Tipps der Verbraucherzentrale
Pannentrip zur Einschiffung: Expertin sieht Reisemängel
Einen absoluten Schutz gibt es für Reisefreudige nicht, doch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz rät Urlaubern, vorab eine Beratung und Buchung durch das örtliche Reisebüro wahrzunehmen.
Ina Fassbender. dpa

Eine verkorkste Busanreise zum Kreuzfahrtterminal hat viel Ärger und Unannehmlichkeiten für eine 45-köpfige Reisegruppe bereitgehalten. Doch welche Rechte haben Urlauber in einem solchen Fall? Wir haben dazu bei der Vebraucherzentrale RLP nachgehakt.

Lesezeit 4 Minuten

Mehrere Senioren haben sich bei unserer Zeitung aufgrund einer unangenehmen Reiseerfahrung mit dem Reiseanbieter Seereisedienst Elbflorenz beschwert. Wir wollten von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz mit Blick auf den Fall wissen: Welche Rechte haben Urlauber in einem solchen Fall?

„Reisende haben bei Mängeln grundsätzlich zunächst das Recht auf Abhilfe, soweit dies nicht möglich ist beziehungsweise für die Zeit der mangelhaften Leistung auf Minderung des Reisepreises. Abhilfe gab es hier ja nicht wirklich – das Schiff war abgefahren“, erklärt Julia Gerhards, Referentin für Verbraucherrecht und Datenschutz von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz auf Nachfrage unserer Zeitung zum geschilderten Fall.

„Mit Sicherheit liegen hier gravierende Reisemängel vor. Zu einer näheren Beurteilung muss man immer die genaue Leistungsbeschreibung der Reise, also, das, was der Reiseveranstalter versprochen hat, mit der tatsächlichen Leistung abgleichen.“
Julia Gerhards, Referentin für Verbraucherrecht und Datenschutz von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz

„Mit Sicherheit liegen hier gravierende Reisemängel vor. Zu einer näheren Beurteilung muss man immer die genaue Leistungsbeschreibung der Reise, also, das, was der Reiseveranstalter versprochen hat, mit der tatsächlichen Leistung abgleichen.“

Zur Berechnung der Minderung gibt es laut der Expertin umfangreiche Rechtsprechung und es komme immer auf den Einzelfall und die Einschätzung des erkennenden Gerichts an. „Eine übliche Berechnungsmethode für die Minderung arbeitet mit dem Tagespreis der Reise und mindert diesen an den betroffenen Tagen prozentual je nach Beeinträchtigung. Für die Zeit, in der die Gruppe überhaupt nicht an der Kreuzfahrt teilnehmen konnte, wäre aus meiner Sicht der Reisepreis für diesen Zeitraum auf Null zu mindern – die Reisenden haben an diesem Teil ja auch schlicht nicht teilgenommen, sondern saßen im Bus. Das wäre nach meiner Einschätzung so lange angemessen, bis eine reguläre Teilnahme am Kreuzfahrtprogramm möglich war“, führt Gerhards aus.

Entstandene Schäden können als Schadenersatz geltend gemacht werden

Zusätzlich dazu können die Reisenden verlangen, alle ihnen durch die Mängel entstandenen Schäden als Schadensersatz erstattet zu bekommen. Neben der Minderung gibt es laut Gerhards im Pauschalreiserecht auch ausnahmsweise einen besonderen Schadenersatzanspruch wegen entgangener Urlaubsfreude. „Auch hier wird von den beeinträchtigen Tagen ausgegangen und eine kleinere Pauschale zwischen 25 und 65 Euro angesetzt. Bei der Bestimmung der Höhe spielt auch der Gesamtreisepreis eine Rolle.“

Alternativ hätten die Reisenden laut Gerhards die Möglichkeit nach dem Verpassen des Schiffs gehabt, den Reisevertrag zu kündigen. Hier steht im 651l BGB zum Thema Kündigung folgendes: „(1) Wird die Pauschalreise durch den Reisemangel erheblich beeinträchtigt, kann der Reisende den Vertrag kündigen. Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Reiseveranstalter eine ihm vom Reisenden bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu leisten [...]“.

Verbraucherzentrale RLP verweist auf Punkt 651I im Bürgerlichen Gesetzbuch

Zudem weist sie auf Punkt 2 hin: „(2) Wird der Vertrag gekündigt, so behält der Reiseveranstalter hinsichtlich der erbrachten und nach Absatz 3 zur Beendigung der Pauschalreise noch zu erbringenden Reiseleistungen den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis; Ansprüche des Reisenden nach § 651i Absatz 3 Nummer 6 und 7 bleiben unberührt. Hinsichtlich der nicht mehr zu erbringenden Reiseleistungen entfällt der Anspruch des Reiseveranstalters auf den vereinbarten Reisepreis; insoweit bereits geleistete Zahlungen sind dem Reisenden vom Reiseveranstalter zu erstatten.“ Im dritten Punkt 651l BGB wird aufgeführt, dass der Reiseveranstalter verpflichtet ist, „die infolge der Aufhebung des Vertrags notwendigen Maßnahmen zu treffen, insbesondere, falls der Vertrag die Beförderung des Reisenden umfasste, unverzüglich für dessen Rückbeförderung zu sorgen; das hierfür eingesetzte Beförderungsmittel muss dem im Vertrag vereinbarten gleichwertig sein. Die Mehrkosten für die Rückbeförderung fallen dem Reiseveranstalter zur Last.“

In dem geschilderten Fall hätten die Reisenden die Kosten für den Transport selber zahlen müssen, „den Rücktransport hätte der Veranstalter organisieren und etwaige Mehrkosten zahlen müssen. Den Reisepreis jenseits des Bustransfers hätten die Reisenden zurückverlangen können“, führt die Expertin aus.

100-prozentigen Schutz gibt es nicht

Die Schutzmechanismen des Reiserechts schützen nicht vor Reiseärger, wie Julia Gerhards von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ausführt, „sie geben den Reisenden aber Rechte, um sich dagegen zu wehren.“ So kann laut der Expertin am ehesten eine Beratung und Buchung durch das örtliche Reisebüro vor Urlaubsärger schützen, denn diese raten zu soliden Reiseveranstaltern und von solchen ab, bei denen es bereits negative Erfahrungen gab. „Ein absoluter Schutz ist das natürlich auch nicht“, betont sie. Mit Blick auf die Transportprobleme bei der Rückreise betont Gerhards, dass Busverspätungen bei erheblicher Wartezeit Reisemängel sind, erhebliche Mängel im Komfort und bei der Sicherheit berechtigen zur Minderung. „Zudem sind Zusagen einzuhalten“, führt die Expertin aus. Und: Der Bus muss nicht deutschem, sondern dem landestypischen Sicherheitsstandard entsprechen. Zudem rät sie den Betroffenenden, die Erstattung des Reisepreises für die beeinträchtigen Urlaubstage zu verlangen.

Top-News aus der Region