BKI-Wechsel im AK-Land
Neuer Feuerwehrchef will für das Ehrenamt da sein
Björn Jestrimsky hat klare Vorstellungen, wie er das Amt des Brand- und Katastrophenschutzinspekteurs im AK-Land ausüben will. Voraussichtlich wird er am 1. Juni sein Büro im Kreishaus beziehen.
Markus Kratzer

Knapp 1400 Feuerwehrleute im AK-Land müssen einen neuen Namen lernen. Björn Jestrimsky wird neuer Brand- und Katastrophenschutzinspekteur. Doch eigentlich stimmt das mit dem Lernen nicht. Denn vielen dürfte der Gebhardshainer nicht unbekannt sein.

Im AK-Land steht ein Zeiten- und Wachwechsel an. Denn erstmals wird im Kreis Altenkirchen ein hauptamtlicher Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) aktiv. Björn Jestrimsky, noch Berufsfeuerwehrmann in Bonn, hat dazu alle politischen Hürden genommen. Wir sprachen mit dem 42-Jährigen aus Gebhardshain über seinen beruflichen Neustart, der am 1. Juni erfolgen könnte – vorausgesetzt die Stadt Bonn und der Kreis Altenkirchen können sich auf diesen Termin verständigen.

Können Sie kurz Ihren beruflichen Werdegang schildern?

Meine Laufbahn hat 2001 hier im Kreis Altenkirchen im Rettungsdienst begonnen. Ich habe die Examina als Rettungsassistent und auch als Notfallsanitäter abgelegt. 2006 bin ich dann zur Berufsfeuerwehr nach Bonn gewechselt. Dort war ich klassisch im Einsatzdienst in der Innenstadt tätig, danach bei der Feuer- und Rettungswache Bad Godesberg. Das heißt, ich habe alle Funktionen im Bereich Rettungsdienst und Feuerwehr gelernt und ausgeübt, später dann auch Schulungen in diesen Bereichen geleitet. Im Laufe der Jahre hat man mir dann immer mehr Führungsverantwortung übertragen. Es folgte der Aufstieg in den gehobenen Dienst, mit der Wachabteilungsleitung der Feuer- und Rettungswache 3 in Bad Godesberg mit einem Einzugsbereich von 100.000 Einwohnern, inklusive Großindustrie und Autobahnnähe. Danach war ich im Tagesdienst tätig, ein Mischdienst zwischen Bürotätigkeit und Einsatzleitung. Auf fachlicher Ebene bin ich heute Sachgebietsleiter für Atemschutz- und Umwelttechnik für die gesamte Feuerwehr Bonn, auch für die Freiwillige Feuerwehr dort.

„Zuerst kam das Ehrenamt, und das war und ist mir bis heute lieb und wichtig.“
Björn Jestrimsky

Wann sind Sie denn das erste Mal mit der Feuerwehr in Berührung gekommen?

1994 habe ich in der Jugendfeuerwehr Steinebach angefangen, der Ersten im Kreis – wenn man so will, hatte ich also kürzlich mein 30-Jähriges. Was mir in dem Zusammenhang sehr wichtig ist: Zuerst kam das Ehrenamt, und das war und ist mir bis heute lieb und wichtig. Ich habe aus diesem Ehrenamt heraus meine Berufswahl getroffen – und die dort erworbene Fachkompetenz immer wieder auch im Kreis Altenkirchen eingesetzt, etwa bei Lehrgängen in diversen Verbandsgemeinden.

Lässt es der Beruf denn zu, in der Heimat noch in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv zu sein?

Es ist grundsätzlich schwierig, Beruf und Ehrenamt zu vereinbaren, gerade auch, wenn man Führungsaufgaben hat. Aber Sie haben schon recht. Irgendwann muss man sich entscheiden. Was bei mir aber auf gar keinen Fall auf der Strecke bleibt, ist meine Familie.

War es vor dem Hintergrund auch konsequent, aus der Führung des Gefahrstoffzuges im Kreis auszusteigen?

