Eines der Projekte, die er sich mit dem Verein „Wir in Kirchen“ und dem örtlichen BUND ausgedacht und zur Verwirklichung vorgeschlagen hat, war der „3000-Schritte-Siegauenweg“. Auf einer 90-minütigen Wanderung sollte sich die Stadt Kirchen aus einer bisher ungewohnten Perspektive zeigen. Die Route führte unterhalb des Krankenhauses entlang, durch den „Lunapark“ und am Alexanderstollen vorbei bis hin zur Freusburger Mühle.
Hiervon wurde, auch wenn es von den politischen Gremien durchaus begrüßt wurde, noch nicht viel umgesetzt. Wolfgang Stock vom örtlichen BUND war mit Becker befreundet und hat oft Seite an Seite mit ihm um die Verwirklichung solcher Ziele gerungen: „Er hat sich immer konsequent für die Natur eingebracht, und allein schon zu seinem Andenken sollte man den Siegauenweg endlich wahr machen.“
Sven Wolff, der Tourismusmanager der VG Kirchen, erklärt auf Nachfrage, dass der „3000-Schritte-Weg“, dieser Spazierweg zwischen den Stadtteilen Riegel und Schwelbel, bereits ins touristische Konzept von Stadt und VG aufgenommen und sogar weiterentwickelt wurde. „Noch in diesem Jahr wird der neue Burgenrundwanderweg mit der Freusburg im Zentrum auch über diesen Bereich geführt“, so Wolff.
„Das Streckenkonzept dreht sich um den Alexander, also um den 3000-Schritte-Weg, und soll hier die Sieg erlebbar machen. Das wäre sicher im Sinne von Wilfried Becker gewesen.“ Und Wolff fügt hinzu, dass in Kirchen auch die Büchertelefonzelle gegenüber des Eingangs der Villa Kraemer noch lange an den Verstorbenen erinnern wird: „Er vor allem war es, der das wahr gemacht hat.“
Becker war ein eigenwilliger Mensch, der es nicht jedem recht machen wollte, der aber ein Ziel, wenn er es sich einmal vorgenommen hatte, nicht mehr aus dem Auge verlor – da sind sich alle seine Bekannten einig. An die Sieg kam er vor Jahren aus Erding in Bayern, wo er zur allerersten Generation der Grünen gehörte. Gründungsmitglied Petra Kelly kannte er persönlich. In Erding bei München war er, den es in den 1970er-Jahren von Düsseldorf aus dorthin verschlagen hatte, der erste Grüne im Stadtrat.
Im Urlaub auf Malta lernte er seine spätere Frau Monika (heute 61) kennen: Eine Kirchenerin. Sie zog zunächst zu ihm nach Bayern – und nach zehn Jahren ging er dafür 2008 mit ihr an die Sieg, nachdem er sich in Bayern aus allen politischen Ämtern zurückgezogen hatte.
Auch in Kirchen setzte er sich bald für die Grünen ein, saß für sie im Demografieausschuss und gründete die BI Molzberg. Kurt Möller, Grünen-Sprecher im Stadtrat, sagt über Becker: „Er war ein sehr engagierter Grüner seit Urzeiten. Was er in Erding begonnen hat, das hat er hier in Kirchen fortgesetzt, und er hat uns in der Fraktion ebenso kritisch wie mit guten Ideen begleitet. Er gehörte nicht zu den weich Gespülten, sondern verstand es, seine Meinung gegen starke Widersprüche zu vertreten. Er war ein Streiter für Ökologie, Bürgerrechte und Pazifismus.“
Dabei konnte er recht ungemütlich werden: Unvergessen eine SWR-Fernsehdiskussion im Jahr 2009, als es ihm darum ging, ein Gewerbegebiet auf dem Molzberg zu verhindern. Ebenso leidenschaftlich wie argumentativ setzte er sich für den Erhalt der Natur ein.
„Er wollte in Kirchen etwas bewegen“, sagt Michaela Stötzel vom Verein „Wir in Kirchen“ im RZ-Gespräch, „und er war überall dabei. Neben dem Siegauenprojekt stand er auch bei Kinderfesten Pate, organisierte Flohmärkte, den kleinen Kräutermarkt am Ottoturm, einen Büchermarkt oder auch die ,Nacht der Bücher'. Was ich an ihm immer bewundert habe, war seine Geradlinigkeit. Er war kein Ja-Sager und keiner, der immer nickte, sondern der für etwas konsequent eintrat. Er war kein bequemer Mensch, sondern ein Fels in der Brandung, ein Unikum, ein Kämpfer. Sein Engagement wird uns fehlen.“