Das Gebäude des Pflegedorfs wird in Zukunft von der Eigentümerin, der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. im Landkreis Altenkirchen, anderweitig genutzt. Der Vereinsvorstand erarbeitet derzeit ein Nutzungskonzept“, sagt Insolvenzverwalter Markus Rödder aus Betzdorf auf Anfrage unserer Zeitung. Jochen Krentel, der derzeit Geschäftsführer Nikolaus Perlepes vertritt, sagt dazu: „Wir waren zunächst in Gesprächen mit einem ambulanten Pflegedienst, um eine etwaige Übernahme zu prüfen. Letztlich handelte es sich aber um keine langfristig tragfähige Lösung, sodass wir uns gegen eine Vermietung der Räumlichkeiten an den Pflegedienst entschieden haben.“
Besonders schwierig ist die Situation momentan für die Mitarbeiter und die Bewohner. Insolvenzverwalter Markus Rödder fügt an: „Da wir keine tragfähige und konkrete Lösung für das Pflegedorf über den 31. Mai hinaus vorlegen konnten, waren wir leider gezwungen, den Bewohnerinnen und Bewohnern die Heimplätze zu kündigen, und haben dies fristgemäß getan. Sowohl Bewohnerinnen und Bewohner als auch deren Angehörige wurden im Rahmen von Gesprächskreisen und bilateralen Gesprächen durch den Geschäftsführer und mich persönlich informiert.“ Immerhin seien mittlerweile fast alle Bewohner anderweitig untergebracht, wie Jochen Krentel berichten kann: „Sämtliche Bewohnerinnen und Bewohner haben inzwischen andere Heimplätze in regionalen Einrichtungen gefunden.
Die Aus- beziehungsweise Umzüge finden derzeit statt. Spätestens bis zum 31. Mai werden alle Bewohner ausgezogen sein. Die Betreuung ist bis dahin vollumfänglich sichergestellt. Derzeit wohnen noch zwei Bewohner in der Einrichtung. Sie werden von unseren Mitarbeitenden betreut und gepflegt. Wo möglich, bauen Mitarbeitende, die nicht mehr im Einsatz sind, angefallene Überstunden ab oder nehmen Urlaub.“
Für die Mitarbeiter sieht die Lage deutlich angespannter aus, wie Krentel einräumen muss. Zwar würden die Löhne und Gehälter März bis Mai pünktlich über eine durch den vorläufigen Insolvenzverwalter organisierte Insolvenzgeldvorfinanzierung an die Mitarbeitenden gezahlt. Die Arbeitsverhältnisse der Pflegedorf-Mitarbeitenden wurden jedoch aufgrund der Betriebsschließung fristgemäß betriebsbedingt gekündigt. „Geschäftsführer und Insolvenzverwalter haben die Mitarbeitenden über die bevorstehenden Kündigungen bereits im Rahmen einer Betriebsversammlung informiert.
Von den Kündigungen sind leider knapp 50 Kolleginnen und Kollegen betroffen. Einige Mitarbeitende haben in den vergangenen Wochen bereits selbst gekündigt und beispielsweise Jobs in anderen Einrichtungen gefunden, was uns sehr freut. Diese Entwicklung ist für alle Beteiligten schwer und sorgt für Unsicherheiten. Wir sind sehr dankbar für das Engagement aller Mitarbeitenden, die trotz der schwierigen Lage und Rahmenbedingungen nach wie vor uneingeschränkt arbeiten und die Versorgung der verbliebenen Bewohner sicherstellen“, so Krentel.
Das Pflegedorf eröffnete übrigens im Januar 2020, unmittelbar vor Beginn der Corona-Pandemie. Wegen des eklatanten Fachkräftemangels in der Pflege konnte im Pflegedorf die für einen wirtschaftlichen Betrieb notwendige Belegung nicht erreicht werden. Lockdown und Aufnahmestopps taten ihr übriges.
Ab Mitte 2021 wurde deutlich, dass es der Einrichtung nicht gelang, examinierte Pflegekräfte dauerhaft in der Einrichtung zu halten. In der Folge stieg der Anteil der Leiharbeitnehmer deutlich an. Die zu geringe Auslastung verbunden mit den deutlich höheren Personalkosten in der Leiharbeit führten letztlich dazu, dass die Einrichtung nicht mehr aus eigener Kraft einen wirtschaftlichen Betrieb aufrechterhalten konnte.
„Angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Pflege hat der Vorstand sich deshalb dafür ausgesprochen, den Betrieb einzustellen. Auch wenn wir uns eine andere Lösung gewünscht hätten. Vorstand und Geschäftsführung bedauern diese Entwicklung außerordentlich, da die Lebenshilfe Altenkirchen mit der Pflegeeinrichtung eine wesentliche Lücke in der Versorgung alter, pflegebedürftiger Menschen in der Region schließen wollte. Das Zusammenleben von pflegebedürftigen Menschen mit und ohne Behinderung war harmonisch. Wir sind daher nach wie vor vom Konzept des Pflegedorfs überzeugt.
Vorstand, Geschäftsführung und Insolvenzverwalter werden weiterhin mit Hochdruck daran arbeiten, die verbleibenden Wochen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens für alle Mitarbeitenden sowie Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegedorfs so angenehm und unkompliziert wie möglich zu gestalten und unterstützen alle Beteiligten nach Kräften bei der Neuorientierung“, sagt Jochen Krentel. Auch Insolvenzverwalter Markus Rödder bedauert den Schritt: „Letztlich hat sich leider herausgestellt, dass die Schließung des Pflegedorfes nicht mehr abzuwenden war. Wir hätten uns eine andere Lösung gewünscht. Aber vier Jahre ohne genug Fachpersonal und damit ohne eine für den wirtschaftlichen Betrieb ausreichende Belegung fordern nun ihren Tribut.“