Dieses Thema ist etwas anders gelagert. Wir hatten damals den Gefahrstoffzug neu organisiert, eine Nord-Süd-Trennung im Kreis etabliert, ein neues Fahrzeugkonzept entwickelt und auch für die entsprechende Qualifikation durch einen eigenen Lehrgang in Wissen gesorgt, an dem auch Kollegen aus dem Westerwaldkreis teilnehmen konnten. Danach war dann der Zeitpunkt erreicht, den Gefahrstoffzug in jüngere Hände zu geben.

„Meine Kinder fühlen sich hier wohl, meine ganze Familie. Ich habe hier meine Freunde. Hier geht es uns gut, und hier möchten wir leben.“
Der 42-Jährige aus Gebhardshain

Durch ihre Tätigkeit in Bonn sind Ihnen wahrscheinlich Einsatzlagen jeglicher Art vertraut …

Die Stadt Bonn hat ein anderes Gefahrenpotenzial als der Landkreis Altenkirchen. Man kann zum Beispiel den Post Tower in Bonn nicht mit einem Mehrfamilienhaus im Kreis vergleichen. Aber das war eine gute Schule. Ich fühle mich gewappnet für das Gefahrenpotenzial hier vor Ort.

Sind Sie während Ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit in Bonn im Kreis wohnen geblieben?

In der ersten Zeit habe ich in Bonn gewohnt, aber immer die Rückkehr im Auge gehabt. Ich bin fest verwurzelt in Gebhardshain, und da bringt mich auch nichts weg. Meine Kinder fühlen sich hier wohl, meine ganze Familie. Ich habe hier meine Freunde. Hier geht es uns gut, und hier möchten wir leben.

War der wohnortnahe Standort ihrer künftigen Tätigkeit ein Argument für den bevorstehenden Wechsel?

Das ist definitiv ein Pro, aber an erster Stelle steht die sehr interessante Aufgabe, die ich übernehme. Sie bietet mir die Möglichkeit, meine ganze Erfahrung und Fachkompetenz mit in die Heimat zu bringen. Aber dass ich künftig nur 15 Minuten zur Arbeit fahre, ist schon ein charmanter Nebeneffekt.

„Wenn der Grundschutz ausgereizt ist, dann ist vor dem Hintergrund der überörtlichen Gefahrenabwehr der Kreis am Zug.“
Der designierte Brand- und Katastrophenschutzinspekteur

Also haben Sie mit Ihrer Bewerbung nicht lange gezögert, als der Kreis die Stelle eines hauptamtlichen BKI ausgeschrieben hat?

Das stimmt. Wir haben das natürlich im Vorfeld in der Familie besprochen und haben auch abgewogen. Denn ich kann nicht leugnen, dass ich nach fast 20 Jahren in Bonn dort quasi zum Inventar gehöre und am Rhein auch viele Freundschaften entstanden sind. Und ein Stellenwechsel ist immer auch mit einem gewissen Risiko verbunden. Aber die Vorteile haben klar überwogen, und so fiel die Entscheidung eindeutig aus.

Welche Aufgaben kommen nun auf Sie als hauptamtlicher BKI im Kreis zu, bei welchen Einsätzen wird man Sie vor Ort sehen?

Das ist grundsätzlich gesetzlich geregelt. Erst einmal ist festzuhalten, dass wir sehr gut ausgestattete Verbandsgemeinden haben, personell wie technisch. Die Wehrleiter dort haben ihre Einsätze im Griff. Dennoch kann es Einsatzlagen geben, in denen ich meine Erfahrung einbringen kann. Der erste Schritt kann hier sein, dass ich bei größeren Einsatzlagen beratend zur Seite stehe, ohne de facto die Einsatzleitung zu übernehmen. In einem zweiten Schritt kann es Situationen geben, bei denen der Bedarf an Führungskräften steigt – etwa bei größeren Flächenlagen wie zum Beispiel bei einem Sturmtief, aber auch, wenn andere Kreise uns unterstützten oder auch wenn wir extern im Einsatz sind. Da hätte ich dann den Hut auf.

