Flächennutzungsplan in Arbeit
Planer sehen Potenzial für VG Betzdorf-Gebhardshain
Wo soll und kann in Zukunft im Gebiet der Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain was gebaut werden? Vereinfacht ist dies eine der Kernfragen rund um die Erstellung eines Flächennutzungsplans.
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Die Zeit drängt. Die Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain machte nun den Erstaufschlag für die Erstellung eines Flächennutzungsplans. Was technokratisch klingt, ist von großer Bedeutung für die Zukunft der Region. 

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Ein dickes Brett hat sich der Verbandsgemeinderat Betzdorf-Gebhardshain vorgenommen. Es gilt, einen neuen Flächennutzungsplan aufzustellen. Was für den normalen Bürger wie eine Randnotiz der Kommunalpolitik wirkt, stellt für das Verbandsgemeindegebiet eine wichtige Grundlage für die bauliche Entwicklung der nächsten 15 Jahre dar. Denn der Flächennutzungsplan legt in Grundzügen fest, wo Wohngebiete, Grünflächen, Landwirtschaftsflächen, Wälder oder Verkehrsflächen angesiedelt werden sollen.

„Die Planungshoheit ist eine der wesentlichen Säulen der kommunalen Selbstverwaltung. Jede Ortsgemeinde hat ein Entwicklungspotenzial und möchte dieses auch umsetzen.“
VG-Bürgermeister Joachim Brenner

Auf der jüngsten Sitzung des Verbandsgemeinderats wurden nun vom beauftragten Planungsbüro die Datenauswertungen einer Bestandsaufnahme vorgestellt, die die Basis für die späteren Schritte sein werden. Dabei handelt es sich lediglich um einen „Erstaufschlag“, einen Überblick über die Planungsstände und gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie Bürgermeister Joachim Brenner eingangs betonte. Und: „Wir werden mit Sicherheit auch Dinge vorgestellt bekommen, die uns als Rat nicht gefallen werden und können.“ Der Bürgermeister stellte klar: „Die Planungshoheit ist eine der wesentlichen Säulen der kommunalen Selbstverwaltung. Jede Ortsgemeinde hat ein Entwicklungspotenzial und möchte dieses auch umsetzen.“

Zeit drängt: Ende des Jahres ist Deadline

Nötig ist ein Flächennutzungsplan, weil das Fusionsgesetz die seit 2017 bestehende Verbandsgemeinde dazu verpflichtet, die in die Jahre gekommenen Pläne der Vorgänger-Verbandsgemeinden Betzdorf und Gebhardshain zu vereinigen. Um Fördermittel abrufen können, muss bis Ende des Jahres ein Landschaftsplan fertig sein, der die künftige landschaftsplanerische Entwicklung darstellt und wiederum die Grundlage für den Flächennutzungsplan ist. Im Herbst soll es in intensive Beratungen mit dem Bauausschuss und den Ortsbürgermeistern gehen, wo dann ein Leitbild sowie Ziele und Potenziale für einen Vorentwurf bestimmt werden. Brenner sprach von einem zeitlichen Verzug. Als Gründe nannte er einen Mangel an Personal im eigenen Haus, aber auch an Bewerbern für die Planungsleistungen.

Bei einem Flächennutzungsplan handelt es sich um einen vorbereitenden Bauleitplan, der durch Bebauungspläne weiter verschärft wird, wie Jörn Wagner vom Planungsbüro TP Markert den Ratsmitgliedern erklärte. Folglich dürfe der Flächennutzungsplan auch nicht als Festlegung für jedes einzelne Grundstück verstanden werden. Wichtig für Privatpersonen: Für sie können aus den Planungen in der Regel keine öffentlichen Richtlinien abgeleitet werden. Stattdessen handele es sich um eine konzeptionelle Festlegung zur Verteilung von Nutzungen im Verbandsgemeindegebiet, an die die Kommune und Behörden gebunden sind.

