Vermieter sagen im Prozess um mutmaßliche Brandstiftung in Wissen aus
Prozess um niedergebranntes Haus in Wissen: 16-Jähriger leidet unter Traumata – Vermieter sagen aus
Symbolfoto dpa

Es ist eines der schlimmsten Unglücke, die einer Familie widerfahren können - wenn ihr Haus in Flammen steht und sie zusehen muss, wie ihr Eigentum niederbrennt. So ist es einer Familie aus Wissen ergangen, als ihr damaliger Mieter Johannes E. (Name von der Redaktion geändert) laut Staatsanwaltschaft aufgrund einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses ihr Dreiparteienhaus niederbrannte. Nun sagte das Ehepaar im Prozess vor dem Landgericht Koblenz aus.

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Das Paar berichtete von dem zerrütteten Verhältnis zu dem 56-Jährigen, der am ersten Verhandlungstag ein Teilgeständnis ablegte.

Im Sommer 2021 zog der Mann, der auch früher im Kreis Altenkirchen wohnte, in die Wohnung ein. Der 68-jährige Vermieter berichtete von einem zunächst guten Verhältnis. Mit dem Angeklagten habe man in dessen Gartenlaube Kaffee getrunken, nachdem der Mietvertrag abgeschlossen war.

Doch die Zeiten änderten sich. Der Vermieter erzählte, dass er den 56-Jährigen nur noch abends in seiner Wohnung sah. Wo er sich tagsüber aufhielt, sei für ihn unklar gewesen. „Er suchte unglaublich die Ansprache“, berichtete der 68-Jährige über Johannes E. – sowohl im positiven wie auch im negativen Sinne. Mal habe er sich zwei Stunden mit ihm ruhig unterhalten, manchmal musste er aber auch zusammen mit seiner Frau den Beschuldigten maßregeln. So habe dieser nachts gern laut klassische Musik abgespielt. Doch irgendwann riss beim Vermieter der Geduldsfaden, der dies Johannes E. klar zu verstehen gab: „Wir werden keine Freunde mehr. Das Thema ist durch!“, zitiert er die eigene Aussage.

Als das Paar schließlich die fristlose Kündigung für Mitte November 2021 aussprach, habe man deutlich vernommen, wie sich der Angeklagte darüber aufregte. Zunächst zertrümmerte Johannes E. demnach jegliches Mobiliar seiner Wohnung. Dann habe er gerufen: „Dann habe ich halt auch kein zu Hause mehr.“ Und: „Ihr werdet dann schon sehen, was ich dann machen werde.“

“Das wie bei ,Alarm für Cobra 11'."

So erinnert sich ein Zeuge an den Brand, der nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft durch den Angeklagten, dessen Ex-Mieter, gelegt wurde.

Möglicherweise mit einem Brandbeschleuniger zündete er laut Anklage später die Wohnung an. „Die Flammen gingen schon an die Decke. Das war wie bei Alarm für Cobra 11“, schildert der 68-Jährige seinen ersten Eindruck, als er die Wohnung betrat. Bis heute ärgere er sich, dass er den Angeklagten nicht schon viel früher vor die Tür gesetzt habe – auch wegen der Folgen für seinen Sohn. Während der 68-Jährige lediglich leichte Verletzungen davon trug, hat es seinen den 16-Jährigen schlimmer erwischt. Er hat unter anderem alle seine Andenken an seine Großeltern und weitere Erinnerungsstücke verloren. Noch heute kämpft der Jugendliche mit den Traumata, die er mit einem Psychologen aktuell aufarbeitet.

Die Ehefrau des 68-Jährigen zeigt sich noch immer furchtbar genervt vom Angeklagten: „Der hat mich ständig wegen belangloser Sachen angeschrieben. Das ging mir irgendwann einfach nur noch auf die Nerven.“ Eines Tages habe die damalige Lebensgefährtin von E. vor ihrer Tür gestanden und diesen gesucht. Über die genaue Wortwahl des privaten Gespräches wollte sie sich nicht äußern. Allerdings würde er häufig ungehalten reagieren und zu hohem Alkoholkonsum neigen, wie sie erfahren habe, so die Vermieterin.

Nach der Tat flüchtete Johannes E. zu einer anderen Frau, mit der er ebenfalls vor einigen Jahren eine Beziehung führte. „Ich habe große Scheiße gebaut“, gab diese als Zeugin dessen Worte wieder. Er habe ihr von seiner Tat berichtet ihr auch klar zu verstehen gegeben: „Ich bin zum Alkoholiker geworden.“

Gutachter Gerhard Buchholz fasste die psychiatrische Vergangenheit des Angeklagten in fast eineinhalb Stunden zusammen. Dieser habe insgesamt vier Suizidversuche unternommen. Johannes E., seit einiger Zeit aufgrund seiner psychischen Erkrankung Frührentner, sei einsam und fühle sich mit seiner Arbeit überfordert. Er habe eine fehlende Krankheitseinsicht, trete teilweise gegenüber anderen Personen arrogant auf und habe narzisstische und autistische Züge. Zahlreichen Psychiater haben verschiedene Krankheitsbilder aufgestellt. Gerhard Buchholz wird in einer der nächsten Verhandlungen darüber berichten, um welche Krankheit es sich seiner Meinung nach handelt.

Der Prozess wird am Mittwoch, 18. Mai, um 9.30 Uhr fortgesetzt.

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