Dazu zählen dann auch das Hochwasser in Daaden oder auch in Betzdorf vor einigen Jahren?

Genau. Nehmen wir Waldbrände, extrem große Brände mit einem Schadstoffaustritt oder auch die von Ihnen angesprochenen Starkregenereignisse. Da müssen binnen kürzester Zeit eine Vielzahl von Notrufen bewältigt werden, damit sind Nachalarmierungen verbunden. Das alles muss dann überörtlich koordiniert werden. Wenn der Grundschutz ausgereizt ist, für den die Verbandsgemeinden zuständig sind, dann ist vor dem Hintergrund der überörtlichen Gefahrenabwehr der Kreis am Zug.

Gehen wir mal von diesem Extrem in die Zeiten, in denen im Kreis hoffentlich alles ruhig ist und bleibt. Welche Aufgaben bekleiden sie dann als hauptamtlicher BKI?

Ich denke, wir haben viele Aufgaben vor der Brust, die konzeptioneller Natur sind. Den professionellen Umgang mit Extremlagen schüttelt man auch nicht gerade mal so aus dem Ärmel. Da müssen Übungen und Großübungen geplant werden, hausintern Stabsübungen vorbereitet und durchgeführt werden und auch technische Voraussetzungen geschaffen werden. Das ist ein Berg voll Arbeit, der unterm Strich dazu dient, die Konzepte der Verbandsgemeinden mit denen des Kreises zu vernetzen, damit diese an einem Tag funktionieren, den wir uns alle nicht wünschen. Die Wehrleiter werden auch davon profitieren, dass sie jetzt einen Ansprechpartner haben, der auch unter der Woche da ist, um Arbeiten voranzubringen. Auch die Fortbildung von Führungskräften spielt hier mit rein.

An dieser Fortbildung wird landesweit immer Kritik laut. Es gebe zu wenig Lehrgangsplätze an der Feuerwehr- und Katastrophenschutzakademie, heißt es. Sehen Sie auch dieses „Nadelöhr“?

Ich kenne den Tenor der Kritik. Natürlich hätte jeder gerne mehr Plätze. Aber hier muss man die Akademie und Land auch ein Stück weit in Schutz nehmen. Die können sich ihr Personal auch nicht aus den Rippen schneiden. Es hat schon Umstrukturierungen gegeben und die Situation hat sich auch verbessert. Solche Themen werden sicher auf BKI-Tagungen auch angesprochen. Aber mein Ansatz ist hier ein anderer: Ausgenommen von Lehrgängen, die nur an der Landesfeuerwehrschule stattfinden können, könnten wir viele Dinge auch selbst im Rahmen der Kreisausbildung anbieten. Die Grundausbildung hier läuft hervorragend, mein Wunsch ist es, auch Führungskräften ein Angebot auf Kreisebene zu machen. Ich will vor allem auch fürs Ehrenamt da sein, weil ich aus dem Ehrenamt komme.

Wie wichtig ist für Sie eine übergreifende Kooperation mit dem Kreis Neuwied und dem Westerwaldkreis, wie sie ja auch auf vielen Ebenen schon stattfindet?

Die ist unerlässlich, weil die angrenzenden Kreise auch uns zur Hilfe kommen, wenn wir sie brauchen – genauso wie wir unsere Nachbarn unterstützen. Das Motto „In Krisen Köpfe kennen“ steht hier im Zentrum. Die Zusammenarbeit ist immens wichtig, auch mit Blick auf eine gemeinsame Beschaffung, gemeinsame Katastrophenschutzzentren. Nicht jeder Kreis muss meiner Meinung nach alles vorhalten. In Zeiten knapper Kassen in den Kommunen ist es wichtig, dass man möglichst viel voneinander profitieren kann.

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