Waldbau Rodung im Ortsteil Struth "unnötige Bodenverletzung" - Besitzer will neu aufforsten
Rodung nicht fachgerecht: Kreis-Forstamt zeigt Freusburger die gelbe Karte

Michael Bauer hat mit der Rodungsaktion auf seinem neuen Grundstück das Forstamt des Kreises auf den Plan gerufen. Doch der 38-Jährige ist entschlossen, hier wieder aufzuforsten und sagt: „Das schlägt alles wieder aus. Ich bin ein Naturfreund und liebe den Wald.“ Foto: Peter Seel

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Freusburg. Die Baumrodung im Freusburger Wohngebiet Struth bleibt in Kirchen weiter Diskussionsthema. Schon Mitte August hatten sich Nachbarn des am Ende des Narzissenwegs wohnenden Michael Bauer beim BUND beschwert, dass da eine größere Waldfläche umgehauen worden sei. Darauf hatten die Umweltschützer die Stadt Kirchen kritisiert, die Fehler beim Verkauf des rund 1000 Quadratmeter großen Waldstreifens an den 38-jährigen Privatmann gemacht habe. In der Rodung selber sieht der BUND einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz.

Bauer dagegen beteuert, hier wieder aufforsten zu wollen: Für jedes in Freusburg neu geborene Kind will er ein Bäumchen setzen und so die Bindung der Bürger an die Heimat stärken. Das könnte der Forstverwaltung in Altenkirchen indes zu langsam gehen. Dort ist man jetzt zudem geschockt über Mulcharbeiten, die Bauer vor knapp drei Wochen hat durchführen lassen: Dabei sind alle Baumstümpfe und Wurzelstöcke weggefräst worden: Dadurch werde der Waldboden zerstört, heißt es in Altenkirchen.

Forstamtsleiter Franz Kick, oberster Waldhüter im Kreis Altenkirchen, bekam in der Sache jetzt eine E-Mail von der Unteren Naturschutzbehörde. Beigefügt waren Fotos, bestätigt Kick, auf denen zu sehen ist, dass mit einem Bagger die Stöcke der gefällten Bäume gerodet werden. „Dies ist nach unserer fachlichen Einschätzung nicht mehr Teil der guten Praxis bei der Holzernte“, schreibt Olaf Riesner-Seifert vom Referat 62, Natur- und Umweltschutz. Was bei der Holzernte normalerweise stets vermieden werden, finde in Freusburg statt: „Unnötige Bodenverletzung und -beeinträchtigung.“ Diese Rodungsarbeiten müssten sofort eingestellt werden. Zu spät: Inzwischen ist kein Baumstamm mehr zu sehen. Aus der Kreisverwaltung heißt es dazu: Vor dem Entfernen der Stöcke hätte Bauer ein Antrag auf Waldumwandlung stellen müssen, „dessen Genehmigung allerdings nicht in Aussicht gestellt werden kann.“

Bei dem betroffenen Waldtyp handelt es sich laut Behörde „um den nach FFH-Richtlinie gesetzlich geschützten Lebensraumtyp 'Buchenmischwald mit einheimischen Laubbaumarten'. Unterstellt, dass die komplette Ernte des Lebensraumtyps hier zulässig war, so ist das Roden der Stöcke in keiner Weise vereinbar mit dem Schutzzweck des Lebensraumtyps insgesamt. Vielmehr ist sicherzustellen, dass der alte Waldtyp im Sinne einer dynamischen Waldwirtschaft in gleicher Weise wieder heranwachsen kann.“ Altenkirchen verweist auf einen Bebauungsplan von 1964, der hier „eine eindeutige Festsetzung zum Erhalt der Bäume enthält“.

