„Aktuell gibt es weniger Wohnraum am Markt, es wird weniger verkauft, dafür gibt es auf der anderen Seite eindeutig mehr Interessenten“, beschreibt Majed Mostafa, Bezirksleiter LBS-Immobilien in Altenkirchen, die Situation im AK-Land im Bezug auf den Wohnungsmarkt. Sonst habe er 10 bis 20 Immobilien im Vorlauf, jetzt seien es gerade mal fünf bis zehn. Der Verkauf an sich gehe dafür erheblich schneller, die Leute würden aufgrund des knappen Angebots kaum handeln. „Derzeit spielt man besser nicht auf Risiko“, hat Mostafa festgestellt. Auch sieht der Immobilienfachmann eine Trendwende, was die Flucht in die Städte angeht. Die Menschen streben eher wieder in ländliche Regionen. Dabei könnte Corona eine Rolle spielen, aber auch die Preise, die auf dem Land immer noch moderater seien als in den Städten oder den sogenannten „Speckgürteln“ drum herum. Auch kleine Grundstücke würden in jüngster Zeit öfter angefragt, wobei es den Interessenten nicht um Wohnbebauung gehe, sondern eher um kleine Ferienhäuser für die Freizeit. Angebot und Nachfrage beeinflussten natürlich auch den Markt, sodass derzeit zu guten Preisen verkauft werde. Gesucht werde derzeit alles, vom Einfamilienhaus für junge Familien über ebenerdige Bungalows für Senioren bis hin zu Mehrfamilienhäusern für Kapitalanleger, die lieber in Immobilien investieren, statt auf der Bank am Ende für ihr Geld noch Strafzinsen zahlen zu müssen. Generell, so Majed Mostafa, sei der Wohnraum knapp. „Und was da ist, ist teilweise zu hochpreisig, weshalb vor allem bezahlbare Wohnungen für den Mittelstand knapp sind“, zieht er Bilanz.
Auch Mike Bender von Bender und Bender Immobilien kann eine erhöhte Nachfrage nach Immobilien bestätigen. „Ob das aber nun vom verknappten Angebot oder der Corora-Krise hervorgerufen wird, kann man nicht genau wissen“, so Bender. Denn durch die Verknappung des Angebots entstünden Begehrlichkeiten. Es kämen aber noch mehr Faktoren hinzu, die erhöhtes Interesse an einer Immobilie begünstigten. So die niedrige Zinsen und der Ausbau der digitalen Infrastruktur. „Dadurch haben mehr Menschen die Möglichkeit, Homeoffice zu machen, weshalb sie aus den Ballungsräumen fortgehen aufs Land.“ Trotzdem ist das Angebot zurückgegangen. Bender, der 18 Standorte hat, sagt, er habe sonst bis zu 500 Immobilien im Angebot, im Moment seien es um die 100 und auch Grundstücksangebote seien rückläufig. Seien es sonst um die 100 Grundstücke, sind es derzeit etwa 20. Was die Preissteigerung angeht, relativiert Bender etwas. „Vor der Einführung des Euro sind die Immobilienpreise stetig gestiegen. Dann kam der Euro und die Preise sind gesunken. Seit 2007 steigen sie wieder an.“ Bei den Mieten etwa habe sich zwischen 1995 und 2015 nicht viel getan. Jedoch stiegen die Preise derzeit sehr schnell. Zwischen 10 und 20 Prozent mehr, teilweise sogar darüber hinaus, ist seine Beobachtung. Und auch beim Thema Miete müssen die Leute wieder tiefer in die Tasche greifen – zumindest bei Neubauten, die barrierefrei und modern seien und meist in guter Lage. Ob diese Entwicklung so bleibe, wisse er nicht. „Wenn jetzt viele Kommunen wieder Baugebiete ausweisen, kann es auch schnell wieder ein Überangebot geben.“
Frank Hölzemann von Pro Immovo, der Regiomakler aus Betzdorf, bestätigt die Beobachtungen der beiden anderen Experten. „Die Nachfrage im ländlichen Raum steigt kontinuierlich an, vorwiegend aber durch immer noch preiswerten Wohnraum gegenüber Städten“, so seine Meinung. Vorwiegend seien es junge Familien, die regional ungebunden und beruflich flexibel seien, oder sogenannte „Aussteiger“ und Patchworkgemeinschaften nach Beziehungsneuorientierung sowie rüstige „Renteneinsteiger“, die sich vermehrt von den Städten weg hin zum Land orientieren würden. Doch: „Der Markt schrumpft bezüglich des Angebotes, viele Immobilien können zügiger als früher verkauft werden jedoch mit dem Risiko, keine marktgerechten Preise zu erzielen, da von den Eigentümern ohne vorherige Marktanalyse zu schnell verkauft wird.“ Was Kapitalanlageimmobilien angehe, seien mittlerweile auch Mittelzentren und Randgebiete gefragt, da Renditen ab fünf Prozent absolut marktfähig seien. Die Preisentwicklung sei weiterhin gut. „Noch gibt es keine Immobilienblase im ländlichen Raum“, sagt Hölzemann. Bei den Mieten hingegen sei die Preisentwicklung überproportional, die neue Rechtssprechung erleichtere Vermietern sogar Mietanpassungen.
Von unserer Redakteurin Sonja Roos