Planungen in übergeordnete Rahmenbedingen eingebettet

Nicht ohne Grund warfen die Planer eine Folie an die Wand, die eine Pyramide darstellte, die verdeutlichte, wie die Planungen auf lokaler Ebene in die übergeordneten rechtlichen und planerischen Rahmenbedingungen eingebettet sind. An der Spitze stehen Vorgaben des Bundes, gefolgt von denen des Landes. Die Regionalplanung wiederum übersetzt die Ziele des Landes in konkretere Rahmenbedingungen für die Region, beispielsweise indem das Verbandsgemeindegebiet als „Verdichtungsraum“ dargestellt wird und die Stadt Betzdorf als Mittelzentrum sowie Gebhardshain als Grundzentrum klassifiziert sind. Die unterste Ebene bildet insbesondere der Flächennutzungsplan im Zusammenspiel mit dem Landschaftsplan auf Gemeindeebene.

Als Grundlage hierfür dienen wiederum die Erkenntnisse aus der Bestandsanalyse. Demnach sind 984 baureife Grundstücke nicht bebaut. Allerdings hatte Bürgermeister Brenner schon in seiner Einleitung klargemacht, dass es ein Problem mit unbebauten Grundstücken gebe, die von Privatleuten vorgehalten würden und „an die wir nicht rankommen“. Als Positivbeispiel führte er Gebhardshain an, wo in den vergangenen Jahren viele dieser Grundstücke vermarktet und bebaut werden konnten. „Trotzdem gibt es da immer noch Potenzial, welches es sozialverträglich zu heben gilt.“ Brenner kündigte in dem Zusammenhang noch viele weitere Planungsschritte an. „Wir werden mit jeder Ortsgemeinde in Verhandlungen treten müssen.“

Potenziale für Ansiedlungen zwischen Scheuerfeld, Betzdorf und Wallmenroth?

Planer Wagner sah viele Entwicklungsmöglichkeiten in den Ortsteilen und größeren Gemeinden. Und zwar gebe es zahlreiche Baulücken entlang der Sieg in Überschwemmungsgebieten, allerdings sieht er einige geeignete Baulücken etwa zwischen Scheuerfeld, Betzdorf und Wallmenroth. Im Bereich Gewerbe seien etwa 8 Prozent der bestehenden Flächen unbebaut.

Die Bevölkerungsprognose für die Verbandsgemeinde zeigt eine Abnahme von etwa 1,5 Prozent. Gleichzeitig stellt Planer Wagner fest: „Immer mehr Fläche wird von weniger Menschen in Anspruch genommen.“ Und die Bevölkerung nimmt nicht nur ab, sondern wird auch älter. Diese Entwicklung erfordere eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Themen Barrierefreiheit, der Gewährleistung kurzer Wege im innerstädtischen Raum und dem grundsätzlichen Wohnungsangebot. Das könnte auch der Schonung von Flächen zugutekommen.

Planer: Kurze Wege kommen Klimaschutz zugute

Und dies spielt auch in ein anderes für die Pläne relevantes Thema hinein: der Klimawandel und wie darauf auf kommunaler Ebene reagiert werden soll. „Früher hat es im Sommer mehr geregnet, jetzt regnet es im Winter mehr“, veranschaulichte Planer Wagner die Entwicklung. Auch hätten Extremwetterereignisse wie Starkregen zugenommen. Darauf könne im Nutzungsplan reagiert werden. Und hier spielt wiederum auch eine Rolle, wie kurz Wege sind, sodass kein Auto benötigt wird und so keine Emissionen entstehen. Auch kompaktere Ortsmitten sind hier Wagner zufolge von Bedeutung.

Sein Kollege Rainer Brahm stellte im Zusammenhang mit der Bestandsanalyse für den Landschaftsplan fest: „Sie sind reich gesegnet an Schutzgebieten.“ Sie stellen eine wichtige Planungsgrundlage für den Landschaftsplan dar – und ließen die Frage bei Brahm aufkommen, wie Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden können für Neubaugebiete. Er sieht hier Chancen, Synergien zu nutzen zwischen den Bereichen Erholung, Biodiversität und Hochwasserschutz.

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