Diese Überlegungen mündeten am vergangenen Freitag in die Gründung eines neuen Vereins, der mit dem tragenden Namen „zukunftsraiff“ gleich zeigt, worin die Stärke der Hämmscher liegt – nämlich gemeinsam, ganz im Sinne Raiffeisens, etwas anzupacken und in die Zukunft zu denken.
Die Vereinsgründung wurde dann am Donnerstagabend im Kulturhaus in Hamm gebührend gefeiert. Zu Beginn blickte VG-Bürgermeister Dietmar Henrich auf den Entstehungsprozess zurück. Zunächst hätte man sich in kleinem Kreis zusammengesetzt, um zu überlegen, wie man den Standort verbessern könne. Aus dem kleinen Anfangsteam ging dann eine größere Projektgruppe hervor, die sich mit der Idee befasste, ob ein Innovations- und Gründerzentrum (IGZ) in Hamm angesiedelt werden soll.
Drei Jahre arbeitete die Verwaltung, hier maßgeblich der Bereich Wirtschaftsförderung, zusammen mit Experten wie dem emeritierten Siegener Uni-Professor Horst Idelberger daran, die Bedürfnisse der Unternehmen und Betriebe in der Region abzuklopfen und herauszufinden, „wo der Schuh drückt“.
Für die Idee, sich zu vernetzen, eine Brücke zu schlagen zwischen den Betrieben selbst, aber auch zwischen den Schulen und Universitäten waren die Hämmscher als einzige rheinland-pfälzische Kommune mit Fördermitteln aus dem Topf „Zukunftswerkstatt Kommunen“ bedacht worden, wodurch auch die Machbarkeitsstudie des Siegener Mittelstandsinstituts finanziert werden konnte. Es stellte sich heraus, dass weniger ein Zentrum zur Vernetzung gewünscht war, sondern mehr Hilfe bei den drängendsten Problemen, nämlich der Fachkräftegewinnung, der Unterstützung bei Gründungsaktivitäten, der Förderung von Fort- und Weiterbildungsangeboten sowie die Vernetzung zu den Schulen und Hochschulen zu begleiten.
Das alles hat sich der neu gegründete Verein also jetzt auf die Fahnen geschrieben. In den Vorstand gewählt wurden Christian Spandern (Geschäftsführer der Firma Inno Friction), Manuel Winkel (Kfz-Werkstatt Winkel), Timur Sereflioglu (Mittelstand Digitalzentrum Ländliche Regionen) sowie Tim Ehrlich (Wirtschaftsförderer der VG Hamm).
Zu den Gründungsmitgliedern gehören unter anderem auch Dietmar Henrich (VG Hamm), Bernd Niederhausen (OG Hamm) sowie Horst Idelberger. Weitere Mitglieder sind natürlich erwünscht und auch erhofft. Angesprochen sind hier nicht nur Berufstätige aus Industrie und Handwerk, sondern alle, die motiviert sind, etwas bewegen möchten und bestenfalls schon Ideen dafür mitbringen. Wie groß das Interesse an dem neuen Verein ist, zeigte sich bei der Feierstunde, denn das Kulturhaus war gut gefüllt. Rund 70 Zuhörer waren gekommen, um sich persönlich ein Bild von „zukunftsraiff“ zu machen.
Neben einem Rückblick auf die Entstehungsgeschichte sowie einem kleinen Ausblick gab es zudem noch zwei interessante Vorträge. So hatte Vereinsmitglied Timur Sereflioglu etwas zum Thema Künstliche Intelligenz vorbereitet, den Hauptredeanteil hatte dann aber Franz Josef Radermacher, Leiter des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung und bis 2018 Professor für Informatik an der Universität Ulm.
Er hatte für Hamm den Rat im Gepäck, sich auf die jungen Menschen in der Region zu fokussieren, diesen ein Umfeld zu schaffen, das sie zum Bleiben bewege. „Ohne Mitarbeiter läuft nämlich nichts, also muss ich erst die ermitteln, die da und gut sind, und die dann motivieren zu bleiben.“ Radermacher sah die Stärke für die ländlichen Regionen wie Hamm eher im Handwerk, in der Landwirtschaft, in der Gastronomie und im Tourismus, weniger in der Digitalisierung.
Der Mensch sei es ohnehin, der Innovationen vorantreibe. „Alle wollen Powerpoint machen, aber man findet keinen, der die kaputte Toilette repariert.“ Mit diesen handfesten Worten entließ Radermacher die Anwesenden in einen lauen Sommerabend, der seinen Ausklang passend im Stammhaus der Biergenossenschaft „Zum Raiffeisen“ fand.