Hofkäserei, Direktvermarktung und Gästebetrieb sind die Standbeine von Reifenhäusers in Burglahr - Hanna Westhues hat das Gespür für Milch
Neue RZ-Serie Landwirtschaft im Wandel: Heute: Der Heinrichshof in Burglahr
Hanna Westhues' Leidenschaft ist die Hofkäserei, die sie als ihr drittes Kind bezeichnet.
Camilla Härtewig

Burglahr. Immer größer und immer spezialisierter – diesem Trend in der Landwirtschaft stellt sich der Heinrichshof in Burglahr entgegen. Der Betrieb setzt stattdessen auf Vielfalt und dies auf allen Ebenen. Hofkäserei, Direktvertrieb und Urlaub auf dem Bauernhof sind die drei Standbeine, die für Dieter, Iris und Max Reifenhäuser sowie Hanna Westhues das Rezept für Erfolg und Unabhängigkeit sind.

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Mit der Milch von 32 Milchkühen wird hier seit Mai 2019 nach langer Planung und Bauzeit in der Hofkäserei feinster Käse produziert. Und zwar nicht nur eine Sorte, sondern die ganze Bandbreite vom Frischkäse über den Camembert, Brie, Grillkäse sowie Käse nach Goudaart mit Bockshornklee, Chili oder Bärlauch. Besonders würzig und geschmackvoll ist der Käse nach Bergkäseart. Verantwortlich für die Hofkäserei ist Hanna Westhues, Fachagrarwirtin für handwerkliche Milchverarbeitung. Sie ist die Frau des jetzigen Betreibers Max Reifenhäuser und Mutter von Johann und Ole. Die Hofkäserei bezeichnet sie als ihr drittes Kind.

„Vielfalt ist das, was mich reizt“, sagt die im Erstberuf gelernte Sozialarbeiterin. Ihr bereiten die verschiedenen Herstellungsarten große Freude. Sie setzt auf Regionalität und Saisonalität. „Man fängt mit dem Käse den Tag ein“, so drückt sie den Einfluss, den Wetter, Futter und Temperatur auf den Geschmack und die Qualität der Milch und damit auch auf den Käse haben, fast poetisch aus. Ihr Wissen, ihr Können und ihre Erfahrung im Käsemachen möchte sie immer weiter vertiefen.

Hilfe bekommt sie von der Angestellten Annika Haas. Jeden Tag müssen sie die goldgelben Laiber wenden und pflegen. „50 Prozent der Arbeitszeit geht aber mit Abwasch und Saubermachen drauf“, schmunzelt Hanna Westhues. Die Milchkühe stehen mehr als die Hälfte des Jahres auf der Weide, werden dort mit dem mobilen Melkstand zweimal täglich von Max Reifenhäuser gemolken und verbringen den Winter im großzügigen Tiefstreustall. Im Schnitt geben die Tiere 20 bis 30 Liter Milch pro Tag.

Auf Hanna Westhues' Betreiben wurden nur Kühe mit guter Weidegenetik und Hörnern angeschafft. „Hörner gehören einfach zu einer Kuh. Das ist ein emotionales Ding“, gibt die junge Milchbäuerin zu. Die Rasse war zweitrangig. So käuen Braunvieh, Vorderwälder, Fleckvieh, schwarzbunte Niederungsinder und Rotbunte im Schatten auf der Weide am Waldrand wider. Vielfalt eben. Alle paar Tage begeben sich die Kühe auf Wanderschaft zur nächste Weide.

Max Reifenhäuser liebt die Arbeit mit den Kühen, vor allem das Melken, ist aber auch für die Heu-, Silo- und Getreideernte zuständig. Um beste Futterqualität für die Käseherstellung zu produzieren, hat er 2021 eine Heutrocknung gebaut. Hanna Westhues sagt: „Diese Arbeit ergibt so viel Sinn. Da machen einem die vielen Stunden auch nicht so viel aus. Wir sind ein Bioland-Betrieb. Anders wäre für mich Landwirtschaft auch nicht denkbar. Wir müssen mit der Natur und den Ressourcen nachhaltig umgehen und auf Giftstoffe verzichten.“ So ist der Heinrichshof auch ein Demonstrationsbetrieb für ökologischen Landbau.

Schwiegervater Dieter Reifenhäuser ist der Mann für alle Fälle. Hanna Westhues nennt ihn den Hofmeister. Wenn es etwas zu reparieren oder instand zu halten gilt, ist er zur Stelle. „Er unterstützt meinen Mann auch in der Landwirtschaft und zudem noch Ortsbürgermeister.“ Manchmal kommt noch Unterstützung durch saisonale Mini-Jobber hinzu.

Iris Reifenhäuser kümmert sich mit Haushälterin Michaela Klein um die Urlauber. Der Gästebetrieb umfasst acht Appartments, der Familien aus nah und fern anlockt. Am Morgen beim Melken auf der Weide dabei sein, zum Frühstück frische Eier, Milch und Käse aus der eigenen Hofkäserei essen und nachmittags ein Ausritt auf den Island-Ponys durch die Westerwälder Landschaft oder ein Picknick im Wald: den Urlaubsgästen wird auf dem Heinrichshof eine Menge geboten.

Neben den Pferden sorgen auch die Schweine, die Katzen und die Hühner für Unterhaltung. Jedes Ferienkind hat einmal täglich Stalldienst. Urlaub machen kann man auf den Heinrichshof fünf Wochen in den Sommerferien, zwei Wochen an Ostern, in den Herbstferien und fast jedes Wochenende von Freitag bis Sonntag von Ostern bis Herbst. In einer Gemeinschaftsküche können sich die Feriengäste selbst verköstigen. Manchmal wird aber auch gemeinsam gegrillt.

Insgesamt leben 100 Tiere auf dem Heinrichshof auf 150 Hektar Wiesen und Weiden, darunter auch Heckrinder für Naturschutzprojekt, Ammenkühe mit den Kälbern und die Mastherde. „Wir versuchen, die Nachzucht zu behalten. Das ist eine Frage der Verantwortung.“ Frühestens mit zwei Jahren werden die Rinder geschlachtet und das Biofleisch vermarktet.

Max Reifenhäuser und Hanna Westhues überlegen derzeit, ob sie ihre Milchkuhherde perspektivisch verkleinern. „Derzeit verkaufen wir 50 Prozent der Milch. Doch der Milchpreis ist so schlecht, dass sich dies kaum noch lohnt. Wir denken darüber nach, uns zu verkleinern und dafür aber alle Milch selbst zu Käse zu verarbeiten.“ Sie verarbeitet 80.000 Liter Milch pro Jahr zu Käse. Nur mit dieser Veredlung lohnt sich der Milchbetrieb für den Heinrichshof. „Wir sind unabhängig von Konzernen, und ich bekomme den Preis, den ich brauche. Das ist ein Privileg.“

Verkauft wird der Käse in umliegenden Supermärkten, Bioläden und Automaten, aber auch im eigenen Hofladen. Diese Direktvermarktung ist Hanna Westhues' Leidenschaft. Sie liebt den Kontakt zu den Kunden. „Ich möchte gute Produkte aus der Region den Menschen verfügbar machen. Am Samstag haben wir lange Schlangen vor dem Laden“, lacht sie. Bei den Kunden kommen die Produkte gut an, diese nehmen teils lange Anfahrtswege in Kauf.

Der Hofladen hat dienstags von 16 bis 18 Uh und samstags von 9 bis 12 Uhr geöffnet und wird gut angenommen. Mehr Informationen gibt es im Internet unter www-heinrichshof-westerwald.de

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