Oppertsau wird von der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen geteilt - Als "Opperzawe" vor 650 Jahre erstmals erwähnt
Oppertsau oder Opperzau: Zwei Dörfer, aber eine Gemeinschaft
Die Siegbrücke zwischen Oppertsau/Opperzau und Fürthen wurde im Jahre 1992 erneuert.
Archiv Rolf-Dieter Rötzel

In früheren Jahrhunderten kam es immer wieder vor, dass Grafen in Geldnot gerieten. Um dieser entgegenzusteuern, beschritten sie einen einfachen Weg – sie übereigneten Untertanen an benachbarte Herrschaften. So vollzog es auch Graf Johann III. von Sayn im Jahre 1374, als er die Grenzhöfe Bellingen, Hallscheid, Netershusen (Niederhausen), Ymhusen (Imhausen) und eben Opperzawe zeitweise an das Herzogtum Berg verpfändete.

Der Vollzug der Pfändung von Opperzawe sei die erstmalige bis heute bekannte Erwähnung von Opperzau, bekundete Fürthens Ortsbürgermeister Michael Ryztki mit der Überreichung von Unterlagen gegenüber unserer Zeitung. Die politische Teilung von Opperzawe (Opperzau) geht auf historische und vor allem langwierige Gebietsstreitigkeiten zwischen dem Herzogtum Berg und der Grafschaft Sayn zurück. Den Herzögen von Berg stand immer im Sinn, das Hammer Kirchspiel für sich einzuverleiben.

Dabei versuchten sie stets, die regelmäßigen Geldverlegenheiten des saynischen Nachbarn auszunutzen, um sich nach und nach in dessen Bereich einzukaufen. Für diese waren vor allem die dort vorhandenen größeren Orte begehrenswerte Interessengebiete. Dazu gehörte unzweifelhaft aus bergbaulicher Sicht das zu diesem Zeitpunkt noch ungeteilte Opperzawe. Bekanntlich gewann der Bergbau ab dem 16. Jahrhundert immer mehr an Bedeutung für die adligen Häuser.

Wie es kommen musste, befand sich das Haus Sayn wieder einmal in finanziellen Schwierigkeiten, was die Grafen von Berg sofort ausnutzten. Sie erwarben das sogenannte „Hammer Tal“ und die Vogtei Leuscheid im Tausch gegen Güter in Birnbach und Hamm. Das Gebiet um Hamm war von jeher Grenzgebiet und wurde somit öfters von Gebietsstreitigkeiten heimgesucht; öfters wechselten die Besitzverhältnisse.

Das ungewöhnliche Ortseingangsschild steht in Opperzau/Oppertsau und weist auf das vor 420 Jahren durch den Siegburger Vergleich entstandene „geteilte“ Dorf hin.
Archiv Rolf-Dieter Rötzel

Der Siegburger Vergleich (Vertrag) im Jahre 1604 konnte immer wieder aufkommende Streitigkeiten und Probleme dann teilweise lösen, jedoch mit der Maßgabe, dass der Bellingerbach eine neue Grenze bildete. Für Opperzawe bedeutete dies, der Ort wurde geteilt – der Teil des heutigen Opperzau kam zum Amt Windeck (Nordrhein-Westfalen), das heutige Oppertsau verblieb in der Grafschaft Sayn und gehört zur Gemeinde Fürthen, Rheinland-Pfalz. Warum es zwei unterschiedlich geschriebene Namen gibt, ist nicht überliefert und bekannt.

Seither spricht man vom Grenzdorf, dem geteilten Dorf oder dem zerschnittenen Dorf. In Wirklichkeit ist es aber nicht so. Die Bürgerschaft in Oppertsau/Opperzau bildet mit ihrem täglichen Miteinander, dem gemeinsamen Teilen von Freude und Sorgen, dem Vereinsleben sowie dem grenzüberschreitenden Zusammengehörigkeitsgefühl eine Einheit, eine intakte Dorfgemeinschaft. Die durch den Ort verlaufende Gemeinde-, Kreis- und Landesgrenze gibt es tatsächlich nur auf der Karte und in behördlichen Unterlagen – nicht aber in Wirklichkeit.

Aufgrund der Trennung kommt es trotz unterschiedlicher Schreibweisen, aber ähnlich gesprochen, immer wieder zu Verwechslungen. Der Grenzverlauf entlang des Bellingerbachs ist nur teilweise zu sehen, da der Wasserlauf zu einem Teil verrohrt ist.

Mit dem seit 420 Jahren bestehenden besonderen Status hat man sich abgefunden. Zweimalige Versuche bezüglich Änderung der Grenzziehung waren erfolglos. Die nordrhein-westfälische Landesregierung war nicht bereit, ihren Teil von Opperzau an Rheinland-Pfalz abzugeben.

Vor 43 Jahren: Spontanes Treffen an der Landesgrenze Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz in Oppertsau/Opperzau
Archiv Rolf-Dieter Rötzel

Die Grenze durch das Dorf, wenn auch unsichtbar, veranlasst von Zeit zu Zeit auch immer wieder Medienvertreter zu einem Besuch, um über Kuriositäten und Begebenheiten zu berichten. Darunter fallen auch die unterschiedlichen Besteuerungen und Beitragshöhen von Wassergeld und Kanalgebühren, von der einen zur anderen Straßenseite. Bei einem Besuch der ehemaligen Schmiede im Ort vor einigen Jahrzehnten wurde unserem Mitarbeiter erzählt, dass die Grenze mitten durchs Haus, durchs Schlafzimmer verlaufe. „Meine Frau schläft in Nordrhein-Westfalen und ich in Rheinland-Pfalz, oder umgekehrt – somit ergibt sich im Haus täglich ein Grenzverkehr“, so der damalige Besitzer augenzwinkernd.

Nicht alltäglich ist auch das Ortseingangsschild von der Siegbrücke Fürthen aus kommend. Die linke Hälfte verweist auf das Windecker Opperzau im Rhein-Sieg-Kreis und die rechte auf das Fürthener Oppertsau im Kreis Altenkirchen. Die dort vorbeiführende und die Grenze bildende Landesstraße hat für jede Straßenseite auch einen eigenen Namen erhalten: Siegstraße für die Oppertsauer und Fürthener Straße für die Opperzau-Seite.

Früher gab es im Ort neben Gaststätten auch Lebensmittelgeschäfte und Metzgereien sowie nach dem Krieg eine Miederwarenfabrik. Heute ist davon, wie auch in vielen anderen Orten, nichts mehr davon vorhanden. Weggefallen sind somit auch Kommunikationsstätten. Zum Treffen, Reden und Feiern lädt heute zumeist unter der Federführung des Bürgervereins Opperzau/Oppertsau die Ortsmitte mit dem Backes und dem angrenzenden Areal ein. Dabei wird der Backes regelmäßig angefeuert und Brot gebacken.

Früher gab es in Opperzau auch einen Bahnhaltepunkt an der Bahnstrecke Siegen-Köln. Aufgrund der zu wenigen Fahrgäste und der Nähe zum Bahnhof Au/Sieg wurde der Haltepunkt in den 1990er-Jahren von der Deutschen Bahn aufgelöst.

Die Erwähnung von Opperzawe vor 650 Jahren wird am Samstag/Sonntag, 29./30. Juni, mit drei weiteren Jubiläen gebührend gefeiert: 50 Jahre Bürgerverein Opperzau/Oppertsau, 30 Jahre Kindergarten „Die phantastischen Vier“ Fürthen und 25 Jahre Förderverein des Kindergartens.

Top-News aus der Region