Kurze Dienstanweisung in der Polizeiinspektion Altenkirchen, dann geht es auch schon für Dienstgruppenleiter Alexander Busse, seine Stellvertreterin Lena T. (Name von der Redaktion geändert) und ihre Kollegen los. Beladen mit der nötigen Ausrüstung geht es zu sechst für die Dienstgruppe Richtung Polizei-VW-Bully und ihrem Zivilfahrzeug. Die Beamten der Polizeiinspektion Altenkirchen haben sich an diesem Tag im Zusatzdienst eine kombinierte Kontrolle mit den Schwerpunktthemen „Geschwindigkeit und Tuning beziehungsweise illegalen Veränderungen an Fahrzeugen“, vorgenommen. Der erste Kontrollpunkt der mehrstündigen Aktion ist bei Bruchertseifen.
„Anwohner melden uns, wenn ihnen vermehrt mutmaßliche Raser auffallen, wir gehen diesen Hinweisen nach“, erklärt Lena T. unserer Reporterin. Gerade die Stelle in Bruchertseifen verlockt viele Fahrer dazu, nicht die erlaubten 50 Stundenkilometer zu fahren, sondern getrost mal schneller durch den kleinen Ort zu brausen. Am Kontrollpunkt angekommen geht alles ganz schnell: Der Polizeiwagen wird platziert, die Kollegen in zivil haben sich im Ort postiert und Messen mit einem Riegel-Geschwindigkeitsmessgerät vorbeikommende Fahrzeuge. Im VW-Bully sitzt ein Beamter und notiert die Daten. Bei dem Messprotokoll müssen verschiedene Daten angegeben werden: der Zeitpunkt der Messung, die Messentfernung, der Messwert und die Verkehrslage. Lena T. und ihr Kollege Max R. (Name von der Redaktion geändert) postieren sich an der Straße, um auffällige Fahrzeuge und Fahrer, die zu schnell unterwegs gewesen sind, per Kelle rauszuwinken. Vorab geben ihnen die Kollegen im Zivil-Fahrzeug Fahrzeugtyp und Kennzeichen durch.

Die postierten Beamten fallen den Autofahrern direkt auf. „Das dauert nicht lange, dann wird direkt vor uns gewarnt“, sagt Lena T. Nach ein paar Minuten geht es direkt los: Eine Autofahrerin mit Berliner-Kennzeichen ist mit ihrem VW und einem einachsigen Anhänger samt Motorrad deutlich zu schnell im Ort unterwegs – Kosten für den Geschwindigkeitsverstoß: 160 Euro. Teuerer als der Standardbetrag ist es in diesem Fall, weil durch den Anhänger ein längerer Bremsweg von Nöten ist. Da sowohl für Fahrzeug als auch Motorrad Papiere vorliegen, kann die Autofahrerin nach dem das Formelle geklärt ist, ihren Weg fortsetzen.
Bei den angesetzten Kontrollen achten die Beamten verstärkt auf Fahrzeuge, die getunt sind, also baulich verändert wurden. Max R. hat sich bei einem Polizeilehrgang, der am Nürburgring stattfand, auf Tuningkontrollen spezialisiert. Er erklärt: Viele Fahrzeuge wirken auf Bürger getunt, sind es aber nicht. Zudem unterscheide man grundlegend in der Tuning- und Poserszene. Tuner werten ihre Autos durch entsprechende Modifikationen entweder im Erscheinungsbild oder mit Blick auf die Leistung auf, Poser hingegen geht es nur darum, aufzufallen – auch durch ihr Fahrverhalten. Viele von diesen „Posern“ haben Autos, die so ab Werk in Sportausführung verkauft werden.

Die Kontrollen der Polizei Altenkirchen sollen die Verkehrsteilnehmer vor allem sensibilisieren. Nicht nur mit Blick auf Verkehrsregeln und Tempolimits, sondern auch in Bezug auf die Ausstattung ihrer Fahrzeuge, die im Fall eines Unfalls Leben retten kann. So wissen viele immer noch nicht, dass es ratsam ist, die Warnweste im vorderen Teil des Fahrzeugs aufzubewahren. Oder, wo Warndreieck und Verbandskasten überhaupt zu finden sind. Da gibt es gleich noch wertvolle Tipps bei der Verkehrskontrolle kostenlos dazu. Natürlich wird nebenbei ebenso die Fahrtüchtigkeit von Halter und Fahrzeug kontrolliert.
Immer wieder werden Autofahrer von den Beamten zur Seite gewunken, die deutlich zu schnell waren – trotz 3 Stundenkilometern Toleranzabzugs. Bis zum Betrag von 55 Euro können betroffene Autofahrer, das Bußgeld direkt vor Ort via E-Cash bezahlen. Ist die Summe höher, erfolgt der Bescheid postalisch durch die Bußgeldstelle mit Überweisungsträger. „Normalerweise sollte der Bescheid in drei bis vier Wochen zugestellt werden“, sagt die Polizeiobermeisterin Lena T. Beim Datenerfassungsbogen können die Betroffenen im Gespräch mit der Polizei ankreuzen, ob sie den Verstoß zugeben oder nicht. Im Falle einer Verneinung wird ein Anhörungsbogen von der Bußgeldstelle zugeschickt, dann können sich die Betroffenen zu den Vorwürfen weiter äußern.

