon Enkel ebenfalls dort zur Schule gehen.

Beim Thema Enkel leuchten ihre Augen dann, denn auch Vivien Campbell ist nicht nur Mutter einer Tochter, sie hat auch zwei Enkel – Zwillinge, beides Jungs und natürlich fußballbegeistert. Allein deshalb schon ist Vivien Campbell fast schon verpflichtet, in den kommenden Wochen die EM zu verfolgen.

Hoffen auf gutes Wetter

Mit Spannung schaut sie aber nun erst einmal dem Freitag entgegen. „Es heißt ja, dass bis zu 200.000 Schotten erwartet werden in München. Es haben zwar nur etwa 10.000 Fans Karten bekommen für das Eröffnungsspiel, aber die anderen wollen einfach die Atmosphäre genießen.“ Die wird sicher gut, wenn denn das Wetter mitspielt. „Es ist ja Regen gemeldet. Ich drücke schon die Daumen, dass die Sonne scheint. Dann wird das sicher sehr schön, vor allem, wenn viele in Schottenröcken kommen“, ist sie sich sicher.

In Schottland übt man derweil wohl bereits, wie man auf Deutsch nach der nächsten Kneipe fragt, danach was ein Bier kostet und – ganz wichtig – „das war kein Abseits“. Vivien Campbell hat immer noch eine starke Bindung nach Schottland, ist mehrmals im Jahr in der alten Heimat, wo auch noch Familie lebt. Auf die Frage, was die Schotten wohl am meisten überraschen wird, wenn sie nach Deutschland kommen, hat sie auch schnell eine Antwort parat: „Die Deutsche Bahn. Deutschland gilt in meiner Heimat als sehr korrekt und pünktlich, aber da werden sich einige noch umschauen“, prophezeit sie und lacht.

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