Der Eigentümer selbst – der ein über zweijähriges Prozedere für den Kauf des Grunds als FDP-Bauausschussmitglied erlebt hat, bei dem letztlich alle vom Stadtrat bis zum Kreisrechtsausschuss grünes Licht gaben – sieht sich als Natur- freund: „Nichts tue ich lieber als Bäume zu pflanzen“, sagt er, gräbt gleich eine kleine Fichte aus seinem Garten aus und pflanzt sie auf den gerodeten Boden. „Mein Opa war Förster in Freusburg, und Natur und Wald sind mir immer ein Herzensanliegen.“ Die Rodung habe er vorgenommen, um sein Grundstück zu schützen: „Bei Sturm fielen schwere Äste zu uns herüber – nur eine Frage der Zeit, dann wäre auch ein Baum umgestürzt.“ Zudem verweist er darauf, dass das gerodete Stück eine Funktion als „Brandstreifen“ habe: Damit bei einem Waldbrand die Flammen nicht auf die Häuser überspringen können, dürfe dieses Areal nur niedrig bewachsen sein. „Das ist nie gepflegt worden.“

Die Wurzeln seien zudem noch da, sagt Bauer: „Ich habe nur oberflächlich mulchen lassen, das schlägt alles wieder aus.“ Für die neu geborenen Freusburger will er auf eigene Kosten unter dem Motto „In Freusburg werd ich groß“ – so auch bei Facebook zu finden – Buchen anpflanzen, Eichen oder was die jeweiligen Eltern sich wünschen. „Da können wir auch Tannen hinsetzen, die man später als Weihnachtsbäume holen kann.“

Forstamtsleiter Kick indes würde eine Bepflanzung, die nur mit jedem neuen Säugling im Dort voranschreitet, deutlich zu lange dauern: „Wir haben das vor Ort überprüft. Das fängt an, ein Verstoß gegen das Landeswaldgesetz zu werden. Soweit wir gesehen haben, wurde da wüst gerodet, Stücke herausgerissen und gemulcht. Da es sich um ein steiles Grundstück handelt, setzt man dadurch den Boden einer gefährlichen Erosion aus. Es muss nur ein Gewitter mit Starkregen kommen, dann wird da alles weggespült.“ Bauer bekommt nun ein Anschreiben aus Altenkirchen, mit der Bitte, „auf dem Gelände in Kürze wieder neuen Wald anzupflanzen“. Ein Babyboom in Freusburg, der das unterstützen sollte, ist wohl kaum zu erwarten...

Und Kick kritisiert: „Die Rodung war völlig unfachmännisch, man kann da nur den Kopf schütteln.“ Zudem hätte man mit den gefällten Bäumen ein gutes Geschäft machen können, sagt Kick: „Eiche ist rar und zurzeit sehr begehrt als Möbel- oder Parkettholz.“ Stattdessen hat Bauer das Holz von Bäumen, die noch 60 Jahre bis zur Schlagreife gehabt hätten, an die Firma verschenkt, die für ihn den Wald gerodet, die Reste gehäckselt und gemulcht hat. Ganz zu schwiegen davon, dass Bauer der Stadt Kirchen beim Kauf des Grundstücks nach eigener Aussage „mehr für den Baumbestand bezahlen musste als für den Boden selber“.

Franz Kick glaubt auch nicht, dass der Wald hier wieder von alleine nachwächst: „Es ist auch ganz abwegig, die Stöcke da rauszureißen, das zerstört die Bodenkapillare. Jetzt muss der Mann neue Bäume kaufen und anpflanzen, auch das wird nicht billig.

Zwar dürfe man, so Kick, über 80-jährige Eichen auch im Sommer fällen, „auch wenn das nicht sinnvoll ist und hässlich aussieht, aber man darf nicht die Bodennutzungsart ohne Genehmigung ändern, das gibt das Landeswaldgesetz klar vor.“ Kick versteht auch nicht, warum Bauer „nicht mal vorher bei uns angerufen hat, etwa bei unseren Kleinprivatwaldbetreuern, da hätte er sich beraten lassen können. Oder auch bei uns direkt am Forstamt...“ Und: „Er hätte einen Rodungsantrag stellen müssen, das hat er nicht und trotzdem gerodet. Ihm droht jetzt ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit, wenn er nicht wieder aufforstet.“

Von unserem Redakteur Peter Seel

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