Bei der zweiten Kontrollstelle an diesem Abend – es ist bereits dunkel – postiert sich das Team an der Kölner Straße in der Nähe von McDonalds. Hier gilt Tempo 70 außerorts. Nach wenigen Minuten geht es direkt los – mehrere Fahrzeugführer hochmotorisierter Fahrzeuge – alle serienmäßig in Sportausführung, wollen zeigen, dass sie PS-mäßig was draufhaben. Eine junge Fahrerin eines blauen BMWs M3 biegt rechts vom Fastfood-Restaurant auf die Kölner Straße ab und beschleunigt direkt hoch – da ist schon die Kelle von Polizist Max R. oben. Die Frau bremst so stark ab, dass die Warnblinkanlage ihres Autos anspringt – wegen der Gefahrenbremsung.
Gerade in der Kreisstadt Altenkirchen kommen öfter mal Beschwerden über mutmaßliche Raser und Autoposer von Anwohnern auf. Aber: „Zuletzt haben wir wenige getunte Fahrzeuge festgestellt“, erklärt Dienstgruppenleiter Alexander Busse. Die Fahrerin des blauen BMWs muss übrigens für die Emissionsbelastung 80 Euro zahlen. Ein teurer, kurzer Spaß.

Nicht schlecht staunen auch die Beamten, als sie einen Mercedes CLE, dessen Fahrer ebenfalls zu schnell am Schnellrestaurant vorbei gerauscht ist, zur Kontrolle bitten. Der junge Mann gibt beim Small-Talk den Wert des Fahrzeugs mit 135.000 Euro – Abzahlen muss er den Wagen aber noch. Überwiegend junge Fahrer fallen mit den Automarken BMW, Audi, Mercedes negativ auf.
Das nicht alle Verkehrsteilnehmer unbedingt beim Rasen ertappt werden, zeigt ein kurioses Beispiel am späten Abend. „Jetzt kommt einer mit 35 Stundenkilometern“, tönt es aus dem Funkgerät, was für Verwunderung bei den Beamten der Polizei Altenkirchen sorgt. Als der Fahrer herausgewunken wird und behäbig mit seinem Seat auf den DRK-Parkplatz fährt, wird schnell klar: Dieser Kandidat wurde vorher bei der Kontrollstelle hinter Bruchertseifen bereits aufgegriffen – da war er deutlich zu schnell unterwegs und musste auch Strafe zahlen. Seine Begründung dieses Mal: „Ich wollte nicht wieder ein Knöllchen bekommen!“ Mit einer Verwarnung darf der Mann wieder vom DRK-Parkplatz. Die Beamten nehmen es mit Humor. Aber gerade dieses Beispiel zeigt – ein gesundes Mittelmaß schützt vor Knöllchen.
Bilanz der Kontrollaktion
Bei der Kontrollstelle Bruchertseifen wurden insgesamt acht Autofahrer gemessen, die zu schnell unterwegs waren, es handelte sich hierbei um zwei Verwarnungstatbestände sowie sechs Bußgeldtatbestände. Spitzenreiter innerorts war hier ein Fahrer, der 78 Stundenkilometer statt der erlaubten 50 fuhr. An der Kölner Straße in Altenkirchen fällt die Bilanz wie folgt aus: Fünf Autofahrer wurden kontrolliert, drei Mal erfolgte ein verkehrserzieherisches Gespräch. Ein Verstoß gegen vermeidbare Abgasbelästigung wurde registriert und ein Autofahrer war zu schnell unterwegs (Bußgeldtatbestand). Spitzenreiter hier: Ein Autofahrer fuhr statt den erlaubten 70 Stundenkilometern außerorts 90 km/h.